Außerhalb Russlands ist Tula eher unbekannt. Zu Unrecht, denn viele Dinge, die heute weltweit als typisch russisch gelten, kommen von dort her. Zum Beispiel wurde Leo Tolstoi in Tula geboren und die Fabriken der Stadt stellen nicht nur Waffen, Samowars und Lebkuchen her, sondern auch Mikrophone. Diese sind so populär, dass sogar Bands wie Radiohead auf sie schwören.
1927 veranstalteten lokale Funkamateure einen Workshop zur Herstellung von entsprechenden Geräten. Funk und Radio entwickelten sich in der Sowjetunion zu dieser Zeit rapide. Die Teile aus Tula waren so beliebt, dass aus dem Workshop schon bald eine Fabrik wurde. 1930 belieferte die Fabrik 52 Städte der Sowjetunion mit Radioteilen.
Die Fabrik hatte selbstverständlich auch eine Entwicklungsabteilung. Diese stellte innerhalb von fünf Jahren den Radioempfänger T-35 (keine Verbindung zum Panzertyp T-34) her. Der T-35 wurde im ganzen Land verkauft und gewann sogar Wettbewerbe. Später stellte die Fabrik auch Mikrophone und Lautsprecher her, die auf öffentlichen Moskauer Plätzen, darunter auch auf dem Roten Platz, installiert wurden. Während des Zweiten Weltkriegs erfuhren die Moskauer durch Oktava-Lautsprecher von der Lage an der Front.
1958 produzierte Oktava Lautsprecher für den sowjetischen Pavillon auf der Weltausstellung in Brüssel. Zudem präsentierten sie die ersten handlichen Telefone (ursprünglich gedacht, um das schnelle Übersetzen zu ermöglichen) und überraschten damit den Planeten. Am Ende der Ausstellung erhielt die Sowjetunion dafür eine Sonderauszeichnung. Oktava wurde weltweit bekannt und erhielt Aufträge aus aller Herren Länder.
„Los geht’s!” (Pojechali!) – Das waren die letzten Worte Juri Gagarins, bevor er mit seiner Rakete ins All abhob und als erster Mensch die Erde aus dem Weltraum betrachten konnte. Diesen letzten Ausruf sprach Gagarin in ein Oktava-Mikrophon. Der erste Kosmonaut war mit einem kleinen und für die damalige Zeit höchst fortschrittlichen Mikrophon ausgerüstet, das direkt mit seinem Raumanzug verbunden war.
1974 war der Sänger und Songwriter Wladimir Wyssozki auf dem Gipfel seiner Popularität angelangt. Jeder in der Sowjetunion kannte seine Musik. Doch nicht jedes Mikrofon konnte dem gefühlvollen Klang seiner Stimme gerecht werden. In diesem Bild singt Wyssozki mit einem Oktava-ML-16-Mikrophon.
Das 1996 vorgestellte MK-012-Mikrophon ist bis heute das Flaggschiff der Oktava-Fabrik. 1997 verwendete Thom Yorke, Sänger und Gitarrist der Kultband Radiohead dieses Mikro für das Album OK Computer.
2015 trat Marilyn Manson in der US-amerikanischen Tonight Show mit Jay Leno auf. Dabei sang er mit einem Oktava-ML-52-02. Eigentlich ist dieses Mikrophon nicht für Konzerte, sondern für Studioaufnahmen gedacht. Doch für Manson war es die erste Wahl.
Auch westliche Soundexperten schwören auf die Produkte aus Tula. So benutzte Hugh Charles Padgham zum Beispiel Oktava-Mikrophone für Sting. Auch das Electric Audio Studio (bekannt für Nirvana) war ein Oktava-Anhänger.
Selbst Hollywood-Sounddesigner Charles Manes nahm mit Oktava-Mikrophonen die Musik für viele bekannte Filme und Computerspiele (Call of Duty 1-3, Medal of Honor, Black, Need for Speed: Underground, Spider-Man) auf.
Neben Mikrophonen stellt Oktava auch Headsets, Radio- und Telefonutensilien in großer Anzahl her. So benutzt beispielsweise die russische Flugsicherung Headsets von Oktava. Viele russische Banken nutzen Oktava-Mikrophone zur biometrischen Identifizierung von Kunden.
Werkstatt in der Oktava-Fabrik
PressfotoIn den vergangenen Jahren hat Oktava viele junge Experten eingestellt, um die Produkte bezahlbar und attraktiv zugleich zu machen. Zu den vielversprechendsten Projekten gehören kabellose Kopfhörer, die Apples AirPods Konkurrenz machen sollen.
Seit 1993 produziert die Fabrik auch Hörgeräte. Das Modell Elektronika U-03 soll nach und nach durch moderne digitale Modelle ersetzt werden.
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