Das Butterbrot: Ein russisches Phänomen

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Die Russen haben ihre eigene Art, belegte Brote zuzubereiten. Es gibt eine ganz besondere russische Butterbrotkultur.

Sandwich, Burger, Panini, Bruschetta, Croque-Monsieur, Smörrebröd ... es scheint, dass alle nationalen Küchen ihre eigene Version von Brot haben, das mit einer Vielzahl von Füllungen und/oder Toppings serviert wird. Auch die Russen kennen das: es ist das Butterbrot. 

Russen essen es sowohl zum Frühstück als auch zum Mittag- und Abendessen, als Snack und als Festspeise. Sie geben es Kindern mit in die Schule und schimpfen gleichzeitig mit denen, die nur Butterbrote essen, da dies nur „trockenes“ Essen sei. Dies ist die Geschichte von der Hassliebe zu einem Stück Brot mit Belag. 

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Wie kam es dazu, dass die Russen ein traditionelles Gericht mit einem deutschen Namen haben? Diese interessante Frage erfordert eine Betrachtung des historischen Kontexts. 

Russland war aufgrund riesiger Weizenvorräte immer eine „Brotnation“, und wir haben immer viel Brot gebacken. Zu jeder Mahlzeit gab es Brot, und ein weit verbreitetes Sprichwort sagt: „Brot ist der Stab des Lebens“. Eine große Scheibe Brot ist eine Wegzehrung oder ersetzt ein Mittagessen. 

Seit der Zeit von Peter dem Großen, als vieles, was deutsch war, nach Russland kam, entstand auch die Gewohnheit, Brot zu belegen. In wohlhabenderen Haushalten wurde zum Brot ein Teller mit verschiedenen Belägen gereicht: gebackener Schinken, geräucherter Lachs, Kaviar. Normalerweise diente dies als Vorspeise zu einem kräftigen Getränk, damit die verfrorenen Gäste ein wenig warm wurden. 

Seit wann existiert das Wort „Butterbrot“ im Russischen? 

Eine wörtliche Übersetzung von Butterbrot lautet einfach „Butter & Brot“. Das Wörterbuch des späten 19. Jahrhunderts besagt, dass Butterbrot ein Fremdwort ist, das in die russische Sprache eingegangen ist, und erwähnt, dass Butterbrot ein Stück Brot mit Butter, Käse, Schinken oder anderen Belägen ist. 

Eine entscheidende Wendung in der Geschichte des Butterbrots in Russland ereignete sich Ende des 19. Jahrhunderts und dreht sich eigentlich um die Butter. Damals trat auch das Butterbrot seinen russischen Siegeszug an. 

Zuvor produzierten die Russen nur „geklärte Butter“, die aus im Ofen gebackener Milch hergestellt wurde ... (lesen Sie hier mehr über dieses russische Phänomen). Sie wurde hauptsächlich zu Brei gegeben oder zum Kochen verwendet. Normale Butter wurde im russischen Reich aus Finnland importiert und war nicht für den Massenverbrauch bestimmt. Im späten 19. Jahrhundert begannen die Russen, ihre eigene Butter zu produzieren - die erste Fabrik entstand in Wologda (Wologda-Butter ist noch immer eine bekannte Marke).

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Der sowjetische Einfluss 

Tatsächlich war es während der Sowjetzeit, als dieser nahrhafte und schmackhafte Snack zu einem weit verbreiteten kulturellen Phänomen wurde. Die Sowjetbehörden taten alles, um den Hausfrauen das Leben zu erleichtern, und so wurde das Butterbrot, das schnell zubereitet war, zum Frühstück, zum Mittagessen und sogar zum Tee am Abend empfohlen. 

Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitstag in der Fabrik beginnt um 6 Uhr morgens. Das einzige, was Sie zum Frühstück bekommen, ist ein Stück Brot und eine Scheibe Käse oder Schinken (auch ohne Butter). Oder wenn Sie keine Zeit zum Mittagessen haben, gibt es wieder ein Butterbrot als schnelle Zwischenmahlzeit. Stellen Sie sich zum Schluss ein ungemütliches Wochenende vor. Sie haben keine Lust zu Kochen, aber zum heißen Tee, den Sie genießen wollen, fehlt Ihnen dann doch etwas. Also gibt es … eine Scheibe Brot und dazu einen Löffel Marmelade aus Pflaumen, Äpfeln oder schwarzen Johannisbeeren aus dem Garten. Lecker!

Ein Bild aus dem beliebten sowjetischen Film „Die Mädchen“ 

In der Sowjetunion gab es hauptsächlich zwei Brotsorten: Weißbrot und Schwarzbrot. Weißbrot war universell und für alle Arten von Belägen geeignet, während Schwarzbrot üblicherweise mit Schinken, Wurst oder Fisch gegessen wurde.

Interessanterweise aßen die Sowjetbürger Käse immer auf einem Butterbrot. (Ok, sie fügten es auch Makkaroni oder anderen Mahlzeiten hinzu und kochten den Käse sogar). Aber ein Stück Käse zu einem Glas Wein ohne Brot? Unvorstellbar in der Sowjetunion. Es gab nicht viele Käsesorten. Kein Parmesan oder Mozzarella und schon gar keine exklusiveren Sorten. 

Das wichtigste sowjetische und zeitgenössische russische Butterbrot zu Feiertagen besteht aus Brot, Butter und Kaviar. Eine andere „ausgefallene“ Idee ist es, das Butterbrot mit geräuchertem Stör oder gesalzenem Lachs sowie mit einem Stück Zitrone zu belegen!

Ein Servierbeispiel für Butterbrote aus der sowjetischen Kochbibel „Das Buch der schmackhaften und gesunden Küche“

Seit der Sowjetzeit werden Butterbrote auch in allen Kantinen und am Buffet im Theater serviert. Die Beläge reichen von sehr billigem Käse über geräucherte Wurst oder Schinken bis hin zu teuren Kaviar- oder Fischbutterbroten. Ein Abend im Theater ist ein guter Grund, sich solche Delikatessen zu gönnen.

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