Erholung trotz COVID-19: 5 russische Lieblingsplätze unserer Redakteure

Oleg Krasnow; Alexandra Gusewa; Wsewolod Pulja
Die Pandemie und die geschlossenen Grenzen haben diesen Sommer unzählige Reisepläne über den Haufen geworfen. Einige Russen haben die Gelegenheit genutzt, die Heimat neu zu entdecken. Unsere Redakteure teilen ihre schönsten Erfahrungen.

1. Priosersk, Sascha Ismailowa 

Karelien schien mir immer ziemlich unzugänglich zu sein. Als müsste jeder, der sich dorthin wagt, auf nassem Moos und Baumstämmen im Urwald schlafen, gegen wilde Tiere kämpfen und Moltebeeren essen, um zu überleben. In der Praxis war alles ganz anders: gut ausgebaute Straßen, skandinavisch anmutende Landschaften, lokale Köstlichkeiten und natürlich der Ladogasee!

Der größte See Europas liegt in Priosersk. Ich vermute, wenn ich eine Woche zuvor angekommen wäre, als es noch heiß war, hätte ich im glasklaren Wasser schwimmen können. Aber auch sonst gibt es viel zu tun: Fahren Sie mit dem Boot raus, egal ob mit oder ohne Motor. Angeln Sie. Fahren Sie SUP. Mieten Sie ein Fahrrad und radeln Sie entlang des Ufers.  

Auf dem Weg nach Sortajala empfangen Sie mit dem Autoradio auch finnische Sender. Es ist nahezu unmöglich, die Ruskeala-Wasserfälle zu verpassen. Obwohl die Wegweiser unscheinbar sind, verraten sie sich durch den tosenden Lärm, der aus den Tiefen des Waldes dringt.  

Nach einem Spaziergang über die Hängebrücken, die über Bäche und Wasserfälle führen, sind ein karelischer Kalitka (ein Kuchen aus Roggenteig, gefüllt mit Preiselbeeren oder Kartoffeln) und süßer Heidelbeersaft genau das, was der Mensch braucht. 

2. Samara, Georgi Manajew 

Das „russische Chicago“ wurde Samara im späten 19. Jahrhundert genannt, als die wirtschaftliche Entwicklung rasante Fortschritte machte. Hier wurden eine Eisengießerei, eine Ölmühle, eine Druckerei, eine Wetterstation, ein kommunales Wasserversorgungssystem, ein Theater, eine Dampfmühle und eine Süßwarenfabrik in Betrieb genommen. Samara bekam auch die erste Gas-Straßenbeleuchtung und eine Telefonzentrale.

Während des Zweiten Weltkriegs hielten sich in Samara die aus Moskau evakuierte Sowjetregierung und wichtige Behörden auf. Ein für Stalin bestimmter Bunker ist bis heute erhalten. An den historischen Gebäuden im alten Zentrum verraten Plaketten, welche Ministerien und ausländischen Botschaften sie in den Kriegsjahren beherbergten. 

Der örtliche Strand ist ein wahres Paradies für Zen-Freunde. Dort an den Ufern der Wolga können Sie stundenlang sitzen, ins Wasser tauchen und sich wieder in den goldenen Sand setzen. Die Einheimischen sind stolz darauf, wie sauber er ist. Der Sand stammt vom Grund der Wolga. Er wird gesiebt und gereinigt. Jedes Jahr wird der Sand erneuert.  

Nur ein paar Stunden entfernt liegt das Schiguli-Meer, das zweitgrößte Süßwasserreservoir der Welt. Das Schiguli-Gebirge ist übrigens das jüngste der Welt. Die Natur ist einfach atemberaubend und zu jeder Jahreszeit strahlt sie intensive Ruhe aus. 

3. Kaliningrad, Stadt und Region, Aischan Kasak 

Ich reiste in die Region Kaliningrad, um die Meeresbrise, den Sand und das Bier zu genießen. In fünf Tagen besuchte ich Kaliningrad, Jantarni und Selenogradsk.  

Architektonisch ist Kaliningrad nichts, worüber man nach Hause schreiben könnte. Ich liebe schöne Städte voller Geschichte. Der historische Teil von Kaliningrad wurde jedoch 1945 zerstört, und das heutige Stadtzentrum ist eher ein Denkmal für die kommunistische Ära.

