Algorithmus-Panne: Facebook kategorisiert russische Nutzer als „Verräter“

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Facebook ist bekanntlich immer für einen Skandal gut. Jetzt hat es 65 000 Russen getroffen, die von den Facebook-Algorithmen als „potenzielle Verräter“ eingestuft wurden. IT-Experten halten das Ganze jedoch für lächerlich.

Im Juli bezeichnete Facebook Tausende russische Nutzer als potenzielle Verräter. Das Unternehmen sagte, die Kategorie habe eine rein „historische Bedeutung“, entfernte sie später jedoch nach Forderungen von Journalisten. Es war allerdings zu spät, um die Welle an Kritik gegen die Werbepraktiken von Facebook in Russland zu stoppen.

Das soziale Netzwerk stellt keine Nutzerdaten für Werbetreibende zur Verfügung, wenngleich sie durch die Facebook-Werbetools jedoch leicht zugänglich sind. Unter Verwendung der erstellten Kategorie könnte ein Dritter eine Werbekampagne ausschließlich für „potenzielle Verräter“ betreiben.

„Unternehmen erhalten keine persönlichen Informationen über Sie“, bestätigt Facebook. „Und Sie werden nur aufgrund ihrer Aktionen, die Sie online tätigen, und nicht wegen Ihrer persönlichen Eigenschaften einbezogen.“ Zum Beispiel ist „Homosexualität“ gemäß dem sozialen Netzwerk eine weitverbreitete Kategorie mit vielen legitimen Anwendungen.

Wiktor Lempizki, Dozent am Zentrum für computergestützte und datenintensive Wissenschaft und Technik am Skolkowo-Institut für Wissenschaft und Technologie, sagte gegenüber Russia Beyond, dass der Skandal lächerlich sei.

„Facebook ist ein sehr gutes Instrument, um Interessen zu prognostizieren und zu identifizieren. Es ist gut darin, Gruppen zu identifizieren, aber die Namen für diese Gruppen zeichnen sich durch eine einzige kennzeichnende Bedingung aus“, sagte Lempizki, der zuvor als Forscher in verschiedenen Einrichtungen gearbeitet hat, darunter die Universität Oxford und das Forschungslabor „Microsoft Research Cambridge“.

„In dieser Situation beschrieben die Algorithmen die Nutzer höchstwahrscheinlich durch einen nicht bestimmten Vektor in einem multidimensionalen Raum. Für Facebook besteht die Hauptaufgabe darin, zu verstehen, dass diese Personen eine gewisse Ähnlichkeit innehaben, um sie dann zu einer Gruppe für zielgerichtete Werbung zu vereinen.“

Laut Lempizki verwendet Facebook einen sehr einfachen Algorithmus, um einer Gruppe einen zufälligen Namen zuzuweisen. „Dadurch können diese seltsamen Dinge eben passieren“, schloss er.

Ein weiterer aktueller Datenskandal betrifft (eng) den russischen Technologiegroßkonzern Mail.ru Group. Als App-Entwickler konnte das Unternehmen auf Nutzerinformationen von Facebook zugreifen, darunter Namen, Geschlecht, Geburtstag, Aufenthaltsorte und vergebene „Gefällt mir“.

Die meisten Nutzer kamen aus Russland, nur etwa zehn Prozent kamen aus den Vereinigten Staaten. Nach den Gesetzen des Landes können ihre Daten den russischen Geheimdiensten auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.

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