Wie russisch-orthodoxe Kirchen und Ikonen in den Stationen der Moskauer Metro erschienen

Metrostation Trubnaja

Metrostation Trubnaja

Alexei Filippov/Sputnik
Die Metro in der Hauptstadt war das Schaufenster der sowjetischen Ästhetik und des Stalinimperiums. Aber selbst dort waren zwischen den Bildern von Arbeitern und Bauern Darstellungen von Christus, der Jungfrau Maria und verschiedenen Heiligen zu sehen. Wie sind sie dorthin gekommen und warum?

1. Heiliges Antlitz Jesu in der Station Komsomolskaja

Die Mosaikplatten an der Decke der Metrostation Komsomolskaja (Ringlinie) wurden 1951-1952 vom berühmten Künstler und Restauratoren Pawel Korin geschaffen. Auf acht Tafeln zur patriotischen Thematik wurden russische Helden und die Taten des russischen Volkes aus verschiedenen Epochen dargestellt.

Das aus vergoldeten Smalten (Mosaikglas) bestehende Bild ähnelt den byzantinischen Kirche-Mosaiken. Auf einem der Deckenbilder ist Alexander Newskij unter einer Fahne mit dem Antlitz Christi abgebildet. Im Hintergrund ist die Sophienkathedrale von Nowgorod zu sehen.

Die Skizze (links) und das Mosaik selbst

Ein weiteres Mosaik ist Dmitrij Donskoj gewidmet. Der russische Fürst ist auf einem Pferd vor der Schlacht von Kulikowo mit einem Kirchenbanner mit dem Antlitz Christi abgebildet.

Die Skizze (links) und das Mosaik selbst

Die Befreier Moskaus im Jahr 1612 – Kusma Minin und Dmitrij Poscharskij – sind ebenfalls mit dem Antlitz Christi vor dem Hintergrund der Basilius-Kathedrale und den Mauern des Moskauer Kremls dargestellt.

Die Skizze (links) und das Mosaik selbst

Alle diese Mosaike waren Illustrationen zu der Rede von Josef Stalin bei der Parade am 7. November 1941: „Möge Euch in diesem Krieg vom heldenmütigen Vorbild unserer großen Vorfahren – Alexander Newskij, Dmitrij Donskoj, Kusma Minin, Dmitrij Poscharskij, Alexander Suworow und Michail Kutusow beseelen! Möge das siegreiche Banner des großen Lenin euch erleuchten“

Ein weiteres Mosaik zeigt die Soldaten der Roten Armee, die das Rote Banner mit dem Konterfei Wladimir Lenins tragen.

Die Skizze (links) und das Mosaik selbst

Diese Mosaike spiegeln auch einen Wandel in der Haltung Stalins gegenüber der Religion während des Zweiten Weltkriegs wider. Im Jahr 1943 rehabilitierte er im Wesentlichen die Russisch-Orthodoxe Kirche, traf sich mit ihren wichtigsten Bischöfen und erlaubte dem Klerus, Gottesdienste abzuhalten und Soldaten vor Schlachten zu segnen.

Es war ein pragmatischer Ansatz: Ihm war bewusst, dass es wichtig war, die orthodoxe Kirche nicht zu sehr in die Enge zu drängen, um den Krieg gewinnen zu können. Viele Sowjetbürger blieben heimlich religiös (was nicht direkt verboten war), so dass die „Legalisierung“ der Orthodoxie dazu beitrug, die Nation im Krieg zu vereinen.

2. Die Basilius-Kathedrale und die Kathedralen des Moskauer Kremls in der Station Nagatinskaja

Auf dem Mosaik ist die Erzengel-Kathedrale des Moskauer Kremls abgebildet.

Die Wände dieser im Jahr 1983 eröffneten Station sind mit Mosaiken verziert, die das Thema der alten russischen Architektur aufgreifen. Nach der Idee von Leonid Pawlow, dem Architekten der Station, sollten die Fahrgäste die Kunstwerke bewundern, während sie auf den nächsten Zug warteten.

Das Mosaik mit der Basilius-Kathedrale

Die Mosaiken zeigen den Bau der Basilius-Kathedrale und der Moskauer Kreml-Kathedralen.

3. Die Moskauer Kreml-Kathedralen in der Station Borowizkaja

Diese 1986 eröffnete Metrostation wurde zu Ehren des gleichnamigen Moskauer Kremlturms benannt, der sich in der Nähe befindet.

An der Wand der zentralen Halle befindet sich die Keramiktafel Baum der Völker der Sowjetunion, auf der der Moskauer Kreml mit seinen Kathedralen abgebildet ist, aus dem der Baum der Freundschaft in Form einer Karte der UdSSR wächst.