Aber am Meer war es schön. In Jantarni wehte die blaue Flagge, was bedeutet, dass das Wasser sauber ist. Kühl ist es auch. Das sollte Sie nicht abschrecken. Die Temperatur ist kein Problem, aber die starken Wellen und Strömungen sind es.

Selenogradsk eroberte mein Herz. Es ist eine Stadt der Katzen, die die lokale Verwaltung zu einer Marke ohne allzu viel Spielerei gemacht hat. Katzen sind überall und es ist klar, dass sie sich hier zu Hause fühlen. Der Krieg hat die Stadt größtenteils umgangen, so dass sie ihr historisches Aussehen bewahrt hat. Das Meer ist kühler als in Jantarni, aber viel ruhiger. Bei meinen Spaziergängen stolperte ich unerwartet über einen FKK-Strand und kicherte wie ein Teenager.

Wenn nächstes Jahr erneut ein Virus meine ursprünglichen Reisepläne zunichtemachen sollte, fahre ich wieder nach Selenogradsk. 

>>> Deutsches Erbe: Die zehn schönsten Bauten und Plätze in Kaliningrad (FOTOS)

4. Rschew, Wsewolod Pulja 

Sobald ich das Rschew-Denkmal für den sowjetischen Soldaten sah, wurde mir sofort klar, dass es der richtige Ort für mich war. Der Anblick eines Bronzesoldaten, der sich über grünen Feldern erhebt und schließlich in einen Vogelschwarm verwandelte, weckte Kindheitserinnerungen an sowjetische Kriegsfilme.

Das Denkmal wurde erst Ende April 2020 zum 75. Jahrestag des Sieges im Zweiten Weltkrieg fertiggestellt. Aber aufgrund der Einschränkungen durch die Pandemie habe ich es erst im Juli dorthin geschafft. Nach 200 Kilometern Fahrt auf der Autobahn von Moskau tauchte der 25-Meter-Soldat mit gesenktem Kopf am Horizont auf.

Das Denkmal strahlt große Ruhe aus, die Luft ist klar, die leise Musik führt dazu, dass man seine Stimme ebenfalls dämpft. Es ist eine Atmosphäre wie in einer Kirche. Sie merken gar nicht, dass Sie nicht alleine sind. 

Wo immer Sie hinschauen sehen Sie grüne Felder und Hügel. Kaum zu glauben, dass hier in dieser ruhigen Umgebung zwischen 1942 und 1943 heftige Schlachten um Rschew tobten. Hier wurden die Deutschen zum ersten Mal zum Rückzug gezwungen.

Heute finden sich hier gepflegte Blumenbeete, die mit Marmorsplittern dekoriert sind, die Statue des Soldaten, der sich in einen Vogelschwarm verwandelt, und die Namen von 17.000 gefallenen Helden auf künstlich gerosteten Metalltafeln.

5. Kaljasin, Oleg Krasnow 

Diese winzige Stadt mit nur 12.000 Einwohnern am Ufer der Wolga in der Region Twer ist einer der fotogensten Orte in Russland. Stellen Sie sich vor, nur hundert Meter von Russlands wichtigster Wasserstraße entfernt, liegt eine winzige Insel mit einem Durchmesser von nicht mehr als zwanzig Metern, auf der ein alter Glockenturm aufragt. 

Von Moskau sind es drei Autostunden. Wäre da nicht die Pandemie und mein Freund, der ein Sommerhaus in der Nähe gekauft hat, wäre ich nicht hier, sondern würde wohl nur online in Ansichten des Ortes vertieft sein. Aber obwohl ich auf der wahrscheinlich nicht unbedingt besten Straße der Welt hierher fahren musste, habe ich es nicht bereut. Richtig gut wurde es, als ich das Mietauto gegen ein Mietboot getauscht hatte und die Insel erkundete.  

Kaljasin, das aus dem 12. Jahrhundert stammt, hat in den Sowjetzeiten leider praktisch seine gesamte mittelalterliche und klassizistische Architektur verloren. In den Jahren 1939-40 wurde beschlossen, den alten Teil während des Baus des Wasserkraftwerks Uglitsch zu überfluten. So landeten das berühmte Dreifaltigkeits-Makarjew-Kloster, zu dem russische Zaren pilgerten, und die St.-Nikolaus-Kathedrale, deren Glockenturm heute noch vom Ufer aus sichtbar ist, unter Wasser.

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