Weliki Nowgorod: Fünf Fakten über den ältesten Kreml Russlands

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GEORGI MANAJEW
Kreml, Detinez, Zitadelle: alle diese Namen stehen für eine Festungsanlage. Die älteste von ihnen in Russland steht in Weliki Nowgorod.

Kreml ist eine allgemeine Bezeichnung für Stadtzitadellen in Russland. Es gab zeitweise bis zu 400 davon auf russischem Gebiet. Heute sind noch etwa 20 erhalten. Ein anderes Wort für Kreml ist Detinez. 

Der Nowgoroder Kreml oder Nowgorod Detinez war ursprünglich ein Ort mit vielen Kirchen. Dort tagte auch der Adelsrat der Stadt, und zwar in der Bischofskammer. Die regierenden Fürsten lebten jedoch nicht im Kreml sondern in ihren Residenzen am gegenüberliegenden Ufer des Flusses Wolchow. 

1. Es gab den Kreml bereits vor der Christianisierung der Kiewer Rus 

Im Jahr 2017 stellte sich heraus, dass der Nowgorod Detinez älter ist als ursprünglich angenommen. Chroniken legten bisher die Vermutung nahe, dass die erste Zitadelle hier im Jahr 1044 gegründet wurde.

Eine Radiokarbonuntersuchung von zwei Fragmenten antiker Holzbefestigungen, die unter den Überresten der Türme des Kremls gefunden wurden, hat jedoch ergeben, dass diese 951 +/- 27 Jahre bzw. 918 +/-41 Jahre alt sind.  Die Festung stand dort also vermutlich schon seit Mitte des 10. Jahrhunderts. Die Christianisierung der Kiewer Rus fand erst 988 statt.

2. Der Kreml war unbezwingbar 

Im 11. bis 13. Jahrhundert war der Detinez von Nowgorod eine uneinnehmbare Festung. Er hatte nur zwei Eingänge. Nur einmal, im Jahr 1065, gelang es dem Feind ins Innere zu gelangen. Schon damals war der Kreml eine imposante Festungsanlage. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts wurde sie aus Stein neu gebaut und Ende des 15. Jahrhunderts auf Befehl Iwan des Großen erneut umgebaut (siehe unter 5). 

Sie steht auf einer Anhöhe etwa zehn Meter über dem Ufer des Wolchow. Die Festung misst  an ihrer längsten Stelle 565 Meter, an ihrer breitesten Stelle 220 Meter. Die Mauer ist insgesamt  1.487 Meter lang (zum Vergleich: die Mauer des Moskauer Kremls beträgt  2.235 Meter).

Die Fläche im Inneren umfasst 12,1 Hektar (Moskauer Kreml 27,7 Hektar). Die Mauern sind zwischen 3,5 und 6,5 Metern dick und bestehen aus Ziegelstein und Kalkstein. Sie sind  zwischen 8 und 15 Metern hoch. Neun von zwölf Türmen sind erhalten.  

3. Hier steht die älteste Kirche Russlands  

Zu Beginn des 11. Jahrhunderts war Weliki Nowgorod ein unabhängiger Nordstaat, die Republik Nowgorod. Der Kiewer Fürst Jaroslaw der Weise (978-1054) schloss jedoch einen Schutzvertrag mit Nowgorod. 

Sein Sohn Fürst Wladimir von Nowgorod (1020-1052) baute 1044 den Detinez aus Holz und im Innenbereich die Sophienkathedrale, die 1052 fertiggestellt wurde. Dieses mittelalterliche Architekturdenkmal ist 38 Meter hoch und hat fünf Kuppeln.

Die Sophienkathedrale von Weliki Nowgorod ist nicht nur der älteste Kirchenbau in Russland, sondern auch die älteste noch genutzte Kirche. Aber es gibt noch ein weiteres rekordverdächtiges Bauwerk im Detinez von Weliki Nowgorod. 

4. Der Kreml beherbergt das einzige gotische nichtkirchliche Bauwerk in Russland 

Der Bischofshof ist der älteste Teil des Detinez. Der erste Bischof von Nowgorod Joachim von Korsun hat hier seine Residenz gebaut. Der Bischofshof war ein separater Ort innerhalb der Festung, wahrscheinlich sogar mit einer eigenen Mauer. 

1433 ließ Erzbischof Euthymius II. von Nowgorod die Facettenkammer errichten, eine faszinierende Arbeit von etwa 30 deutschen Baumeistern und Handwerkern. In der Kammer zeigen sich viele Elemente der deutschen und französischen mittelalterlichen Architektur.

Die Facettenkammer ist ein in Russland einzigartiges Gebäude und das älteste nichtkirchliche  gotische Bauwerk im Land. Die Facettenkammer war der zeremonielle Prunksaal von Weliki Nowgorod. Hier wurde 1478 der Befehl Iwan des Großen verkündet, das Land Nowgorod Moskau zu unterwerfen.

5. Der Kreml wurde wahrscheinlich von Italienern gebaut  

Als Iwan der Große (1440-1505), der Gründer des Moskauer Zarenreichs, 1478 Weliki Nowgorod eingenommen hatte, beschloss er, den Kreml wieder aufzubauen, um seinen Sieg zu untermauern. 

Zu dieser Zeit holte er einige bekannte italienische Baumeister nach Russland. Pietro Antonio Solari (1445-1493) war der bedeutendste von ihnen. Ihm werden auch einige der Türme des Moskauer Kremls bei dessen Wiederaufbau in den Jahren 1485 bis 1516 zugeschrieben, der ebenfalls auf Iwan den Großen zurückgeht. 

Antonio Gislardi, Marco Ruffo, Aloysius der Ältere und Aloysius der Jüngere (gest. um 1531) waren einige der Architekten. Oft fehlen verlässliche Aufzeichnungen über ihre Namen und Daten. Auch Informationen darüber, welcher Architekt nun für den Wiederaufbau des Nowgoroder Detinez in den Jahren 1478 bis 1490 verantwortlich zeichnete, fehlen. Aber der Stil ist ähnlich und eindeutig der italienischen Befestigungsarchitektur zuzuordnen. 

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