Wie die Tundra in der Arktis blüht (FOTO)

Reise
ANNA SOROKINA
Der Sommer ist im Norden Russlands angekommen, und die karge, kalte Tundra ist plötzlich mit einem Teppich aus den buntesten Farben bedeckt, die man sich vorstellen kann.

Jenseits des Polarkreises kommt der Sommer spät, aber plötzlich und kompromisslos. Es scheint, als hätten die Menschen gestern noch mit den Kindern Schneemänner gebaut, aber heute holen sie schon die Sonnencreme heraus und genießen den Polartag, an dem es fast rund um die Uhr hell bleibt.

Was blüht in der Tundra?

Eine der schönsten Szenen des arktischen Sommers ist die Tundrablüte, wenn unter dem geschmolzenen Schnee Pflanzen von unglaublicher Pracht zum Vorschein kommen. Die Blütezeit beginnt etwa Mitte Juni (je weiter man nach Norden kommt, desto später setzt sie ein).

Zu Beginn verwandelt sich die gesamte Tundra von einer weißen, schneebedeckten Fläche in einen grünen Teppich aus weichem Moos. Innerhalb weniger Tage sprießen darauf Blumen, die zwischen den kalten grauen Steine durchbrechen. Überall ist Leben zu sehen.

Die Nadeln der Lärchen werden grün, Veilchenfelder, rosa und gelber Rhododendron blühen. In den arktischen Breitengraden sind sie wie Schneeglöckchen in den Wäldern bei Moskau.

Die polare Blume, der Mannsschild (Androsace), sieht aus wie ein Gänseblümchen, während die Art Anemonastrum sibiricum der Garten-Narzisse ähnelt.

Die Stängel der hiesigen Primeln (Blumen mit kleinen violetten Knospen) sehen oft pelzig aus. Die Natur hat diesen Mantel erfunden, um sie vor der Kälte zu schützen, denn die Sommerhitze geht nachts oft abrupt in Frost über.

Nicht nur Blumen, sondern auch Sommerbeeren bringen Farbe in die Tundra. Am Polarkreis erntet man im Sommer Rauschbeere, Moltebeere, Moosbeere und Preiselbeere.

Romantiker und Kamillen

Obwohl die Tundra überall die gleiche zu sein scheint, sind die Tundrapflanzen in jeder Region Russlands ein wenig anders. Im polaren Ural kann man seltene Trollblumen sehen, die man hier Scharki oder auch sibirische Rosen nennt. Ihre Knospen sehen tatsächlich wie Rosen aus und ihre Farbe ist feurig orange.

In Tschukotka gibt es etwa 400 Moos- und Flechtenarten. Häufig trifft man auch auf Bestände von Weidenröschen, die wie Tee aufgebrüht werden (man nennt sie auch Iwan-Tschai, dt.: Antoniuskraut).

An der Küste der Ostsibirischen See, die in den Arktischen Ozean mündet, vollbringt die Natur Wunder. Die herrschen die Kamillen vor. Die nördlichste Stadt Russlands, Pewek (69° 42′), wird sogar die Stadt der Romantiker und Kamillen genannt.