Waffen für einen Weltraumkrieg: Wie die Sowjetunion sich aufrüstete

Wissen und Technik
BORIS JEGOROW
Jahrzehntelang bereiteten sich die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion auf einen möglichen Weltraumkrieg vor. Dazu wurden von beiden Seiten dutzende Kampfstationen und Weltraumjägerprojekte entwickelt. Die meisten wurden am Ende jedoch nie umgesetzt.

Weltraumkampfflugzeuge

Als die Vereinigten Staaten in den späten 1950er Jahren mit der Entwicklung der Boeing X-20 Dyna-Soar begannen, beschloss auch die Sowjetunion, ein militärisches Weltraumflugzeug für zukünftige Kriege im Weltall zu bauen. Das Spiral-Projekt war geboren.

Das sowjetische Weltraumflugzeug sollte dabei von einem Flugzeugträger aus gestartet werden und in die Umlaufbahn eintreten. Dort würden die verschiedenen Typen des Flugzeugs dann eine Vielzahl von Aufgaben durchführen.

Ein Aufklärungsflugzeug sollte nach dem Erreichen von 130 Kilometern Höhe über dem Meeresspiegel Objekte in der Erdumlaufbahn und auf der Erde überwachen. Zu seinen Aufgaben sollte darüber hinaus auch die Übertragung von deren Zielkoordinaten an die Erde zählen.

Nach dem Erhalt dieser Informationen kämen Weltraumflugzeuge zum Einsatz, die mittels mit nuklearen Sprengköpfen ausgestatteter „Raum-Erde“-Raketen feindliche Objekte zerstören würden. Ihr Hauptziel sollten dabei feindliche Flugzeugträgerkampfgruppen sein. Selbst wenn die Rakete um 200 Meter abgewichen wäre, hätte sie das Ziel zerstört.

Zudem stand der Einsatz von Weltraumobjekt-Abfangjägern zur Debatte. Nahkampfabfangjäger sollten im Fall einer militärischen Auseinandersetzung die Ziele in der Umlaufbahn mit einer maximalen Entfernung von 30 Kilometern mithilfe von sechs selbstgesteuerten Raketen angreifen, während die Langstreckenabfangjäger für den Abschuss der feindlichen Raumfahrzeuge in einer Entfernung von bis zu 350 Kilometern zuständig gewesen wären.

Alternativ wurde im Rahmen des Spiral-Projekts geplant, die Weltraumflugzeuge mithilfe des wiederverwendbaren Raumschiffs Buran-B, dem sowjetischen Pendant des amerikanischen Raumtransporters, befördern zu lassen.

Heute kann man sich einen der frühen Prototypen eines Weltraumflugzeuges, die MiG-105-11, im Museum der Zentralluftwaffe in der Moskauer Region anschauen.

Weltraum-Kampfstationen

Das erste sowjetische Projekt für eine Raumstation trug den Decknamen „Diamant“, gefolgt von „Skif“ und „Kaskade“. Nach dem Eintritt in die Erdumlaufbahn sollten die Kampfstationen den Eindruck erwecken, für friedliche Zwecke bestimmt zu sein, bis sie vom Militär benötigt würden.

Zu den Aufgaben der sowjetischen Raumstationen gehörten vorrangig die Zerstörung feindlicher Raumfahrzeuge und Interkontinentalraketen sowie die Eliminierung wichtiger Marine-, Boden- und Luftziele.

Der Hauptunterschied zwischen den Stationen sollte in der Art der Waffen bestehen, die man dort einsetzen würde. Während bei der „Kaskade“-Station Raketen zum Einsatz kämen, die die Ziele in der niedrigen Erdumlaufbahn (bis zu 2 000 Kilometer über dem Erdäquator) treffen sollten, würde die „Skythen“-Station mit einer Laserwaffe für die Ziele in der mittleren (über 2 000 Kilometer über dem Erdäquator) und in der geostationären Umlaufbahn (35 786 Kilometer) zuständig sein. Daneben sollten die nicht-militärischen Stationen mit einer dort angebrachten Nudelman-Richter NR-23-Maschinenkanone geschützt werden. Später würde sie dann durch futuristische Weltraumraketen ersetzt werden, die am Ende jedoch nie gebaut wurden.

Satellitenkämpfer

Während des Kalten Krieges galt die Zerstörung feindlicher Satelliten als eine der wichtigsten Aufgaben im Falle eines möglichen Weltraumkrieges. Eine Möglichkeit sie abzuschießen war der Gebrauch ballistischer Raketen, die von Bodenstationen, Kriegsschiffen und Flugzeugen aus gestartet werden konnten. Dazu arbeiteten die sowjetischen Ingenieure an der Entwicklung des Narjad-Weltraumschutzsystems und der Antisatellitenraketen für die MiG-31-Flugzeuge. Beide Projekte wurden allerdings nie vollendet.

Eine andere von der Sowjetunion bevorzugte Art und Weise die feindlichen Satelliten auszuschalten, war es, diese mithilfe von speziellen Satellitenjägern außer Gefecht zu setzen. Die Satellitenjäger sollten dazu in die Erdumlaufbahn entsendet werden und beim Zusammentreffen mit dem feindlichen Objekt einen Schrapnell-Sprengkopf abfeuern, um dieses zu zerstören. Die entstehende Explosion hätte dabei eine Reichweite von bis zu einem Kilometer gehabt.

Im Gegensatz zu den meisten anderen militärischen Weltraum-Projekten wurde die Entwicklung des Satelliten-Jagdprogramm 1979 erfolgreich abgeschlossen. Im Jahre 1993 wurde es eingestellt.

Waffen für Kosmonauten

Die Sowjetunion entwarf nicht nur Weltraumfahrzeuge, sondern auch Waffen für ihre Kosmonauten. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist die Dreifachpistole TP-82. Da Schusswaffen im Weltraum nicht eingesetzt werden durften, sollte die Pistole, falls nötig, den Kosmonauten nach der Landung beim Schutz vor Wildtieren zur Verfügung stehen.

Darüber hinaus entwarfen sowjetische Ingenieure für den Fall eines Weltraumkrieges eine Laserpistole, die sich im Rumpf eines Raumfahrzeugs befand. Die halbautomatische Maschinenpistole machte von der pyrotechnischen Blitzlampentechnologie Gebrauch, um einen Strahl zu projizieren und die optischen Sensoren der feindlichen Raumfahrzeuge auszuschalten. Ebenso sollte sie in der Lage sein, einen Menschen auf eine Entfernung von 20 Metern zu blenden. Der einzige Prototyp dieser Waffe ist heute im Museum der Akademie der strategischen Raketentruppen Peter des Großen in Moskau zu sehen.

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