St. Petersburg: Russlands ehemalige Hauptstadt auf 33 Inseln

Legion Media
St. Petersburg wird oft mit Amsterdam und Venedig verglichen: Die Stadt hat 33 Inseln, früher waren es sogar mehr als Hundert.

Fast die gesamte dreihundertjährige Geschichte von Sankt Petersburg lässt sich in gewisser Weise ein Zweikampf zwischen Mensch und Wasser beschreiben. Die Stadt wurde auf sumpfigem Boden erbaut, ihre besondere geografische Lage aber ermöglichte es, die Ufer des Finnischen Meerbusens und das Newa-Delta sowie deren Nebenarme und Zuflüsse zu kontrollieren. St. Petersburg erlebte mehr als einmal verheerende Überschwemmungen. Im 18. Jahrhundert wurden neue Zuflüsse und Kanäle gegraben, um die Flussläufe umzuleiten und das Stadtgebiet trocken zu legen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte die Stadt 101 Inseln. Später wurden einige der Kanäle zugeschüttet, und die kleineren Inseln wurden zu größeren vereinigt.

Im heutigen St. Petersburg gibt es laut dem Register der geografischen Namen 33 Inseln. Der Archipel von Kronstadt, zu dem einige Festungen gehören, ist darin nicht enthalten. Tatsächlich zählt St. Petersburg also über vierzig Inseln. 

Die im Zentrum gelegenen Inseln werden aufgrund des weit verzweigten Brückensystems über die Flüsse und Kanäle nicht als Inseln im eigentlichen Sinne wahrgenommen. Die Blaue Brücke im Zentrum von St. Petersburg zum Beispiel ist 97,3Meter breit und gilt als Teil des Isaakplatzes.

  1. Die erste Insel

Der historische Kern der Stadt ist die Haseninsel. Hier wurde am 27. Mai 1703 die Peter-und-Paul-Festung gegründet, die als Gründungszeitpunkt der Stadt gilt.

Die Haseninsel.

Hier sind die wichtigsten Monumente der Zarenzeit zu sehen - wie die Münzanstalt, die große herzogliche Gruft der Romanows, die Kasematten der Trubezkoi-Bastion (das größte politische Gefängnis Russlands). 

  1. Die berühmteste Insel

Die berühmteste Insel ist die Wassiljewski-Insel, der zahlreiche literarische Werke gewidmet sind. Von den Einheimischen wird sie liebevoll „Waska“ genannt. Das historische Zentrum der Stadt wird von seinem östlichen Ende, der Strelka, flankiert, die leicht an den Rostra-Säulen zu erkennen ist.

Die Wassiljewski-Insel.

Zu festlichen Anlässen kommen sie heute noch in ihrer historischen Bedeutung als Leuchttürme zum Einsatz.  

  1. Die größte Insel

Die größte Insel im Newa-Delta ist 16,2 Quadratkilometer groß und heißt ironischerweise „Namenlose Insel“. 47 Brücken verbinden sie mit anderen Inseln und dem Festland der Stadt.

Litejny-Brücke über die Newa zur Namenlosen Insel.

Sie entstand mit dem Bau des Obwodny-Kanals, mit dem 1769-1780 begonnen wurde und der mit einer Breite von 42 m und einer Länge von über 8 km der größte Kanal in St. Petersburg ist.

  1. Die kleinste Insel

Die Fläche der kleinsten Insel mit dem Namen „Serni“ beträgt nur 0,03 km², und es führt nur eine Brücke zu ihr.

Der Serni-Insel.

Die Insel wurde nach ihrem Zweck im 19. Jahrhundert benannt: Hier befanden sich Schwefellager.

  1. Der grünste Insel

Zwei Inseln, der Sommergarten und die Jelagin-Insel, könnten um diesen Namen konkurrieren.

Der Sommergarten liegt im historischen Teil der Stadt und beherbergt auf einer Fläche von 0,12 Quadratkilometern ein luxuriöses Garten-Park-Ensemble mit Pavillons, Springbrunnen, grünen Irrgärten und Kopien von Skulpturen italienischer Meister aus dem späten XVII. und frühen XVIII. Jahrhundert. Der Garten wurde als Sommerresidenz von Peter dem Großen angelegt: 1710-1714 wurde hier ein Palast gebaut, wo der Zar jeden Sommer wohnte.

