Wie viel haben Gagarin und andere Kosmonauten verdient?

Alexander Moklezow/Sputnik
Wie viel war der Sowjetunion der erste bemannte Raumflug wert? Stimmt es, dass die sowjetischen Kosmonauten alles vom Staat bekamen, was sie zum Leben brauchten – einschließlich Unterwäsche und Rasierapparat? Und wie viel erhalten die Kosmonauten in Russland heute?

Die Finanzierung der Raumfahrt, einschließlich der Gehälter der ersten Kosmonauten, war in der Sowjetunion ein Geheimnis. Doch jetzt wissen wir genau, wie viel ihnen für den riskanten Beruf bezahlt wurde.

Neben freigegebenen Dokumenten gibt es die Tagebücher von Nikolai Kamanin, einem der führenden Köpfe der Raumfahrtausbildung, in denen er nicht mit Details darüber geizt, wer wie viel bezahlt bekam. „Major Gagarin zum Beispiel erhält nur hundert Rubel weniger als ich“, schrieb er. Wie viel genau bekamen Gagarin und dessen Kollegen?

Gagarins Jackpot

Die Gehälter der sowjetischen Kosmonauten zu Beginn des Raumfahrtzeitalters lagen zwischen 350 und 450 Rubel pro Monat (während das Gehalt eines Durchschnittsbürgers der Sowjetunion zu jener Zeit etwa 80 Rubel betrug). Juri Gagarin erhielt laut Nikolai Kamanins Tagebuch Skrityj kosmos (dt.: Verborgener Kosmos) mit allen Zulagen 632 Rubel pro Monat (das waren 575 US-Dollar pro Monat bzw. 6.900 US-Dollar pro Jahr).

Juri Gagarin in seiner Wohnung im Jahr 1966.

Zudem wurde der erste bemannte Raumflug mit einer Prämie von 15.000 Rubel honoriert – das entsprach 187 Durchschnittsgehältern in der UdSSR. 

Das gleiche Gehalt erhielten auch andere Kosmonauten der ersten Hälfte der 1960er Jahre – German Titow, Walentina Tereschkowa, Andrijan Nikolajew, Wladimir Komarow, Alexej Leonow und deren Kollegen.

Damals wurden die Kosmonauten nicht nur mit Geld entlohnt. Für ihre heldenhafte Leistung erhielten sie jede Menge Sachleistungen. Gagarin zum Beispiel bekam neben dem Geld eine Vier-Zimmer-Wohnung, die voll möbliert und mit modernen Geräten ausgestattet war. Außerdem hatte er Anspruch auf einen PKW Wolga – damals galt dieser in der Sowjetunion als Luxusauto. Nur der Tschajka war cooler als der Wolga, aber er wurde nicht an Privatpersonen verkauft und hatte daher keinen Preis. Übrigens hätte Gagarin für seine Belohnung für den ersten Flug etwa drei Wolgas kaufen können.

Zusätzlich zu all dem bekam der erste Mensch im Weltraum ein Haus für seine Eltern, außerdem Mäntel, Anzüge und Hüte zweierlei Art, 6 Hemden und Krawatten, 6 Paar Unterwäsche, 2 Paar Schuhe, Handschuhe und eine Militäruniform, Koffer und einen elektrischen Rasierapparat. Ungefähr die gleichen Pakete wurden an die Ehefrauen, Kinder und Eltern der Kosmonauten verteilt. 

Doch schon bald änderte sich diese großzügige Entlohnung. Ab 1967 regelte ein Parteierlass die Rangfolge der Prämienzahlungen. Diese richteten sich nun nach der Komplexität des Fluges. Ein gewöhnlicher Flug wurde mit einer Mindestprämie von 2.000 Rubel vergütet, während für Flüge zur Lösung neuer Aufgaben in der Weltraumforschung (Mondumrundung, Landung auf dem Mond usw.) zwischen 5.000 und 15.000 Rubel gezahlt wurden. So wurde anhand der Höhe der Zahlungen deutlich, dass die Flüge der Kosmonauten zwar riskant waren, die Heldentaten sich aber inzwischen in einen normalen Job verwandelt hatten. Im Jahr 1975 erhielt der Kosmonaut Georgij Gretschko 5.000 Rubel für seine 30-tägige Mission an Bord des Raumschiffs Sojus-17. Das ist viel weniger als das, was Gagarin erhielt, aber es hätte immerhin für einen neuen Wolga gereicht.

