Urlaub in der Wildnis: Sibirien-Touristen erzählen von ihren Erlebnissen

Ana Dudukovic
Moskau und St. Petersburg sind die Touristen-Hot Spots für Ausländer. Dagegen wird Sibirien als Urlaubsziel oft vernachlässigst. Völlig zu Unrecht, denn für Naturfreunde und Abenteuerlustige hat die wilde und unberührte Landschaft sehr viel zu bieten.

1. „Überleben in der unberührten Wildnis“ 

Ana Dudukovic, PR-Managerin aus Serbien, besuchte Sibirien im Jahr 2019 im Rahmen des von Rossotrudnitschestwo (Föderalagentur für Angelegenheiten der GUS, für Fragen der im Ausland lebenden Mitbürger und für internationale humanitäre Zusammenarbeit) organisierten Programms „Neue Generation“. 

Ak-Kurum

Ana, die eine wahre Naturfreundin und Mitglied in der serbischen Drachenboot-Nationalmannschaft ist, bewarb sich um die Teilnahme am Rafting-Forum „Sibiriens wilde Gewässer“. 

„Das Forum fand für zehn Tage im August statt. Wir hielten uns während dieser Zeit in drei Camps im Altai-Gebirge (Südsibirien) auf. Es war ein unvergessliches Abenteuer: Rafting, Trekking, Klettern, der Besuch unglaublicher Naturstätten wie dem Telezker See, Geysiren, dem Uchar-Wasserfall, dem Marsfeld, Ak-Kurum sowie das Kennenlernen der steinernen Pilze. 

Wir haben in Hütten oder Zelten ohne Strom und fließend Wasser geschlafen. So erfuhren wir das ursprüngliche Leben. Hier ist die Natur noch intakt. Auf Wanderschaft kann man den Durst direkt aus den Bächen und Flüssen stillen“, erinnert sich Ana. „Eine besondere Herausforderung war, in den eiskalten Flüssen baden zu müssen. Doch es gab keine andere Waschgelegenheit, kein Badezimmer. Wir haben unterwegs nur Kühe und Pferde getroffen. Es gab keine Läden, keine anderen Menschen, kein Mobilfunksignal, keine moderne Zivilisation. Es war Überleben in der unberührten Natur.“ 

Dass es keine Unterkünfte gab, die touristischen Standards entsprochen hätten, gefiel Ana besonders gut. Denn sie glaubt, dass dies die Region vor dem Massentourismus bewahre. „Massentourismus würde zu Umweltverschmutzung und Umweltzerstörung führen“, ist sie überzeugt. 

Eine andere Sache, die ihr besonders positiv in Erinnerung bleiben wird, war das Rafting. „Die Flüsse hier sind schnell und breit und sehr gefährlich. Der Adrenalin-Kick ist garantiert. Fragen Sie bloß nicht, woher ich weiß, dass das Wasser sehr kalt ist. Einmal überschlug sich unser Boot. Es war eine sehr gefährliche Situation, doch es ist gut ausgegangen.

Es gab in Sibirien nichts, was mir nicht gefallen hätte. Neben wunderschönen Landschaften sahen wir auch die Stadt Tomsk, um einmal das sibirische Stadtleben kennen zu lernen. Wir erlebten die vielfältige Kultur der Region, lernten den Lebensstil der Kosaken und der orthodoxen Christen und den muslimischen Teil der Stadt kennen. Wir besuchten ein Holzfäller-Fest. Am meisten beeindruckt hat mich jedoch die Landschaft. Ich habe schon viele Camps in der Natur besucht und war auf sehr vielen Flüssen unterwegs. Doch meine Erlebnisse in Sibirien waren einzigartig! Ich kann es aufrichtig empfehlen, jedoch nur echten Liebhabern von ursprünglicher Wildnis und reißenden Flüssen.“

2. „Unser Hotel lag neben einem Gefängnis“ 

Patric Daccache aus Deutschland ist letzten Sommer aus beruflichen Gründen nach Moskau gezogen. Er war in der Vergangenheit viel unterwegs und hat im vergangenen November beschlossen, Sibiriens beliebtes Skigebiet, Scheregesch, zu besuchen. 

„Meine damalige Freundin hat mir von dem Ort erzählt und wir sind zusammen dorthin gereist. Ich hatte eiskalte Nächte und unberührte Skigebiete erwartet, erinnert er sich. „Wir waren zehn Tage dort. Unser Hotel lag in der Nähe eines Gefängnisses, vermute ich. Einmal verlief ich mich bei einem Abendspaziergang. Ich bekam bald Gesellschaft von Soldaten oder Polizisten. Aber sie waren sehr freundlich. Sie haben mir geholfen, den Weg zurück ins Hotel zu finden“, erinnert sich Patric. „Was wirklich bemerkenswert war, war die Tatsache, dass dort nicht allzu viele Ausländer sind. Ich war dort eine ziemliche Attraktion!“ 

Er hatte sich die Berge in Scheregesch etwas höher vorgestellt. „In Deutschland lebte ich außerhalb von München, die Alpen sind ganz nah und daher bin ich wirklich hohe Berge gewohnt“, erklärt er. „Die Pisten in Scheregesch waren wirklich gut präpariert und wir hatten wunderbaren Schnee. Das Wetter war auch großartig. Nachts schneite es und tagsüber schien die Sonne.“ 

