Über zehn Jahre schon kämpft die russische Regierung um die Diversifikation des russischen Außenhandels, um ihre Abhängigkeit vom Öl- und Gasgeschäft zu senken. Das gelingt bisher eher mit mäßigem Erfolg. Die Brennstoffe stellen nach wie vor über die Hälfte des russischen Exports. Aber auch andere Güter erobern langsam die internationalen Märkte.
Zar Alexander III (Regierungszeit 1881 bis 1894) sagte einmal: "Russland hat nur zwei Verbündete: seine Armee und seine Flotte."
Damit war gemeint, dass sich Russland letzlich immer nur auf seinen eigenen Kräfte verlassen könne und dürfe.Die Aussage wurde zum geflügelten Wort, oft auch Grundlage für derbe Scherze. Heute dürften Armee und Flotte Gas und Öl ersetzen, sind sie doch die wichtigsten Exportgüter aus Russland auf dem Weltmarkt.
Nach Angaben des Russischen Exportzentrums (REZ) für das Jahr 2016 spielen Kohlenwasserstoffe die mit Abstand größte Rolle: also Öl, Gas und deren weiteren Produkte. Sie stellten 62 Prozent des Jahresexports dar und überflügelten damit weit alle anderen Exportprodukte. mit Kohlenwasserstoffen erwirtschaftete Russland im letzten Jahr insgesamt 176 Milliarden Dollar. Der Gesamtexport brachte 285 Milliarden Dollar.
Öl und Gas: Fluch oder Segen?
Und dieser Wert ist keineswegs eine Ausnahme: Öl und Gas stehen seit Jahrzehnten an der Exportspitze Russlands. Logisch, denn Russland verfügt weltweit über die größten Vorräte natürlichen Gases (24 Prozent der weltweiten Reserven) und liegt auf dem sechsten Platz, wenn es um das vorhandene Öl geht (6,1 Prozent der weltweiten Vorkommen).
Gleichzeitig aber macht diese Öl-Gas-Vormacht dem russischen Staat durchaus auch Probleme:
1. Der Staat ist abhängig von den Schwankungen der Öl- und Gaspreise. So hat das REZ für 2016 auch ein Minus im Vergleich zum Vorjahr festgestellt (58 Milliarden Dollar). Grund dafür waren die schweren Einbrüche der Ölpreise Anfang des Jahres. Erst nachdem die OPEC-Staaten, darunter auch Russland, im September die Ölförderung limitierten, gingen die Preise wieder etwas nach oben. Für das Jahr 2017 erwarten Experten darum einen Anstieg der Einnahmen. Aber völlig kann der Markt vor diesen Schwankungen auf dem Öl- und Gasmarkt nicht beschützt werden.
2. Aufgrund der zunehmenden Beliebtheit alternativer Energiequellen ist gegenwärtig unklar, wie stabil der auf Kohlenwasserstoffen aufbauende Wohlstand letztlich wirklich sein wird. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte zwar 2016, es sei noch zu früh für ein Ende der Kohlenwasserstoff-Ära. Die Abhängigkeit des Landes von Öl und Gas aber sieht die Regierung dennoch als ungünstig bis schädlich an. Aber, so meinen Experten wie der ehemalige Finanzminister Alexej Kudrin, in den nächsten zehn Jahren werde sich das wohl kaum ändern.
Metalle, AutosundWaffen
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Direkt an zweiter Stelle nach den Kohlenwasserstoffen stehen in der Exporthitliste Russlands die Metalle. Sie stellen zehn Prozent der im Ausland verkauften Güter dar. Vor allem handelt Russland mit Aluminium und dessen Legierungen. Laut einer Statistik des REZ bestellten sie immerhin 4,6 Prozent der exportierten nicht brennbaren Waren, die Russland 2016 exportierte. Ebenso aktiv verschifft Russland auch halblegierten Stahl, Kupfer und Nickel.
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Außerdem verkauft Russland natürlich auch fertig verarbeitete Produkte. Dazu gehören vor allem Fahrzeuge und Ausrüstung. Diese beiden Branchen bestritten im letzten Jahr immerhin 7,3 Prozent des russischen Exports. An erster Stellen stehen Motoren, direkt danach kommem Nuklearreaktoren und Pkws. Zu letzteren gehören nicht nur die Produktionsreihen des russischen AvtoVAZ, sondern auch Fahrzeuge, die in Russland unter Lizens zusammengebaut werden: Volkswagen, Renault u.a.
Eine Sonderstellung im russischen Export nimmt die Rüstung ein. Schon zu Sowjetzeiten vertieb Russland seine Waffen und Rüstungstechnik immer gern an Interessierte in aller Welt. Laut Premier Dmitrij Medwedjew brachten die Waffenverkäufe Russland 2016 15 Milliarden Dollar ein. Seit fünf Jahren schon ist Russland laut einem Bericht des Stockholmer internationalen Friedensforschungsinstits (SIPRI) der weltweit zweitgrößte Waffenexporteur nach den USA und trägt 23 Prozent des Rüstungshandels der Welt. Zusammen vertreiben die beiden Atom-Großmächte USA und Russland übrigens über die Hälfte aller Waffen auf dem Weltmarkt.
Könige des Getreides
Auf Fahrzeuge und Rüstung folgen dann bereits chemische (6 Prozent) und landwirtschaftliche Erzeugnisse (5,2 Prozent). Die russischen Politiker verbinden das immer wieder mit dem sogenannten "Sanktionskrieg" der letzten Jahre mit Europa. Russland investierte in seinen Agrarsektormit Fokus auf dem Weizen. Landwirtschaftsminister Alexander Tkatschjow wies bereits mehrmals darauf hin, dass Russland sich in den letzten Jahren an die Weltspitze im Weizenvertrieb vorarbeiten konnte. Allein im letzten Agrarjahr (Juni 2016 bis Juni 2017) hat Moskau über 27 Millionen Tonnen exportiert. Vor Russland liegen damit wieder einmal nur noch... die USA.