Am 4. April 1866 trat Alexander II. durch das Nordtor des Sommergartens in St. Petersburg. Einige Passanten schauten aus respektvoller Distanz zu, wie sich der Kaiser zu seiner Kutsche bewegte. Plötzlich löste sich aus der Menge ein Schuss, abgefeuert von Dmitri Karakosow. Der Bauer Ossip Komissarow wurde unfreiwillig zum Retter des Kaisers.
„Ich sah diesen Mann, der sich seinen Weg durch die Menge bahnte. Ich beobachtete ihn, hätte ihn aber fast vergessen, als der Kaiser auftauchte. Doch dann sah ich, dass er eine Pistole zog und auf den Kaiser zielte.“
Der Schütze wurde von der Menge überwältigt. Der Kaiser fragte ihn später: „Warum haben Sie versucht, mich zu erschießen?“ „Sie haben Ihr Volk getäuscht. Sie haben ihm Land versprochen, es ihm aber nicht gegeben“, antwortete Karakosow und bezog sich damit auf die Abschaffung der Leibeigenschaft im Jahr 1861, die aber bedeutete, dass die Bauern nun ihr Land vom Staat kaufen mussten.
Karakosow wurde vor Gericht gestellt und später im September 1866 hingerichtet, während der Retter des Zaren, Ossip Komissarow, in den Stand des Erbadels erhoben wurde.
Im Mai 1867 war Alexander II. mit seinen Söhnen Wladimir und Alexander, dem zukünftigen Alexander III., anlässlich der Weltausstellung in Paris. Eines Tages saßen sie gemeinsam mit Kaiser Napoleon III. in einer Kutsche, als der Pole Anton Beresowski in ihre Richtung stürmte und aus kurzer Distanz mit einer Pistole auf den Kaiser zielte.
Die Pistole explodierte jedoch, verletzte Beresowski an der Hand und die Kugel verfehlte ihr Ziel. Er wurde sofort verhaftet. In seinem Verhör sagte er, dass er den Kaiser für die Befreiung seines Heimatlandes Polen töten wollte. Zu dieser Zeit war Polen ein Teil des Russischen Reiches, und nur vier Jahre zuvor, 1863, war ein Aufstand gegen die russische Herrschaft niedergeschlagen worden. Beresowski verrichtete zur Strafe 40 Jahre lang Zwangsarbeit. 1906 wurde er freigelassen.
Am 2. April 1879 machte Kaiser Alexander II. wie jeden Tag einen Spaziergang um den Winterpalast. Er war ohne Wachen unterwegs. Auch nach zwei Anschlägen auf ihn pflegte er diese Gewohnheit weiter.
Am Moika-Damm wurde der Kaiser aus zwölf Schritten Entfernung von dem Adligen und pensionierten Beamten Alexander Solowjow beschossen. Er war Mitglied der revolutionären Organisation „Semlja i Wolja“ („Land und Freiheit“), aus der später die terroristische Vereinigung „Narodnaja Wolja“ („Volkswille“ bzw. „Volksfreiheit“) hervorging. Der erste Schuss verfehlte den Kaiser und er musste um sein Leben rennen.
Solowjow verfolgte ihn über die Straße und gab zwei weitere Schüsse ab. Nach dem dritten Schuss holte ein Gendarm Solowjow ein und schlug ihn mit einem Säbel so hart, dass sich die Klinge bog! Trotzdem gelang es Solowjow, einen weiteren Schuss abzugeben. Einen fünften Schuss feuerte er in die Menge, die seine Verfolgung aufgenommen hatte.
Solowjow wurde nur drei Tage später in St. Petersburg gehängt. Etwa 70.000 Menschen beobachteten die Hinrichtung.
Die Mitglieder von „Narodnaja Wolja“ planten 1879, den Zug der kaiserlichen Familie, mit dem sie und ihre Entourage vom Urlaub auf der Krim über Moskau zurück nach St. Petersburg zu reisen pflegte, in die Luft zu sprengen. Der Zug des Kaisers folgte dem der Entourage etwa 30 Minuten später.
Die Terroristen legten drei Bomben auf der Zugstrecke aus: die erste in der Nähe von Odessa, die zweite in der Nähe von Alexandrowsk in der Region Saporoschje (Ukraine), die dritte in der Nähe von Moskau. Der Zug änderte jedoch die Richtung und fuhr nicht durch Odessa. Die zweite Bombe in Alexandrowsk erwies sich als Blindgänger.
In Charkow setzte sich aufgrund technischer Probleme des Zuges der Entourage der Zug mit dem Kaiser an die Spitze. Das wussten die Terroristen nicht. Also ließen sie den ersten Zug passieren und warteten auf den zweiten. Am 19. November explodierte die Bombe unter dem vierten Wagen des zweiten Zuges. Der falsche Zug! Anstelle des Kaisers wurde nur das Obstlager gesprengt. Glücklicherweise gab es keine Toten.
Die „Narodnaja Wolja“ gab nicht auf und wollte den Kaiser nun im Winterpalast ermorden. Im September 1879, noch vor dem gescheiterten Anschlag auf den Zug, bewarb sich der Bauer Stepan Chalturin, ein revolutionärer Propagandist, als Zimmermann im Palast. So bekam er eine Unterkunft im Keller des Palastes. Unbemerkt von der Palastwache trug er dort bis Februar 1880 etwa 32 Kilo Dynamit zusammen.
Am 5. Februar 1880 zündete Chalturin den Sprengstoff, zwei Ebenen unterhalb des Speisesaals, in dem der Kaiser mit Prinz Alexander von Hessen zu Abend essen sollte. Aber der Prinz hatte sich verspätet, was Chalturin nicht wusste. Durch die Explosion kamen elf Wachleute ums Leben, 56 weitere Personen wurden verletzt. Der Kaiser und seine Familie blieben unversehrt. Chalturin konnte fliehen.
* * *
Es gab noch zwei weitere, ebenfalls erfolglose, Versuche, Alexander II. zu ermorden. Einmal verpasste der Attentäter den richtigen Zeitpunkt, eine unter einer Brücke platzierte Bombe rechtzeitig zu zünden, als Alexanders Kutsche diese passierte.
Alexander II.
Getty ImagesDer nächste gescheiterte Versuch sollte am 1. März 1881 stattfinden - die Terroristen schufen einen unterirdischen Durchgang unter der Straße, über die die Kutsche des Kaisers fahren sollte, und wollten eine Mine platzieren. Doch die Kutsche nahm eine andere Strecke. Diesmal erfuhren die Terroristen rechtzeitig davon und beschlossen, den Kaiser mit Handgranaten anzugreifen. Diesmal scheiterte das Attentat nicht.
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