Leser geben Antwort: Wie gut schmeckt russisches Essen?

Legion Media; Russia Beyond
Die Welt liebt ohne Frage italienisches, griechisches und spanisches Essen. Die russische Küche hingegen sorgt oft für Naserümpfen. Ist der schlechte Ruf gerechtfertigt? Wir haben unsere Leser auf „Quora“ gebeten, Russlands Speisekarte zu bewerten.

Schwer, ohne Geschmack und mit extra Mayo. Das sind die Hauptkritikpunkte von Ausländern an der russischen Küche. Wir schauen genauer hin. 

Sowjetische oder russische Küche? 

Nach der Revolution von 1917 musste die Sowjetregierung die vielen Arbeiter ernähren, die von den Dörfern in die Städte zogen. Die neue herrschende Klasse, das Proletariat, war mit dem Aufbau des Kommunismus beschäftigt und hatte nicht viel Zeit zum Kochen.

Die Sowjetregierung „entwickelte ein Kantinensystem, das neue Rezepte benötigte, um effizient zu funktionieren. Diese Rezepte bedeuteten in den meisten Fällen eine Vereinfachung zur Kostensenkung und Popularisierung der Mahlzeiten. Ein Beispiel dafür ist der Olivier-Salat, der ursprünglich mit sehr hochwertigen Zutaten bereitet wurde“, sagt ein Internetnutzer, der sich Koljan Bratanow nennt. 

In einer sowjetischen Kantine, Toljatti, 1981

„Viele Gerichte erfordern einen klassischen russischen Ofen und Zutaten, die früher reichlich vorhanden waren, jetzt aber sehr teuer sind - wie Stör. Viele zweifelhafte Zutaten wurden zur Norm und fanden Eingang in zu viele Gerichte (ich sage nur Mayonnaise … )“, schrieb Witali auf „Quora“. 

Heute umfasst die russische Küche traditionelle Rezepte (sowohl einfache als auch solche, die am Zarenhof serviert wurden), sowjetische Gerichte und eine sich dynamisch entwickelnde moderne russische Küche. 

„Weil Russland ein so großes Land ist, ist das Essen regional sehr unterschiedlich, ähnlich wie in den USA. Als ich meinen russischen Ehemann heiratete und so die georgische, sibirische, usbekische und tatarische Küche entdeckte, begann ich, die Vielfalt der russischen Küche zu schätzen“, berichtet Lug Gawrilow. 

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Begrenzte Zutaten 

„Es gibt nur ein schmales Fenster, in dem Sie frisches saisonales Gemüse und Obst kaufen können. Restaurants beziehen weniger frische Produkte, sondern planen mit eingelegten und anderweitig konservierten Lebensmitteln“, weiß Nick Barlow.  

„Ich habe zwei Jahre in Moskau gelebt und Joghurt, Hüttenkäse und Quarkgebäck sehr gerne gegessen“, verrät uns Tijana Gluschats. „Ich habe in Russland Fisch geliebt - gesalzen oder geräuchert, gebraten, gekocht und natürlich Kaviar. Was ich wirklich gehasst habe war, dass frisches Obst und Gemüse in Moskau kaum zu finden waren, sowohl in Restaurants als auch in Supermärkten.“ 

Geschmacklos? 

„Meine Geschmacksknospen sind an die scharfe mauritische Küche gewöhnt“, schreibt Maja Rana. „Daher hat es einige Zeit gedauert, sich an die russische Küche zu gewöhnen. Nachdem ich sechs Jahre als Studentin in Moskau in der UdSSR verbracht habe, koche ich inzwischen sehr gerne russisches Essen. Meine Favoriten sind Borschtsch, Bliny, Pelmeni, Piroggen, Käse, Stolitschnij-Salat, Kaviar, Kolbasa und Wodka, Eis, russische Marmelade und natürlicher Saft (Kompot). Alles hat einen einzigartigen Geschmack. Ich mag es.“ 

Pradeep Koonath hat folgendes zum Thema Gewürze zu sagen: „Die früheren russisch-sowjetischen Lebensmittelprodukte (in der Zeit von 1980 bis 2000) waren gut und die Qualitätskontrolle der Lebensmittel war ausgezeichnet. Doch in der russischen Küche wurde wenig experimentiert. Gewürze kamen selten zum Einsatz, insbesondere exotische Gewürze und Kräuter aus dem Mittelmeerraum oder tropischen Gebieten. Heute hat sich das Bild geändert. Die Russen nutzen alle Arten von Gewürzen und Kräutern von überall her.“

„In Amerika sind wir an fade Lebensmittel gewöhnt, die eingelagert wurden. Das heißt, wir verwenden viel Zucker, Salz und Gewürze, um Geschmack daran zu bringen. In Russland ist das anders. Obst und Gemüse aus dem Garten, Rindfleisch von Kühen auf der Weide und Freilandhühner brauchen keine besonderen Zutaten. Ihre natürlichen Aromen stehen im Vordergrund“, kommentierte Marae Bailey bei „Quora“. 

Russische Restaurants im Ausland 

Matrioshka-Restaurant in Melbourne, Australien

„Es gibt einen großen Unterschied zwischen russischer Hausmannskost und Restaurantküche“, hat Phan Nguyên Hạnh festgestellt. „Während die russische Hausmannskost ein Genuss ist, kann der Imbiss auf der Straße schnell enttäuschen. Wenn die Russen diese Qualität ihrer häuslichen Küche im Ausland umsetzen würden, würden viele Menschen erstaunt sein.“ 

„Ich hatte russisches Essen sowohl hier in den USA als auch in Russland. Ich denke, dass russisches Essen in den USA ein negatives Image hat, da in unserer nationalen Psyche Angst und Misstrauen gegenüber Russland tief verankert sind. Auch die Art und Weise, wie das Essen präsentiert wird, entspricht nicht den Erwartungen oder Wünschen der Amerikaner“, erklärt Daniel Glenn. 

„Was die russische Küche im Ausland betrifft, denke ich wirklich, dass sie neu erfunden werden sollte“, stimmt Tijana Gluschats zu. 

„Viele russische Gerichte basieren auf frischen regionalen Zutaten wie verschiedenen Pilzen, Beeren, Kräutern und besonderen Fischsorten. Die gibt es in den russischen Wäldern und Seen, jedoch nicht in Berlin oder Manchester“, sagt Koljan Bratanow. 

Ist russische Küche gleich gute Küche? 

„Ich liebe russisches Essen wegen seiner Bodenständigkeit. Es ist gesund und weitgehend frei von Zusätzen“, schwärmt Walter J. Jacques. 

„Ich war sehr angenehm überrascht, wie gut das Essen in Russland war, als ich vor ein paar Jahren dort war. Die Milchprodukte sind hervorragend. Die Pelmeni mit frischen Kräutern und dickem Sauerrahm oder karamellisierten Zwiebeln schmecken großartig. Oder auch Salo!  Und Okroschka, meine Güte! Heißer und kalter Borschtsch, unglaublich! Sibirische Zedernnüsse mit Tee! Westler finden das russische Essen schwer und fad. Vielleicht war es in der Vergangenheit so, aber ich habe noch nichts schlechtes gegessen“, zeigt sich Quin Marshall begeistert.

„Einige Dinge sind zu seltsam für Menschen aus anderen Ländern, wie Salo, Wobla und Okroschka. Andere sind zu fettig, aber nach sechs Jahren in Russland sehne ich mich manchmal nach einer Schüssel Borschtsch mit Borodinski-Brot und Rjaschenka oder den Pelmeni aus der Mensa der Moskauer Staatsuniversität“, gibt Isabel Blondet zu. 

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