Schon im Mittelalter machten sich Russen auf der Suche nach wertvollen Pelzen auf den beschwerlichen Weg nach Norden. Für die Pomoren, russische Siedler an der Weißmeerküste, waren die arktischen Inseln ein ergiebiges Jagdrevier. 1499 wurde schließlich auch die erste russische Stadt in der Arktis gegründet, das heute verlassene Pustosersk.
Die erste russische Expedition in die sibirische Arktis hatte ebenfalls keinen Forschungshintergrund. Der Kosake Semjon Deschnew wurde ursprünglich auf die Halbinsel Tshukotka im äußersten Nordosten Russlands geschickt, um Walross- und Fischknochen zu sammeln. Tatsächlich fand er aber etwas aus heutiger Sicht viel wertvolleres: Die Meerenge zwischen Eurasien und Nordamerika, die heute als Beringstraße bekannt ist.
Ihren Namen verdankt sie dem Entdecker Vitus Bering. Dieser wurde im 18. Jahrhundert von Peter dem Großen in die Arktis gesandt, um eine detaillierte Karte von Russlands Arktis und ihren Küsten, Inseln und Flüssen anzufertigen. Die Reisen von Bering sowie von Semjon Tscheljuskin und den Gebrüdern Laptew in der Zeit von 1734 bis 1743 werden heute auch als die Große Nordexpedition bezeichnet. Möglich geworden war diese Expedition durch die gezielte Flottenpolitik des Zaren, durch die Russland eine der schlagkräftigsten Seemächte Europas wurde.
Doch auch andere europäische Mächte begannen sich für die russische Arktis zu interessieren. Im Jahre 1873 entdeckten Österreicher zum Beispiel einen riesigen Archipel im Arktischen Ozean, den sie nach dem österreichisch-ungarischen Kaiser benannten. Bis heute heißt die Inselgruppe Franz-Josef-Land.
Spätestens ab dem 19. Jahrhundert wollte Russland die Arktis jedoch nicht mehr nur erforschen, sondern auch wirtschaftlichen Nutzen aus ihr ziehen. Um auch im Winter Schifffahrt im hohen Norden betreiben zu können, entwickelte man 1899 den ersten Eisbrecher, die Jermak. Kurz vor dem Ende des Zarenreiches, 1916, wurde schließlich auch Murmansk gegründet, heute die wichtigste Stadt im russischen Norden. Die Regierung tat alles, um Menschen dazu zu bewegen, in die Arktis zu ziehen.
Nach der Oktoberrevolution setzen die Sowjets die Arktispolitik der Zaren nahtlos fort. 1932 unternahm Otto Schmidt mit einem Eisbrecher die erste direkte Reise entlang der russischen Nordküste von Europa nach Asien. Die Eisbrecher schufen eine eisfreie Spur, in der auch gewöhnliche Schiffe einige Wochen lang von Murmansk nach Wladiwostok fahren konnten.
1937 wurden zwei weitere Meilensteine für die Arktisforschung erreicht: Vom 18. bis zum 20. Juni 1937 gelang Walerij Tschkalow mit seinem Experimental-Langstreckenflugzeug des Typs AN-25 der erste Direktflug von der Sowjetunion in die USA. Dabei flog er unter anderem direkt über den Nordpol.
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Im selben Jahr entstand auch die erste Packeisforschungsstation im Arktischen Ozean. Insgesamt eröffnete die Sowjetunion 31 solcher Stationen, nach dem Fall der Sowjetunion kamen noch zehn weitere dazu.
Nach dem Zweiten Weltkrieg baute die UdSSR ihre Eisbrecherflotte weiter aus, unter anderem mit atombetriebenen Schiffen. 1977 erreichte ein sowjetischer Eisbrecher als erstes an der Oberfläche fahrendes Schiff überhaupt den Nordpol.
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Auch im Kalten Krieg spielten die eisigen Gewässer der Arktis eine große Rolle. Amerikanische und sowjetische U-Boote, teilweise auch solche, die mit Atomwaffen ausgestattet waren, lieferten sich gefährliche Katz-und-Maus-Spiele. Durch die Eisdecke waren die U-Boote nur schwer zu lokalisieren. Angesichts der schweren Bewaffnung eine tödliche Gefahr.
Der Kollaps der Sowjetunion und die darauffolgende Wirtschaftskrise waren ein schwerer Rückschlag für die russischen Ambitionen in der Arktis. Von 1991 bis 2003 war Russland kaum in der Arktis vertreten. Westliche Staaten sowie China, Japan und Indien nutzen diese Gelegenheit, um eine „Internationalisierung“ der arktischen Ressourcen zu fordern. Ihrer Meinung nach hätten die Bodenschätze der Region allen Ländern gleichermaßen zustehen sollen.
Insbesondere die anderen Arktis-Anrainerstaaten, Norwegen, Dänemark, die USA und Kanada, befinden sich in einem endlosen Konflikt mit Russland über die Aufteilung der rohstoffreichen Arktisregion.
Nicht zuletzt deswegen verfolgt Russland inzwischen wieder eine selbstbewusstere Arktispolitik. Um die Sicherheit der russischen Interessen in der Region sicherzustellen, richtete man vor einigen Jahren eine streitkräfteübergreifende Kommandantur für die Nordflotte ein, die auch als Arktis-Streitkräfte bekannt wurde.
Ein weiteres Symbol für die russischen Ambitionen im Norden war die Polarexpedition von 2007. Erstmals erreichten spezielle Tiefsee-U-Boote, Bathyscapen genannt, den Meeresgrund in der Nordpolregion. Um die Bedeutung der Arktis für Russland zu untermauern stellten sie in 4.302 Metern Tiefe sogar eine russische Flagge aus Titanium auf.