4. Madonna in der Station Rimskaja

Diese Station wurde 1995 eröffnet. Der berühmte Bildhauer Leonid Berlin griff das Thema der ewigen Stadt Rom auf und schuf für die Station eine Skulpturkomposition mit den kleinen Jungen Romulus und Remus, den legendären Gründern Roms.

Auf der anderen Seite der Station, über der Rolltreppe und dem Durchgang zur Station Ploschtschad Iljitscha (dessen Name sich auf Wladimir Lenin bezieht), befindet sich eine Skulptur der Gottesmutter mit Kind – ebenfalls ein Werk von Berlin.

5. Moskauer Kirchen in der Station WDNCh

Anlässlich der 850-Jahr-Feier Moskaus im Jahr 1997 wurde in der Station WDNCh eine große Majolika-Tafel im Stil der berühmten blau-weißen Gschel-Keramik angebracht, auf der der Jahrmarkt in Samoskworetschje abgebildet ist.

6. Kirchen der alten russischen Städte in der Station Trubnaja

Die 2007 eröffnete Station ist mit beleuchteten Glasmalereien des Bildhauers Surab Zereteli verziert, die alte Städte und Dörfer in Russland darstellen. Im Mittelpunkt stehen die bekanntesten Kathedralen Russlands.

Kischi
Basilius-Kathedrale in Moskau
Die älteste steinerne Zeltdachkirche im Moskauer Kolomenskoje-Park

7. Moskauer Kirchen in der Station Sretenskij Bulwar

Diese Station wurde ebenfalls 2007 eröffnet. An den hellen, mit Marmor gefliesten Wänden wurden Stahlplatten mit Darstellungen angebracht.

In diesen vielseitigen Tafelbildern kann man die Ansichten des Boulevardrings erkennen. Auf einer von ihnen ist das Denkmal von Nikolai Gogol abgebildet, durch das man die Umrisse der Kirche des Heiligen Johannes des Theologen in der Bronnaja-Straße erkennen kann.

Auf der anderen Tafel ist der Glockenturm des Wysokopetrowskij-Klosters abgebildet.

8. Christus in der Station Dostojewskaja

Diese Station wurde 2010 eröffnet und ist dem großen russischen Schriftsteller Fjodor Dostojewskij gewidmet. Die Wände sind mit Illustrationen aus den wichtigsten Romanen des Schriftstellers geschmückt. Die Mosaike sorgten sogar für einen Aufruhr – die Öffentlichkeit hielt sie für zu düster.

Mosaik zum Roman „Schuld und Sühne“

Der Autor, der Künstler Iwan Nikolajew, bestand jedoch darauf, dass man Dostojewskij nach „der Tiefe und der Tragik seines Schaffens“ betrachten müsse.

Im Mittelpunkt des Mosaiks zu seinem Roman Schuld und Sühneist beispielsweise die Figur des Erlösers, ein auferstehender Lazarus abgebildet. Rechts sehen wir, wie Sonja Marmeladowa Rodion Raskolnikow im Gefängnis das Evangelium vorliest. Der Erzählung zufolge eröffnet der Glaube dem verzweifelten Helden ein neues Leben.

Mosaik zum Roman „Die Brüder Karamasow“

Jesus erscheint auch in der Illustration zu Die Brüder Karamasow. Ein kleines Bild in der linken Ecke des Mosaiks verweist auf die Geschichte Der Großinquisitor aus diesem Roman.

Dabei handelt es sich um eine Legende, die erzählt, wie im Mittelalter, zur Zeit der Inquisition und der Verbrennung von Ketzern auf Scheiterhaufen, Jesus zu einem Inquisitor kam und die beiden ein Gespräch über Freiheit, Glauben und den Menschen führten.

9. Moskauer Kirchen in der Station Marjina Roschtscha

Die 2010 eröffnete Station ist mit zehn Mosaiktafeln geschmückt, die Ansichten historischer Orte in Moskau zeigen – das Ostankino-Viertel, Marjina Roschtscha selbst und andere. Sie wurden aus Smalte geschaffen.

Im Hintergrund der Landschaften können die Metro-Fahrgäste die Kirche des Märtyrers Tryphon zu Naprudnoje (15. Jahrhundert), die Kirche der Lebensspendenden Dreifaltigkeit zu Ostankino (17. Jahrhundert) und die Kirche der Ikone der GottesmutterUnerwartete Freude zu Marjina Roschtscha (Ende des 19. – Anfang des 20. Jahrhunderts) sehen.

10. Nördliche Klöster in der Station Belomorskaja

Solowezkij-Kloster

Die 2018 eröffnete Station ist mit Mosaiken mit Darstellungen des Solowezkij-Klosters, das am Weißen Meer liegt (russ.: Beloje More), sowie anderer heiliger Stätten Nordkareliens geschmückt: das Walaam-Kloster am Ladogasee und der Kischi Pogost am Onegasee.

Walaam-Kloster

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