Berlin und Paris im Süd-Ural: Wie kamen die „europäischen Dörfer“ nach Russland?

Mitten im Ural liegen ein kleines Warschau, Berlin, Paris und sogar Leipzig. Wie erhielten diese russischen Dörfer nur ihre europäischen Namen?

In der Region des Süd-Urals, gelegen über 1000 Kilometer östlich von Moskau zwischen den Großstädten Tscheljabinsk und Orenburg, siedelten im 19. Jahrhundert in mehr als 30 Dörfern russische Kosaken. Zuerst gaben sie den Orten Nummern. 1843 aber forderte die Regierung von ihnen, ihren Dörfern richtige Namen zu geben – am besten zu Ehren militärischer Erfolge, an denen die Kosaken beteiligt waren. Und so erhielten die Ural-Dörfer ihre Bezeichnungen.

Berlin

Dieses Dorf benannten die Kosaken nach der Einnahme Berlins im Zuge des Siebenjährigen Krieges im 18. Jahrhundert sowie des Napoleon-Krieges im 19. Jahrhundert. Heute leben hier gerade einmal 100 Menschen. Im Unterschied zu den „echten“ Berlinern sind die Ural-Berliner vor allem in der Land- und Forstwirtschaft tätig.

Paris

Paris war 1842 gegründet und nach der Präsenz der russischen Truppen in der französischen Hauptstadt nach dem Sieg über Napoleon im Jahr 1814 benannt worden. 2005 dann baute eine ansässige Telekommunikationsfirma hier sogar eine 50 Meter hohe Kopie des Eiffelturms, der als Mobilfunksendeturm genutzt wird. In dem russischen Paris leben heute 1700 Menschen.

Leipzig

Das Ural-Dorf Leipzig ist nach der größten Schlacht der Weltgeschichte benannt worden: der Völkerschlacht im Jahr 1813, an der mehr als 400.000 Soldaten teilnahmen. Im sächsischen Leipzig gibt es sogar einen kleinen Verein, „Leipzig im Ural“, der kulturellen Austausch zwischen den zwei Orten organisiert. Das Leipzig im Ural ist derweil vor allem für seine hübsche Holzkirche aus dem 19. Jahrhundert bekannt.

Fère-Champenoise

Wenn Sie dann einmal im Ural-Paris sind, lohnt sich auch ein kleiner Ausflug in ein zweites Dorf, das nach einer französischen Gemeinde benannt ist: Fère-Champenoise wurde nach der Schlacht im Jahr 1814 benannt. Heute leben dort 4000 Menschen.

Warschawka (“Klein-Warschau”)

1831 schlugen die Truppen des zaristischen Russlands im Sturm den polnischen Aufstand in Warschau nieder. Nach diesem Ereignis ist bis heute das kleine Ural-Dorf Warschawka (die Endung steht für Verniedlichung, Verkleinerung – also „Klein-Warschau“) benannt. Im 19. Jahrhundert war der Ort Pilgerstätte für Goldsucher. Es gab über 50 Goldgruben in der Gegend. Schnell aber waren die Goldvorräte aufgebraucht und die einheimische Bevölkerung musste sich auf Landwirtschaft und Schienenproduktion umstellen. 1000 Menschen leben heute hier.

Varna

Das bulgarische Varna ist bekannt als Schwarzmeerkurort und Touristenhochburg. Bis 1812 aber befand sich hier auch eine der stärksten Ottomanen-Festungen. Diese fielen dann im Krieg gegen die Türken 1828 und 1829.

Das russische Varna im Ural ist aber bis heute eines der größten „europäischen Dörfer“ im Ural. Hier leben über 10.000 Menschen. Besonders bekannt ist der Ort unter Archäologen, die hier jedes Jahr zahlreiche Steinwaffen und Bronzegefäße suchen und finden. nur zwei Kilometer von Varna entfernt liegt das Kesene-Mausoleum, auch bekannt als der „Turm von Tamerlan“. Eine Legende besagt, dass hier die Tochter des Mongolen-herrschers beerdigt worden sei.

Bredy

Dieses russische Dorf im Ural erhielt seinen Namen nach dem Sieg der russischen Truppen 1813 über Napoleon bei Breda in den südlichen Niederlanden. Zu Sowjetzeiten befand sich hier der größte Getreideproduzent der Region. Heute leben auch hier immerhin noch rund 10.000 Menschen.

Brient

Brient ist ein altes Kosakendorf im Kreis Orenburg. Der Name stammt von der großen Schlacht bei Birenne 1814. Heute leben hier etwa 800 Leute.

Trebbjatskij

Das kleine Dorf Trebbjatskij wurde nach der Schlacht bei Trebbia im Juni 1799 benannt, wo die Verbündeten Russland und Österreich unter Leitung des berühmten Alexander Suworow auf die Franzosen unter Jacques MacDonald trafen. 200 Menschen leben heute noch in dem Dorf.

Port Arthur

Diese Ural-Siedlung mit gerade einmal 200 Einwohnern erinnert mit ihrem Namen an die Verteidigung des Port Arthur im Russisch-Japanischen Krieg 1904 bsi 1905. Part Arthur war damals eine strategisch wichtige russische Marinebasis, heute gehört der Ort zu China.

Chesma

Das Dorf Chesma hat immerhin 6000 Einwohner, die vorrangig in der Landwirtschaft tätig sind. Benannt wurde es nach dem Sieg der Russischen Armee in der Schlacht 1770 um die heute türkische Chesma-Bucht. Heute liegt dort ein beliebter Urlaubsort unweit von Izmir.

Wenn sie nun mehr über die Orte in Russland erfahren wollen, die deutsche Namen tragenn, dann ist das der richtige Artikel für Sie:

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