Richtig speisen: Warum ein Butterbrot für Russen keine Mahlzeit ist

Legion Media; Russia Beyond
Alle Arten von Brot und Backwaren sind in Russland sehr beliebt. Sie könnten jedoch niemals eine vollwertige Mahlzeit ersetzen.

Ein warmes, knuspriges Brötchen mit Schinken zum Frühstück, ein Thunfischsandwich zum Mittagessen und Pizza zum Abendessen - während dies für viele Europäer und Amerikaner normal sein mag, sind diese Essgewohnheiten für einen Russen unangemessen und unmöglich zu verstehen. Natürlich essen wir auch in Russland Sandwiches und Pizza, aber das gilt bei uns nicht als richtige Mahlzeit. 

Vermeiden Sie „trockene“ Nahrung 

Es gibt traditionell viele Backwaren in der russischen Ernährung, und die Leute backen immer noch alle Arten von Brot, Kuchen und Torten zu Hause. Noch heute haben die Russen die Angewohnheit, zu allem Brot zu essen. Und doch sagen sie oft, Brot sei „kein Essen“. Seltsam? Eigentlich gar nicht, wenn man darüber nachdenkt.

Tatsächlich halten es die Russen für schädlich, ausschließlich Brot oder, wie Ihre Babuschka es ausdrücken würde, „trocken“ zu essen, d.h. ohne Flüssigkeit. Die „Flüssigkeit“ kann entweder eine Suppe oder ein Brei sein. Viele Russen glauben immer noch, dass der Verzehr von Brot pur Gastritis und Magengeschwüre verursacht und verstehen daher einfach nicht, warum zum Beispiel Italiener nach einer Pizza keinen Tee trinken oder warum amerikanische Kinder angeblich so viele Hamburger essen.

Dahinter steckt die Vorstellung, dass der Körper viel Zeit braucht, um solche Speisen zu verdauen, was träge macht. Es ist besonders schädlich, wenn eine solche „trockene Mahlzeit“ auch noch hastig verzehrt wird. Ist es denn auch zu viel verlangt, sich 20 Minuten Zeit für ein Mittagessen zu nehmen? 

In der russischen Küche werden Suppen immer mit Brot serviert ... oder wird Brot mit Suppe serviert? Borschtsch kommt mit einem Pampuschka-Brötchen, Schtschi (Kohlsuppe) mit Roggenbrot. Wenn sie unterwegs sind, nehmen viele Russen ein Brötchen mit und Kefir. Selbst in den Kantinen in Geschäftszentren in Großstädten essen die Menschen oft Brei und eine Scheibe Brot mit Butter zum Frühstück.

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Sandwiches sind nicht nahrhaft  

Moderne Ernährungswissenschaftler streiten sich regelmäßig darüber, ob Brot schädlich ist oder nicht. Es hat viele Kalorien, Gluten und ist mit schnellen Kohlenhydraten überfachtet, die sich rasch in Fett verwandeln. Natürlich gibt es für Menschen mit einer bestimmten Diät Brotsorten, die ohne Hefe und aus glutenfreiem Mehl hergestellt werden. Aber der Durchschnittsbürger konsumiert immer noch gewöhnliches Brot mit etwas Wurst (die ebenfalls eine ellenlange Zutatenliste hat). Sandwiches sind nicht besonders vollwertig. Gleiches gilt für Hamburger, Pizza und industriell hergestelltes Gebäck. Diese „Lebensmittel verdienen diese Bezeichnung eigentlich gar nicht, denn sie versorgen den Menschen nicht mit notwendigen Vitaminen und Mineralstoffen.  

In Russland wurde die Frage, ob Brot der Figur schadet, erst kürzlich diskutiert. Selbst in einer berühmten therapeutischen Diät für Diabetiker („Tabelle Nummer 9“ gemäß der Klassifikation von Arzt Manuel Pevsner) wurde den Menschen empfohlen, jeden Tag 300 Gramm Brot (!!!) aus Roggenmehl oder Kleie zu konsumieren, wenn auch ohne Butter. Diese Diät wurde in den 1920er Jahren entwickelt und wird auch heute noch oft empfohlen. 

Oh, Sie können wohl nicht kochen?  

Eine Scheibe Brot mit Wurst- oder Käseaufschnitt ist natürlich eine der einfachsten und schnellsten Optionen für eine Mahlzeit. Aber wenn ein Russe „nur“ Sandwiches isst, vermutet sein Umfeld, dass er nicht kochen könne oder dass er niemanden habe, der sich um sein Wohlergehen kümmert oder, dass es ihm schlecht geht. Alle Schlussfolgerungen sind düster. 

Sicher, es ist durchaus möglich, sich morgens ein paar Sandwiches zu machen, wenn es einmal schnell gehen muss. Doch die Russen glauben fest an ein „richtiges“ Mittagessen. Dies sollte aus einem ersten Gang (Suppe), einem Hauptgang (Fleisch und eine Beilage) und einem Dessert bestehen, das als „dritter Gang“ bezeichnet wird und beispielsweise eine Tasse Tee und etwas Süßes dazu sein kann. Zum Abendessen könnte es entweder eine Suppe oder ein Hauptgericht mit Brot geben, aber niemals Brot ohne etwas anderes. Wenn Sie also das nächste Mal einen Russen fragen: „Wie wäre es, wenn wir Pizza zum Abendessen bestellen?“, wundern Sie sich nicht, wenn Sie als Antwort bekommen: „Ja, können wir machen. Aber was wird es zu essen geben?“ 

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