Sowjetische E-Gitarren – was wurde hinter dem Eisernen Vorhang gespielt? (FOTO)

Russia Beyond (Photo: TASS; Alexei Boizow/Sputnik)
In der UdSSR konnte man während des Kalten Krieges keine westlichen Instrumente kaufen, also erfand man seine eigenen Versionen. Mit einem wichtigen Unterschied: Diese Gitarren waren unzerbrechlich.

In den 60er Jahren konnte man in der UdSSR zwar eine gute Akustikgitarre finden, aber die Situation bei den E-Gitarren sah sehr schlecht aus, denn damals gab es noch keine solche Instrumente aus sowjetischer Produktion.

Der Traum aller Musiker war eine legendäre amerikanische „Fender Stratocaster“. Aber nur wenige konnten sie kaufen und ins Land bringen, meist nur, wenn sie als Diplomat oder Matrose im Ausland arbeiteten. Es war auch möglich, eine Gitarre aus den befreundeten sozialistischen Ländern – zum Beispiel der Deutschen Demokratischen Republik oder der Tschechoslowakei – mitzubringen, aber auch das war sehr teuer. 

Trotz des Kalten Krieges und einer ideologischen Abneigung gegen alles, was aus dem Westen stammte (insbesondere „westliche“ Musik wie Jazz und Rock) gab es in der Sowjetunion spätestens während der Perestroika viele offiziell anerkannte Musikgruppen.  Und sie alle brauchten Gitarren. 

E-Gitarre Aelita, Produktion von Moskau

Da keine der sowjetischen Fabriken Erfahrung im Gitarrenbau hatte, beschloss man, die ersten Gitarren in Möbelfabriken herzustellen – aus dem gleichen Material, aus dem zum Beispiel Schränke, Nachttische und Betten gefertigt wurden. 

Die erste sowjetische E-Gitarre wurde 1964 in St. Petersburg unter dem Markennamen „Tonika“ hergestellt. Sie kostete 180 Rubel, was in etwa dem Monatsgehalt eines hochqualifizierten Ingenieurs entsprach.

Ural 650А.

Die meistproduzierte E-Gitarre war die „Ural“, die in der Möbelfabrik in Swerdlowsk (heute Jekaterinburg) hergestellt wurde. Damals gab es eine Organisation namens NIKTIMP, das Wissenschaftliche Forschungsinstitut der Musikindustrie, das Musikinstrumente für das Kulturministerium entwickelte. Swerdlowsk beschloss jedoch, seine eigene Version der Gitarre herzustellen. 

So besorgten sich die Swerdlowsker Konstrukteure ein paar Yamaha-Gitarren und... bauten  sie nach. Die sowjetische „Ural“-Gitarre ist eine Kopie der „Yamaha CR-5“ mit leicht veränderten Proportionen und Korpus. 

Die Gitarrenproduktion war staatlich kontrolliert. In den Siebziger- und Achtzigerjahren erfolgte die Produktion in drei Fabriken im Lande: in Swerdlowsk, Rostow am Don und Ordschonikidse (heute Wladikawkas). Das Portfolio umfasste etwa vierzig verschiedene Modelle.

Der Hauptunterschied zu den Originalen aus dem Westen bestand nicht etwa in ihrem einzigartigen Klang, sondern ihrer eigenwilligen Konstruktion – sowjetische Gitarren waren dick wie ein Klotz, denn man hatte nicht gelernt, einen Spannstab einzubauen und der Hals fiel unglaublich dick aus, um zu verhindern, dass sich die Saiten „abhoben“. Oft war er schwerer als der Korpus und die Gitarre musste beim Spielen gestützt werden. 

Klassische sowjetische E-Gitarre AELITA.

Eine weitere Besonderheit war die dicke Lackschicht, die sowjetische E-Gitarren unzerstörbar machte.

AKKORD-Rhythmus

Die Musiker scherzten untereinander, dass das sowjetische Instrument nur dazu geeignet sei, es wie Kurt Cobain auf der Bühne spektakulär zu zertrümmern. Und im Falle der sowjetischen Gitarren war es wahrscheinlich nicht die Gitarre, die darunter gelitten hätte, sondern die Bühne.

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