Die Weißen Nächte von St. Petersburg: Was halten die Einheimischen davon?

Legion Media
Viele zieht es zu den Weißen Nächten nach St. Petersburg. Sie versprechen magische Momente. Wir haben die Einheimischen gefragt, was Sie davon halten.

Von Mitte Mai bis Mitte Juli wird die Nacht zum Tage in St. Petersburg. Es ist nur eine Stunde lang richtig dunkel, der Rest der Zeit herrscht eher Dämmerung. Dieses saisonale Phänomen zieht eine große Anzahl von Touristen an. Selbst hartgesottene Einheimische geraten ins Schwärmen. Was ist das Besondere an den berühmten Weißen Nächten? St. Petersburger versuchen, eine Erklärung zu finden. 

Zeit für Romantik

„Es war eine wundervolle Nacht. Die Art von Nacht, die wir so nur in unserer Jugend erleben, lieber Leser“, schreibt Fjodor Dostojewski in „Weiße Nächte“, seinem vielleicht einzigen sentimentalen Werk. 

Der Schriftsteller, der viele Jahre in der Stadt an der Newa lebte, war der erste, der die besondere Stimmung dieser Zeit beschrieb und ihre Auswirkungen auf romantische Seelen. 

Dostojewskis Protagonist wandert allein durch die Stadt, auf der Suche nach einer vorzugweise weiblichen Begleitung. Am Kanal hört er ein Mädchen schreien. Er eilt zu ihr und die kommenden Nächte wandern sie gemeinsam durch die Straßen und gewähren sich einen tiefen Einblick in ihre Seelen. Doch … nun, Dostojewski neigte nicht zum glücklichen Ende. Doch selbst beim knorrigen Dostojewski scheint die Romantik der Weißen Nächte durch.  

Atemberaubende Ansichten und Liebesschwüre 

Jedes Jahr um diese Zeit fährt Julia am Palastufer direkt an der Brücke über den Winterkanal an die Newa. Sie findet, es ist der ideale Ort, um den Sonnenuntergang an der Wassiljewski-Insel zu beobachten, gefolgt vom majestätischen Anblick beim Hochfahren der Palastbrücke. 

„Ich nehme eine Decke und eine Thermoskanne mit Tee, schaue auf das Panorama des majestätischen St. Petersburg und lausche dem Plätschern des Flusses und den Geräuschen aus der Stadt. Einmal habe ich einen Heiratsantrag mitbekommen. Das betrachte ich als gutes Omen für meine eigene Zukunft“, sagt sie.

Wunder und bewegliche Brücken

Nina hat ebenfalls eine besondere Erinnerung (rus) an diese Tage, wenn in St. Petersburg alle Brücken hochgefahren werden und es fast unmöglich scheint, jemals wieder auf die andere Seite zu gelangen.

Sie erzählt, wie eine Freundin um 3 Uhr morgens zu ihrem Hostel aufbrechen wollte: „Sie ging zu einem Polizeiauto und rief: ‚Was kostet es, die Brücken wieder zu schließen?‘ Sie ließ sich einfach auf den Rücksitz des Polizeiautos fallen und erklärte verzweifelt, dass sie am nächsten Tag eine Prüfung hätte. Der Polizist startete den Motor und sagte: ‚Nun, wenn es sein muss.‘

Wenig später stoppte das Auto, doch die schrecklichsten Befürchtungen wandelten sich in großes Erstaunen. Wir wurden auf einen Lastkahn gehievt. Der Steuermann folgte Olgas Wegbeschreibung. Wir segelten auf einem Fluss der Träume.“  

Von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen

Alexandra gibt zu, dass die Weißen Nächte mit ein Grund dafür waren, warum sie von Moskau nach St. Petersburg gezogen ist. „Ich verpasse sie nie. Ich fiebere das ganze Jahr auf diese Zeit hin. Nur der Gedanke an Mai und Juni macht die dunklen Winter und den peitschenden Herbstregen hier erträglich“, sagt sie.

Alexandra erinnert sich, dass sie und eine Kollegin nach der Arbeit einmal eine Flasche Wein genommen und sich am Wasser zum Plaudern hingesetzt hatten. Sie waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie gar nicht bemerkt hatten, wie die Zeit verging. Erst als ihre besorgten Ehemänner anriefen, wurde ihnen klar, wie lange sie dort gesessen hatten - es war weit nach Mitternacht, aber immer noch hell.

Die meisten Einheimischen glauben jedoch, dass die Romantik der Weißen Nächte sich nur Touristen und Studenten erschließt. Alla, eine gebürtige St. Petersburgerin, liebt sie. Sie sagt aber auch, dass sie, seit sie erwachsen ist und auch ihre Freunde nur noch selten ausgingen, selten nachts spazieren gehe. „Doch früher… Ooooh! Wir haben uns getroffen und hatten unsere Gitarren dabei. Es war so warm. Es ging sehr lebhaft zu, wir alle hatten viel Spaß miteinander. Im Morgengrauen schlurften die ersten schläfrig zur Arbeit. Wir waren müde, aber sehr glücklich! Mmmmm…“

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