Patric ist überzeugt, dass Sibirien als Skigebiet großes Potenzial hat. „Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, die jedes Jahr hierherkommen. Die Preise hier sind angemessen. Ich habe mir eine Skiausrüstung ausgeliehen. Auch das war nicht allzu teuer. Die Reise von Moskau nach Scheregesch war sehr komfortabel und der Transfer vom Flughafen startete pünktlich. Restaurants und Bars sind auch sehr schön und nicht zu teuer, besonders im Vergleich zu Europa.“ 

Eine Sache gab es jedoch, die er wirklich ärgerlich fand. Für fast jeden einzelnen Skilift (sie werden von unterschiedlichen Firmen betrieben) musste er separate Tickets kaufen. Doch insgesamt hat Patric gute Erfahrungen gemacht.

„Scheregesch hat eine wundervolle Landschaft zu bieten und es gab viele Angebote wie Skitouren oder im Spa-Bereich. Ich würde es besonders für Anfänger empfehlen. Sieben bis zehn Tage Aufenthalt sind genug. Ich würde auf jeden Fall nochmal dorthin reisen“; lautet Patrics Fazit. 

3. „Nie zuvor war ich an einem ursprünglicheren und einsameren Ort“ 

Der Globetrotter und Blogger (eng) aus England, John Pilkington, besuchte Russland bisher fünf Mal. Das erste Mal war er als Student 2010 in Russland. 

Sibirien war ein wichtiges Ziel bei seiner letzten dreiwöchigen Russland-Reise 2019, seinem transsibirischen Abenteuer.

„Die Transsib stand schon lange auf meiner Bucket List („Liste der Dinge, die man vor seinem Tod unbedingt noch machen möchte/muss“, Anm. d. Red.). Letztes Jahr war der richtige Zeitpunkt gekommen. Ich wollte eine längere Reise machen, und zwar wieder einmal nach Russland, um meine Sprachkenntnisse aufzufrischen. Doch erneut nach Moskau zu reisen, darauf hatte ich keine Lust. Ich wollte mehr vom Land sehen. Mir wurde klar, dass ich die russische Natur noch gar nicht wirklich kannte. Daher fiel meine Wahl auf Sibirien. Es schien perfekt“, so John.

Er reiste allein und verbrachte ungefähr 89 Tage in Sibirien, um Städte wie Ulan-Ude, Krasnojarsk, Tomsk und Naturstätten wie den Großen Baikal-Trail und den Stolby-Nationalpark zu besuchen. „Leider hatte ich im Nationalpark und auf dem Baikal-Trail jeweils nur einen Tag. Mehr Zeit war nicht möglich“, bedauert John den kurzen Aufenthalt dort. 

Großer Baikal-Trail

„Ich denke, Sibirien ist ein fantastisches Reiseziel, besonders für Wanderer und Menschen, die die Natur erleben möchten. Das Hauptproblem ist die Anreise. Es gibt nur sehr wenige Direktflüge zwischen Europa und Sibirien, obwohl ich überzeugt bin, dass S7 die Strecke Nowosibirsk -Düsseldorf bedient. 

Der Weg führt in der Regel über Moskau, das ist ein Ärgernis. Die Reise war jedoch im Vergleich zu einem Trip durch Europa sehr erschwinglich. Vor allem die Bahntickets waren günstig. Ich hatte absolut keine Probleme unterwegs. Russischkenntnisse helfen natürlich, doch auch so hatte ich das Gefühl, auf lauter hilfsbereite Mitmenschen zu treffen“, berichtet John. 

„Die Natur und das Gefühl der Isolation sind erstaunlich. Ich war noch nie in einer so abgelegenen und ursprünglichen Gegend. Doch diese hat auch eine Historie. Wie sich die Städte entwickelt haben, der Bau der Eisenbahn, das ist wirklich sehr interessant. Es gibt dort einige großartige Relikte aus Sowjetzeiten, die in Städten wie St. Petersburg schwerer zu finden sind. Das Essen fand ich ausgezeichnet, die Menschen waren unglaublich und ich habe die Zugfahrt wirklich genießen können“, fasst John zusammen.  

Stolby-Nationalpark

John empfiehlt denjenigen, die ebenfalls in Sibirien wandern möchten, den Download der Karte von MAPS.ME. „Es sind dort bereits viele lokale Wanderrouten markiert. Sagen Sie in Ihrer Unterkunft Bescheid, wohin sie wandern wollen, wenn Sie sich allein auf den Weg machen. Machen Sie unterwegs Geräusche, um die Tiere, zum Beispiel Bären, abzuschrecken. Diese werden sich zurückziehen, wenn Sie sie hören. Wenn Sie kein Russisch können, merken Sie sich dennoch einige grundlegende Zeichen und Worte wie ‚Gefahr‘, ‚Betreten verboten‘, ‚Bären‘ usw. Recherchieren Sie im Vorfeld so viel wie möglich. Es gibt einige erstaunliche Nationalparks und Wanderwege, die ich beim nächsten Mal gerne wieder besuchen möchte!“ 

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