Wenig Chancen für Google: Russland wird von nationalen Giganten Yandex und VKontakte beherrscht

Natalja Nosowa
Russland hat seine eigenen Technik- und Lifestylegiganten, die Google und Facebook erfolgreich Konkurrenz machen. Wie ist es ihnen gelungen, einen so großen Marktanteil zu bekommen?

Im März 2018 fiel einigen Nutzern der beliebtesten russischen Suchmaschine Yandex auf, dass bei der Eingabe von „gowno”, dem russischen Wort für Sch…, als Suchbegriff bei Yandex Maps (nebenbei gefragt: Wer sucht danach bei Maps?) als erster Treffer „Baltschug Straße 7, Moskau“ angezeigt wurde (rus). Dort sitzt die Zentrale von Google Russland. Stunden später erklärte Yandex, dass dies ein Bug gewesen sei. Wir haben es (fast) geglaubt…

Solche Neckereien sind Alltagsgeschäft zwischen Yandex und Google. Deren Rivalität in Russland ist vergleichbar mit der zwischen Coca Cola und Pepsi oder Audi und Nissan. Yandex, eine russische Entwicklung, und der multinationale Konzern Google sind die beiden Hauptkonkurrenten auf dem russischen Suchmaschinenmarkt. Und Stand Februar 2019 hat Yandex die Nase vorn.

Google-Mitgründer Sergey Brin

Lokale Suche

Die Zahlen (eng) aus den Jahren 2015 bis 2019 zeigen, dass Yandex bei den Suchmaschinen einen Marktanteil von etwa 56 bis 57 Prozent hält, während es bei Google 38 bis 30 Prozent sind. Yandex kommt traditionell häufiger auf Computern zum Einsatz, während Google die Smartphones dominiert.

Doch dieser Anteil am mobilen Datenverkehr geht zurück, seit die russischen Kartellbehörden Google im Jahr 2017 verpflichtet haben, auf Android-Geräten auch andere Suchmaschinen als das bis dato vorinstallierte Google zuzulassen. Mittlerweile liegen die beiden Suchmaschinengiganten Kopf an Kopf: Googles Anteil beträgt 50,57 Prozent, der von Yandex 48,16 Prozent.  

Warum ist Yandex erfolgreicher? Experten und Nutzer sind sich einig: Yandex ist russisch, wurde von Russen für Russen gemacht und ist daher einfach bequemer für sie. Es kennt die Umgangssprache und kulturelle Besonderheiten. „Yandex deckt das kyrillische Segment des Internets besser ab. Es erreicht Orte, die Google einfach nicht kennt“, sagt (rus) Dmitri Welikowski, ein Journalist. Für Russischsprachige ist Yandex daher wahrscheinlich die bessere Wahl.

Google hat seine Vorzüge beim Abbilden der internationalen Realitäten, was sich vor allem bei den Landkarten bemerkbar macht: „Yandex ist eher lokal orientiert. Man findet dort detaillierte Karten von bei den Russen beliebten touristischen Zielen, aber wenn man zum Beispiel etwas in Schweden sucht, wird es schwieriger”, heißt es (rus) auf der Internetseite „Smartbobr” über die Vor- und Nachteile der beiden Suchmaschinen.

Vielfältige Möglichkeiten

Google ist nicht nur eine Suchmaschine. Es ist eine Multi-Plattform, die ihre Nutzer mit allem versorgt, von Musik bis zur Datenanalyse. Auch Yandex bietet verschiedene Apps und geht in vielen Bereichen noch weiter als Google. So beherrscht Yandex den russischen Markt bei Taxi-Apps: Nach einer Fusion mit Uber liegt der Marktanteil von YandexTaxi bei 75 Prozent (rus).

Yandex-Lieferservice

Dann wäre da noch YandexTransport, eine App, die Fahrverbindungen anzeigt, oder YandexEda, eine App, über die aus Restaurants in der Umgebung Essen bestellt werden kann. Wie eine Klonarmee sieht man die Lieferanten in ihren gelben Westen Moskaus Straßen bevölkern. YandexNedwischimost hilft bei der Wohnungssuche. Es gibt noch eine Menge anderer Services, die Google nicht anbietet.

Welche Schwächen hat Yandex?

Da Yandex sich auf die russischsprachige Welt konzentriert, ist es vor allem in der postsowjetischen Zone verfügbar. Wenn man die Offline-Services vollumfänglich nutzen will, muss man nach Russland oder in einen der postsowjetischen Staaten fahren.

Das Duell der sozialen Netzwerke

Ein anderes Beispiel für ein russisches Unternehmen, das seinen ausländischen Konkurrenten im Heimatland überflügelt hat, ist VKontakte (kurz VK), das russische Pendant zu Facebook. Sein Gründer Pawel Durow war ein Philologiestudent, der dadurch zum Milliardär wurde. Im Jahr 2006 stellte er VK vor, ein Jahr bevor Facebook seine russische Version auf den Markt brachte.

VK legte einen guten Start hin. Es war wie Facebook, „nur verrückter”: man konnte dort alles finden, auch illegale Inhalte. „Alles war mit einem Klick frei zugänglich: Musik, Filme, Pornografie. Das gab es bei Facebook nicht”, sagt Maxim Kornew, Professor an der Fakultät für TV, Radio und Internet-Technologien an der Staatlichen Russischen Geistwissenschaftlichen Universität.

VK veränderte sich mit der Zeit. Es wurde seriöser, illegale Inhalte wurden ausgesperrt. Man kann bei VK noch immer Musik hören, aber legal, in dem man entweder endlos Werbung akzeptiert oder dafür bezahlt. Anders als etwa Facebook und Twitter arbeitet VKontakte eng mit den russischen Behörden zusammen. Daher ist es keine gute Idee, dort etwas Illegales einzustellen.

VKontakte ist das beliebteste soziale Netzwerk Russlands, auch wegen seiner einfachen Bedienweise (mit nur einem Klick lässt sich der Feed zum Beispiel chronologisch sortieren) und der vielfältigen Inhalte. Facebook hat in Russland mehr den Ruf einer Spielwiese für Streitigkeiten unter Intellektuellen und konnte VKontakte nie das Wasser reichen. Stand Januar 2019 ist VK laut „Similar Web” die zweitbeliebteste Webseite in Russland (nach Yandex, wenig überraschend), während Facebook nur Platz 12 erreicht.  

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