Die Jelagin-Insel ist viel größer als der Sommergarten, aber auch sie ist eine ehemalige kaiserliche Residenz. Ihre erste Besitzerin war die Zarenwitwe Maria Fjodorowna (Ehefrau von Paul I., dem Urenkel von Peter dem Großen). Mit der räumlichen und landschaftlichen Gestaltung der Insel Jelagin wurde der italienische Architekt Carlo Rossi betraut.

Im Jahr 1932 wurde auf der Insel der Zentrale Kultur- und Erholungspark eröffnet. Hier entstanden Sport- und Spielplätze, Fahrgeschäfte und Skulpturen rund um das Thema Sport. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Jelagin-Insel schwer beschädigt. Die Wiederherstellung des historischen Erscheinungsbildes zog sich über fast ein halbes Jahrhundert, wurde aber vor allem an der Wende vom XX. zum XXI. Jahrhundert vorangetrieben. Heute sind wir also am ehesten in der Lage, den Plan von Rossi wiederzuerkennen.

  1. Die romantischste Insel

Die Insel Neu-Holland verbindet auf organische Weise die Romantik in Industriearchitektur mit dem modernen urbanen Raum (streng genommen sind es zwei Inseln, die eine einzige Komposition bilden). Der „holländische“ Name erinnert an die Zeit, als Zar Peter der Große die Nordflotte am Ufer der Newa gründete und holländische Schiffsbauer in die Hauptstadt einlud. Die Inseln in der Nähe der Werften wurden von der Admiralität als Lagerhäuser für die Lagerung von Schiffsholz genutzt. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Neu-Holland ein Seegefängnis gebaut.

Die Insel Neu-Holland.

Im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts verwandelte sich das Baudenkmal der Industriearchitektur in ein Szeneviertel mit Restaurants, Vortragssälen, einer Bühne und einem Landschaftspark.

  1. Die sportlichste Insel

Traditionell trägt die Krestowski-Insel diesen Namen. Hier befinden sich das größte Fußballstadion von St. Petersburg (und mehrere kleinere Stadien), ein Sportkomplex, eine Radrennbahn, eine Leichtathletikarena und ein Ruderverein.

Die Sportgeschichte der Insel reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Im Jahr 1859 wurde hier der Newski-Yacht-Club gegründet, es folgten 1889 die Sankt Petersburger Rudergesellschaft und der Lawntennis-Club im Jahr 1894.

Riesige Senit-Arena und andere Stadien auf der Krestowski-Insel.

Ein Besuch der Insel lohnt sich, um die Gazprom-Arena, das Heimstadion des Fußballclubs Zenit, zu besichtigen - ein Werk des japanischen Architekten Kisho Kurokawa mit einem schließbaren Dach (der Entwurf wurde daher „Raumschiff“ genannt).  In der Gazprom-Arena wurde die Spiele der Europameisterschaft 2020 und der Fußballweltmeisterschaft 2018 ausgetragen. Zu diesem Anlass wurde in der Nähe des Stadions eine Metrostation eröffnet, die jetzt „Zenit“ heißt. Bei Sportveranstaltungen finden fast 65.000 Zuschauer im Stadion Platz, bei Theater- und Konzertveranstaltungen bis zu 80.000. Die Arena trat an die Stelle einer anderen großen Sportstätte des 20. Jahrhunderts - des Kirow-Stadions, das als eines der größten der Welt galt: Vor dem ersten Umbau, 1950-1978, fasste es 100.000 Zuschauer.

  1. Die einsamste Insel

Eine abgeschiedenste Insel des Newa-Deltas ist die Insel Kotlin, auf der sich die Festungsstadt Kronstadt befindet. Kotlin ist durch einen Komplex von Bauwerken mit dem Festland verbunden, die St. Petersburg als Hochwasserschutz dienten. Es gibt 11 Dämme mit einer Gesamtlänge von 23,4 km, die über 30 Jahre hinweg bis 2011 errichtet wurden. Über dem Petersburger Damm, der die Insel mit Vororten der Stadt verbindet, verläuft eine Autobahn.

Die Insel Kotlin mit der befestigten Stadt Kronstadt.

In der Umgebung von Kotlin gibt es viele Festungen, die meisten von ihnen sind im Binnenwasser gelegen. Diese Bauten schützten die Stadt vor Angriffen vom Meer. Eine von ihnen – Alexander I. - wurde Ende des XIX. Jahrhunderts von den Verteidigungsanlagen ausgenommen. Dort wurde ein bakteriologisches Labor eingerichtet, um einen Pestimpfstoff herzustellen.

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!