Ich überlegte, wie ich ein verlängertes Wochenende am besten verbringen könnte, und entschied mich für eine Reise nach Ufa, die Hauptstadt der Republik Baschkortostan und mit beinahe 1,1 Millionen Einwohnern eine relativ große Stadt. Die Region ist vorwiegend muslimisch geprägt und bildet das kulturelle- und historische Zentrum der Baschkiren, der viertgrößten ethnischen Gruppe in Russland nach den Russen, Ukrainern und Tataren.
Kurz nachdem ich es mir in meinem Abteil des Schlafwagens bequem gemacht hatte, traf ich eine lebhafte 50-jährige Frau namens Maria. Sobald sie herausfand, dass ich Franzose und unverheiratet war, stellte sie sicher, dass der ganze Wagen ebenso davon erfuhr.
Auf dem Weg blickten wir in die malerischen Ortschaften und die umliegenden Berge. Nach einer Reisezeit von 22 Stunden trennten wir uns. Ich war endlich in Ufa! Nachdem ich Maria zum Abschied durch das Zugfenster zugewinkt hatte, machte ich mich in vollkommener Dunkelheit auf den Weg zu meinem Hostel.
Gegensätze der baschkirischen Identität
Am nächsten Tag fuhr ich los, um eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt zu besichtigen, die Statue des Salawat Juljajew, einem baschkirischen Nationalhelden und Dichter der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Er kämpfte im Bauernkrieg von 1773 bis 1775, der auch als Pugatschow-Aufstand bekannt ist. Sein Name ist überall: auf Nummernschildern und Gebäuden aller Art. Sogar der Hockeyverein der Stadt ist nach ihm benannt.
Auf dem Weg bemerkte ich, dass alles auf der Straße, von Ladenschildern über die Fahrpläne an den Bushaltestellen bis hin zu den Straßennamen, in zwei Sprachen geschrieben stand: Russisch und Baschkirisch. Ich fragte eine ältere Dame im Vorbeigehen, ob viele Menschen baschkirisch sprechen würden. Sie ließ mich wissen, dass es leider in dieser Stadt nur wenige Menschen könnten.
Ich erreichte den Vorsprung eines der Hügel von Ufa. Ein Dutzend kleiner Holzhäuser, die scheinbar willkürlich zwischen Gebüsche und Feldwege gebaut waren, trennte mich vom Fluss Belaja darunter. Gerade als ich vorhatte, in die unbekannte Landschaft einzutauchen, sprach mich eine 80-jährige Frau an.
Tante Ljuda (das Pendant zu Ljudmila), wie sie sich nannte, schien überrascht zu sein, mich auf diesem steilen und schlammigen Weg mit einer Kamera in der Hand anzutreffen. Nachdem wir uns gegenseitig vorgestellt hatten, lud sie mich in ihr Haus ein, um den Blick aus ihrem Garten zu genießen. Von ihrem Haus aus konnte man über einen Bach hinweg bis zum Horizont schauen, der von Hunderten bunt angemalten Häusern geprägt war.
Ich verließ ihr Haus in Richtung des Hügels, auf dem mich die Statue von Salawat Juljajew auf einem feurigen Ross erwartete.
Eine abwechslungsreiche Landschaft
Für einen Moment machte ich an dieser Stelle halt, sah mich um und nahm Notiz von der grellen Diskrepanz zwischen den traditionellen Jurten, den makellosen modernen Gebäuden und den kleinen Holzhäuschen, die sich um sie herum gruppieren, leider umgeben von viel Müll. Russland ist ein Land der Kontraste und Baschkortostan ist dabei keine Ausnahme.
Anschließend kletterte ich auf einen anderen Berg und entdeckte einen gut erhaltenen Waldpark. An dessen Ende bemerkte ich erneut das beeindruckende Denkmal von Salawat Juljajew, das sich über diese Teilrepublik erhebt, die etwa ein Viertel der Fläche Frankreichs misst.
