Die jahrhundertealte Geschichte der Stadt war ein fruchtbarer Boden für Stadlegenden. Einige davon sind so bekannt, dass man auf touristischen Websites und in Blogs von St. Petersburg-Führern detaillierte Angaben zu „mystischen“ Ereignissen finden kann, bis hin zu fiktiven Daten und Familiennamen.
Der Legende nach ereigneten sich bereits beim Bau des Kanals seltsame Dinge. Die Arbeiter weigerten sich zu arbeiten und verwiesen darauf, dass dieser Ort „ungut“ sei. Trotz der Schwierigkeiten bei seiner Errichtung wurde der Kanal 1833 für die Schifffahrt freigegeben. Im Jahr 1913 ereignete sich angeblich das erste schreckliche Ereignis: Im Kanal wurde eine zerstückelte männliche Leiche gefunden. Später stellte sich heraus, dass die Frau des Verstorbenen ihn getötet hatte.
Der Eherner Reiter
Legion MediaZehn Jahre später, im Jahr 1923, sollen am Kanal einige Platten mit antiken Schriftzeichen und darunter menschliche Überreste gefunden worden sein. Nach dieser grausigen Entdeckung verwandelte sich der Kanal zu einem Hotspot für Selbstmörder. Diejenigen, die das Glück hatten, zu überleben, behaupteten, dass „Stimmen“ sie überredet hattem, sich ins Wasser zu stürzen. Andere wurden einfach in den Kanal gestoßen. Dem Wasserlauf werden Hunderte von Opfern zugeschrieben.
Im März 1801 wurde Zar Paul I. von seinen eigenen Vertrauten ermordet. Der Mord ereignete sich im Michailowski-Schloss, und einer Legende zufolge lebt Pauls Geist noch immer dort. Seine Silhouette mit einer Kerze in der Hand soll in den Fenstern im ersten Stock des Schlosses zu sehen sein. Einige Aufseher behaupteten, den Zaren mit eigenen Augen erkannt zu haben.
Der Mord an Zar Paul I. von Russland, März 1801. Ein Druck aus "La France et les Français à Travers les Siècles", 1882-1884.
GemeinfreiInteressanterweise ist Paul angeblich selbst zu Lebzeiten dem Geist seines Urgroßvaters, Peter des Großen, begegnet. Er erzählte diese Geschichte bei einem Abendessen im Haus der Gräfin Henriette von Oberkirch: Als er durch die Straßen von St. Petersburg wandelte, will er einen Fremden getroffen haben, der ihn vor seinem baldigen Tod warnte - erst als sie sich verabschiedeten, erkannte Paul den verstorbenen Zaren.
Der Eherner Reiter
Legion MediaAn der Stelle, an der sich der Geist, so Paul, in Luft auflöste, soll Katharina die Große befohlen haben, den „Ehernen Reiter“ zu errichten. Später räumte Paul ein, die Geschichte sei ein Scherz gewesen. Mit diesem Denkmal indessen ist noch eine weitere Legende verbunden: Es heißt, dass Peter der Große nachts zum Leben erwacht und auf einem Pferd durch seine Stadt reitet. Diese Geschichte war schon zu Puschkins Zeiten bekannt - in seinem Werk „Der eherne Reiter“ verfolgt die Skulptur die Hauptfigur Eugen.
In der Gorochowaja-Straße 57a steht ein Haus, das nicht durch seine Architektur beeindruckt, sondern für seine mystischen Geschichten bekannt ist. Legt man eine Karte von St. Petersburg in ein Sechseck, befindet sich das Haus angeblich im Schnittpunkt seiner Diagonalen - das erklärt seine dämonischen Eigenschaften.
Im Inneren des Hauses befindet sich eine Rotunde mit sechs Säulen, die von zwei Treppenaufgängen umgeben ist. Eine Treppe führt in den dritten Stock, die zweite zu einem Treppenabsatz, auf dem sich keine Wohnungen befinden. Von dieser seltsamen Treppe aus kann man angeblich die 7. Säule sehen, die in einer anderen Dimension existiert. Nach einer anderen Darstellung ist der Ausgang in die „andere Welt“ im Keller des Gebäudes versteckt. Einmal wagte sich ein junger Mann dorthin: 15 Minuten später kam er als alter Mann zurück. Man darf nicht um Mitternacht dorthin gehen. Es bestünde die Gefahr, dem Satan zu begegnen, der durch eine der Treppen in die irdische Welt hinabsteigt.
Eine andere Legende besagt, dass in der Rotunde geäußerte Wünsche in Erfüllung gehen. Ein Nutzer auf TripAdvisor schreibt: „...Die Akustik dort ist erstaunlich. Wenn man auf einer der Etagen gerade einmal flüstert, kann man jedes Wort auf der anderen Etage deutlich hören! Ja, ich habe mir etwas gewünscht. Der Wunsch ging sechs Monate später in Erfüllung, als ich wieder in St. Petersburg war...“.
Im 19. Jahrhundert baute der Kaufmann Brusnizyn ein Herrenhaus auf der Wassiljewski-Insel und bestellte bei der Einrichtung der Räume einen prächtigen Spiegel aus Italien für den Tanzsaal. Der Legende nach hing dieser Spiegel einst in der Gruft von Drakula.
Nach einiger Zeit bemerkten die Brusnizyns eine Regelmäßigkeit: Jedem, der in den Spiegel schaute, widerfuhr etwas Unheilvolles. Wer einfach krank wurde, hatte Glück. Einige verunglückten bei einem Unfall.
Die letzte Tragödie war der Tod der Enkelin des Kaufmanns, woraufhin der Spiegel entfernt wurde. Wo er jetzt hängt, ist unbekannt.
Die Revolutionärin Sofja Perowskaja war Mitglied der terroristischen Organisation „Narodnaja Wolja“, die 1881 einen Terroranschlag zur Ermordung von Zar Alexander II. verübte. Als der Zar mit einer Kutsche auf seiner üblichen Route unterwegs war, warf der Terrorist Nikolai Ryssakow eine Bombe unter die Räder, die jedoch ihr Ziel verfehlte.
Alexander II. tödlich verwundet
GemeinfreiDer Zar überlebte. Als er die Kutsche verließ und sich zu den Verwundeten begab, wurde das Attentat von einem anderen Teilnehmer des Anschlags, Ignatij Grinewizkij, vollendet. Er dem Zaren eine Bombe direkt entgegen. Alexander II. starb noch am selben Tag an seinen Verletzungen. Alle Terroristen wurden zum Tode durch den Strang verurteilt.
Sofja Perowskaja
GemeinfreiSophias Aufgabe während der Operation war es, verabredete Zeichen zu geben, indem sie mit einem weißen Taschentuch winkte. Die Legende besagt, dass Sophias Geist in der Nacht zum ersten März auf der Brücke in der Nähe der Auferstehungskathedrale angetroffen werden kann. Sollte ein Passant das Pech haben, das Mädchen mit dem Taschentuch winken zu sehen, wird er ins Wasser fallen und sterben.
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