Zweiköpfige Babys in der Kunstkammer von Peter dem Großen

Schon bald nach der Gründung von Sankt Petersburg setzte Peter der Große sich für eine Entwicklung der Stadt ein. Im Jahr 1714 wurde das erste Museum eröffnet, bekannt als Kunstkammer oder Kabinett der Raritäten. Es war das erste naturwissenschaftliche Museum in Russland.
Das Museum kennt man vor allem als Sammlung von „Abnormitäten” – anatomischen Kuriositäten und Anomalien, die Peter der Große oft selbst von seinen Reisen durch Europa mitbrachte.
Peter baute die Sammlung über eine Reihe von Jahren auf. Fünf Jahre nach Gründung des Museums bekam die Öffentlichkeit endlich die seltensten Exponate zu sehen. Man entschied sich, den Besuchern einen freien Eintritt in die Ausstellung zu gewähren. Peter war der Meinung, dass wissensdurstige Menschen „gebildet und belohnt, nicht aber zur Kasse gebeten“ werden sollten.
Neben den anatomischen Anomalitäten und Seltenheiten umfassen die Bestände des Museums auch alte Gegenstände, die Einblicke in die Geschichte vieler verschiedener ethnischer Gruppen und Völker ermöglichen. Das Museum nennt sich daher offiziell „Peter der Große Museum für Anthropologie und Ethnographie der Russischen Akademie der Wissenschaften”.
Heute zählen die Museumsbestände über 1,2 Millionen Objekte. Seine ethnografischen, anthropologischen und archäologischen Sammlungen gehören zu den wertvollsten und größten Sammlungen ihrer Art weltweit.
Einige der faszinierensten unter den Millionen Ausstellungsstücken findet man in der Sammlung des niederländischen Anatomisten Frederik Ruysch, der 50 Jahre lang „nasse“ (in Ethanol aufbewahrte) Typen von Kindern, darunter viele präparierte Köpfe und menschliche Körperteile, sammelte.
Zu Ruyschs in Alkohol konservierten Babys kam die Sammlung eines anderen Niederländers hinzu, Objekte von Albert Seba. Als er von der Kunstkammer hörte, kam dem Sammler die Idee, dem russischen Zaren sein Sortiment von Vierfüßlern, Vögeln, Fischen, Schlangen, Eidechsen und Muscheln zu verkaufen.
Interessanterweise beherbergte die Kunstkammer in den ersten Jahren ihres Bestehens auch lebende „Exponate“: Menschen mit Deformationen oder ungewöhnlicher Größe oder Erscheinung. Nach ihrem Tod wurden ihre Skelette nicht beigesetzt, sondern in Glasvitrinen ausgestellt.
Das Gebäude besteht aus zwei dreigeschossigen Pavillons und einem mehrstufigen Turm. Die Sammlungen des Museums wurden im Ostflügel des Gebäudes untergebracht, während der Mitteltrakt ein anatomisches Theater und der Turm ein Observatorium beherbergte. Viele Institutionen der Akademie der Wissenschaften, in der Michail Lomonossow arbeitete, fanden im Westflügel Platz.

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