Wo liegen in Russland Nizza, Chicago und Detroit?

Russia Beyond (Jegor Alejew / TASS, Reinier Snijders / EyeEm / Getty Images)
Die Einwohner vieler russischer Städte haben diesen mit Stolz ... die Bezeichnung ausländischer Orte als Beinamen verliehen. Und in jedem Fall gibt es dafür einen anderen Grund.

Venedig 

Sankt-Petersburg.

Als „Venedig des Nordens“ wird in Russland immer St. Petersburg genannt – wegen der vielen Flüsse und Kanäle. Wir wissen nicht, ob Peter der Große selbst sein „Kind“ so genannt hat. Der französische Schriftsteller und Reisende Theophile Gautier schrieb 1839, als er Petersburg besuchte: „Eine Vielzahl von Kanälen durchzieht die Stadt, die gleich einem  Venedig im Norden auf vielen Inseln errichtet worden ist.“  

Nizza

Jalta.

Jalta wurde an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert als „Russisches Nizza“ bezeichnet, und die gesamte Südküste der Krim als „Russische Riviera“. Zu dieser Zeit war die Krim ein beliebtes Urlaubsziel für Adelige, Künstler und Schriftsteller. Gorki, Zwetajewa, Bulgakow und Kuprin besuchten oft diese Orte oder lebten sogar dort, Tschechow und Woloschin hatten ihre Sommerhäuschen auf der Krim. Interessant ist, dass Nizza und Jalta offiziell Partnerstädte sind. Das Abkommen wurde 1960 unterzeichnet.

Manchester

Russland. Iwanowo. 31. Oktober. In der Druckerei der Textilfabrik Krasnaja Talka.

Als „Russisches Manchester“ wird eines der größten Textilproduktionszentren Russlands bezeichnet – Iwanowo. Im 17. Jahrhundert entstanden hier die ersten Textilmanufakturen. Und der Beiname der Stadt lautete ursprünglich „Rotes Manchester“ – er entstand in den frühen Sowjetjahren. Iwanowo galt damals als dritte proletarische Hauptstadt Russlands – schließlich bildete sich hier 1905, während der Revolution, das erste Arbeiterkomitee. Die Arbeiter von Iwanowo waren damals die ersten im Lande, die eine Organisation zur Vertretung und Verteidigung ihrer Rechte gründeten.

Iwanowo ist nicht die einzige Stadt in der Welt, die diesen Beinamen trägt. So ist Tampere das „Finnische Manchester“ und Lodz das „Polnische Manchester“, und auch in anderen europäischen Ländern gibt es Textilzentren, die nach englischem Vorbild „Manchester“ genannt werden.  

Rom 

Moskau.

„Moskau ist das dritte Rom“ – so begründete Philotheus, Starez (dt.: Ältester) des Eleasar-Verklärungs-Klosters in Pskow, in seinen Briefen an Wassili III., den Großfürsten von Moskau, die Nachfolge Moskaus von Rom und Konstantinopel – den beiden früheren Weltzentren des Christentums. Das genaue Zitat von Philotheus lautet: „Zwei Roms sind gefallen, ein drittes steht und es wird nie ein viertes geben“. Im 16. Jahrhundert wurde dieses Konzept zu einer der ideologischen Grundlagen für die Macht der Moskauer Fürsten und späteren Zaren, die sich als Nachfolger der römischen und byzantinischen Kaiser und Verfechter des orthodoxen Glaubens verstanden. 

Chicago

Samara. Blick auf das Gebäude der Schigulewsky-Brauerei.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr Samara eine rasante industrielle Entwicklung, da nach 1877 die Eisenbahnlinie nach Orenburger durch die Stadt geführt wurde. Deshalb nannt man sie von nun an „Russisches Chicago“.

Samara liegt an der Kreuzung von Land-, Wasser- und Eisenbahnrouten von Asien nach Europa; in der Region wurden Erdölvorkommen entdeckt und im Hafen von Samara wurden riesige Mengen an Fracht aufgenommen und weiterverschifft. All dies zog Geschäftsleute – und Kriminelle – aller Art in die Stadt, so dass auch in dieser Hinsicht deutliche Parallelen zu Chicago bestehen.

Außerdem war Samara aufgrund seiner Lage am Wolgaknie schon immer ungewöhnlich windig – genau wie Chicago, das den Beinamen „Windy City“ trägt. 

Detroit

Togliatti. Ein Blick auf das Werk Avtovaz.

Das „Russische Detroit“ ist nicht so weit vom „Russischen Chicago“ entfernt wie die beiden realen Vorbilder voneinander: Von Samara nach Toljatti sind es weniger als 100 Kilometer mit dem Auto. Toljattis Beiname leitet sich von der Autofabrik AwtoWAS ab. Die Stadt selbst, die 1737 als Stawropol gegründet wurde, erhielt ihren „italienischen“ Namen 1964 nach dem italienischen Kommunisten Palmiro Togliatti, der im August 1964 während eines Urlaubs auf der Krim starb.


 

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