Die Straßen entlangschlendernd, erreichte ich schließlich das Baschkirische Staatliche Akademische Dramatische Theater und die Alexander-Matrossow-Gärten, in denen verschiedene Denkmäler aus der Sowjetzeit stehen. Ich spazierte die ArtTerria-Allee entlang, die von einem Dutzend moderner Skulpturen von Künstlern aus der ganzen Welt umsäumt ist.
Umzingelt von militärischem Gerät und Moscheen
Am nächsten Tag besuchte ich einen Teich im Jakutow Park. Dort gab es jede Menge Jogger und zu meiner Überraschung auch einige Leute, die badeten.
Nachdem ich fast sieben Kilometer weit gewandert war, erreichte ich mein erstes Ziel, einen Souvenirladen, der mir am Vortag empfohlen worden war. Ich konnte nicht widerstehen, zwei Andenken zu kaufen, einen Kobyz, der eine Version der jüdischen Harfe ist, und eine Flagge von Baschkortostan, weil ich die Angewohnheit habe, von jedem Ort, den ich besuche, ein solches Erinnerungsstück mitzubringen.
Zufrieden mit meinen Einkäufen, begab ich mich in Richtung Park des Sieges. Dieser ist voll von militärischem Gerät, Denkmälern in Gedenken an die Opfer und Soldaten, modernen Panzern, Haubitzen und anderen Waffen.
Unweit des Parks des Sieges befindet sich ein ungewöhnliches Bauwerk, die Moschee Lala Tulpan, ein baschkirisches religiöses Zentrum. Der Name der Moschee ist an die Tulpe angelehnt, ein Symbol der türkischen Kultur. Das 53 Meter hohe Minarett der Moschee wurde in Form dieser Blume in voller Blüte gestaltet.
Ein spirituelles und intellektuelles Fest
An meinem letzten Tag in Ufa beschloss ich, die Tukajew-Moschee zu besuchen. Gebaut im Jahre 1830, war sie die erste Moschee in der Stadt und diente bis 1920 als islamisches Zentrum Russlands. Der Ort besteht aus einem riesigen Komplex verschiedener Gebäude, die von reich verzierten Zäunen und Mauern umgeben sind.
Anschließend ging ich zum Stadtzentrum zurück, vorbei am schönen Sieben-Mädchen-Springbrunnen, der an ein baschkirisches Epos erinnert, das die Geschichte von sieben jungen Mädchen erzählt, die von Banditen entführt wurden. Sie beschlossen, der Sklaverei den Tod vorzuziehen und ertränkten sich selbst in einem See. Daraufhin, so wird berichtet, erschienen sieben neue Sterne am nächtlichen Himmel.
In der Nähe befindet sich auch der schmuckvolle Werchnjetorgowskaja-Platz, auf dem relativ neue Gebäude stehen, die dennoch einen gewissen Charme versprühen. Der Platz ist mit seinen verschiedenen Geschäften und Restaurants ein angesagter Treffpunkt in der Stadt.
Nun verblieben nur noch wenige Stunden bis zu meinem Rückflug. Also beschloss ich, das Nationalmuseum der Republik Baschkortostan zu besuchen. Eröffnet im Jahr 1864, gehört es zu den ältesten Museen Russlands.
Schließlich ging ich zurück zu meiner Herberge, packte meine Sachen und sprang in einen Marschrutka-Minibus, der mich zum Flughafen brachte. Eine ältere Frau fragte mich an der Haltestelle nach der Zeit, rief dann „Auf Wiedersehen!” und wünschte mir alles Gute. Aus dem Bus nahm ich einen letzten Blick zurück auf die breiten Straßen der Stadt. Ich sah sogar die Ar-Rahim-Moschee, eine grandiose pharaonische Moschee, die sich gerade im Bau befindet. Wenn sie fertig ist, wird sie eine der imposantesten Moscheen von ganz Russland sein.