Wie viel bekommen Kosmonauten heute?

Haben Sie dieses Foto gesehen? Es ist ein Klassiker geworden, wenn man zeigen will, wie ungern Russen lächeln.

Der russische Kosmonaut Dmitrij Kondratjew (Mitte), zusammen mit der NASA-Astronautin Catherine Coleman und dem Astronauten der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) Paolo Nespoli.

Oder dieses?

NASA-Astronautin Catherine (Cady) Coleman (von links), Sojus-Kommandant Dmitri Kondratjew und der Astronaut der Europäischen Weltraumorganisation Paolo Nespoli.

Aber vielleicht lächeln russische Kosmonauten nicht, weil sie viel schlechter bezahlt werden als ihre ausländischen Kollegen? Das würde eine Menge erklären. 

Die Gehälter russischer Kosmonauten gelten auch heute noch als niedrig im Vergleich zu denen der Astronauten der NASA oder der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Oleg Artemjew, ein russischer Testkosmonaut, sagte nach seiner Rückkehr von der ISS im Jahr 2019, dass es unter seinen Kollegen niemanden gäbe, der wegen des Geldes in diese Einheit gegangen sei. Wenn man sich die Bezahlung ansieht, ist das leicht zu glauben: Das Gehalt eines russischen Kosmonauten liegt zwischen 129.000 und 166.000 Rubel (zum aktuellen Kurs 1.400 bis 1.780 Euro). Zur gleichen Zeit erhielten die Astronauten der NASA im Durchschnitt zwischen 8.000 und 9.000 US-Dollar und die der Europäischen Weltraumorganisation ESA zwischen 7.000 und 8.000 US-Dollar.

Aber wie kann ein Kosmonaut weniger als 1.800 Euro erhalten? Richtig, das geht nicht. Es gibt eine wichtige Nuance: Die Gehälter von Kosmonauten in Russland werden nicht auf die gleiche Weise gebildet wie die Entlohnung ihrer westlichen Kollegen. Der größte Teil davon besteht aus Prämien für so ziemlich alles.

So erhalten russische Kosmonauten beispielsweise einen Bonus für den eigentlichen Flug ins All (zwischen 55 % und 120 % des Gehalts). Es macht auch einen Unterschied, ob es sich um den ersten Flug eines Kosmonauten handelt oder ob er bereits ein „alter Hase“ ist. Es gibt Boni für das Dienstalter, den akademischen Abschluss, Zusatzausbildungen, besondere Erfolge usw. Wenn der Kosmonaut bei der Erfüllung seiner Aufgaben einen Weltrekord in einem beliebigen Bereich aufstellt, wird ein Betrag in Höhe von 50 Monatsgehältern gezahlt. 

Oleg Artemjew sagte, dass Kosmonauten im Weltraum umgerechnet 400 US-Dollar pro Tag erhalten (er wies auch darauf hin, dass der Tagessatz amerikanischer Kosmonauten nur 5 US-Dollar pro Tag beträgt, ihr „irdisches“ Gehalt jedoch höher ist).

Das bedeutet, dass ein Kosmonaut für eine viermonatige Mission (die als kurz angesehen werden kann) zur ISS alleine insgesamt 44.000 Euro an „Tagespauschalen“ erhält. Diese werden für die täglichen, reglementierten, man könnte sagen, routinemäßigen Arbeiten bezahlt, die durch die Mission vorgegeben sind. Und alle Leistungen, die darüber hinaus gehen – Andockkontrolle, Be- und Entladen, Weltraumspaziergänge – werden ebenfalls gesondert entlohnt.

So kann ein russisches Mitglied der ISS-Besatzung auf einer Expedition 9-10 Millionen Rubel (97.600-108.500 Euro) verdienen. Und wenn er auf die Erde zurückkehrt, erwartet ihn zudem die vertraglich vereinbarte Vergütung.

Allerdings gibt es – wie zu Sowjetzeiten – für den Flug ins All keine Autos, Wohnungen oder Villen mehr.

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