Die uneinnehmbare „Sonne“ Russlands: Festung Naryn-Kala in Derbent

Reise
BORIS JEGOROW
Laut einer Legende beherbergt die älteste russische Festung ein Tor zu einer anderen Welt.

Naryn-Kala in der Stadt Derbent ist die älteste Festung Russlands und befindet sich in der nordkaukasischen islamischen Republik Dagestan. Sie wurde im 6. Jahrhundert von den Persern errichtet. Es gibt mehrere Versionen der Herkunfts des Namens Naryn-Kala. Am weitesten verbreitet ist die Übersetzung aus den Turksprachen als "sonnige Festung".

Naryn-Kala war ein Teil des riesigen Befestigungssystems, bekannt auch als Dag-Bary ("Bergwand"), das sich über 40 Kilometer vom Schwarzen Meer bis zu den Bergen erstreckte. Dag-Bary sollte Westasien und die Transkaukasische Region vor den nördlichen Nomaden schützen.

Laut einer Legende arbeiteten etwa 10.000 Krieger, 6000 Handwerksmeister und 300 Architekten an diesem beeindruckenden Komplex.

Die Zitadelle mit den drei Meter dicken und 20 Meter hohen Wänden überstand im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Machtwechsel und Invasionen in der Region. Andere Teile des Systems Dag-Bary, hauptsächlich die lange Mauer, hatten weniger Glück und wurden zerstört.

Vom 17. bis zum 19. Jahrhundert war die kaukasische Region ewiger „Zankapfel“ zwischen dem russischen und dem persischen Reich, was zu vielen langwierigen Kriegen führte. Erst 1813 wurde die Stadt Derbent und damit auch die Naryn-Kala-Festung ein Teil von Russland.

In Naryn-Kala gab es schon früh ein autonomes Wasserversorgungssystem, das der Festung half, jede Belagerung zu überleben. Durch ein unterirdisches Netz von Bergquellen wurde Wasser in großen Steinreservoirs transportiert. Eine alte unterirdische christliche Kirche aus dem 4. Jahrhundert wurde von den Arabern als solch ein Reservoir genutzt.

Auf dem Gelände der Zitadelle befanden sich Paläste, Adelshäuser und ein Hamam-Bad. All das stand für ein hohes Lebensniveau der Einwohner von Naryn-Kala. Das unterirdische, 11 Meter tiefe Gefängnis Sindan wurde in Form einer Kanne erbaut, sodass die Gefangenen nicht hinaufklettern konnten.

An der Nordwand der Zitadelle ist noch heute der Schriftzug "Das Tor des Jüngsten Gerichts" zu sehen. Die Passage wurde im 10. Jahrhundert von der äußeren Seite der Festung errichtet, dabei entstand ein kleiner Raum innerhalb der Wand. 2004 fanden Archäologen heraus, dass das Tor vor mehr als tausend Jahren als Portal in eine andere Welt angesehen wurde.

Unweit der Zitadelle Naryn-Kala steht die älteste Moschee Russlands, die mehr als 13 Jahrhunderte überstand. Mehr dazu lesen Sie hier.