Es gibt nur wenige Gelegenheiten, das echt russische „Iswinite“ oder „Prostite“ – zwei Arten, „Es tut mir leid“ zu sagen – im Alltag russischer Städte zu hören. Wenn der Kassierer einen Fehler macht, ein Kind einen Ball zuwirft oder jemand Sie unsanft auf der Rolltreppe stößt, weil Sie den Weg versperren, dann hören Sie am ehesten – wenn überhaupt – ein laxes „Sorry“, extra russisch mit betontem Zungen-RRRR.
Ein paar Beispiele gefällig?
[auf Russisch]: Hast du meine Lieblingsschale zerbrochen ?!
- Oh, sorry.
[auf Russisch]: Du hast Saft über mich verschüttet!
- Sorry.
[auf Russisch] Wo ist der Artikel über Russen, die „Sorry“ sagen ?! Du hast alle Deadlines verpasst!
- Oh, sorry!
Kurz und gut
Der russische Sprachwissenschaftler Alexej Michejew sieht darin nichts Ungewöhnliches.
„Kurze Wörter kommen oft aus dem Englischen ins Russische. ‚Sorry‘ ist wie andere solche Wörter eben kurz und bequem. Die russischen Wörter ‚iswinite‘ und ‚prostite‘ haben drei bis vier Silben, ‚sorry‘ nur zwei. Das ist einfacher zu sagen.“
Natürlich hänge es auch mit der stärkeren Verbreitung des Englischen zusammenhängt, das nun auch mehr und mehr Russen sprechen können und damit Anglizismen ins Russische importieren.
Der bekannte russische Designer Artemy Lebedev scherzte dazu in seinem super-populären Blog:
„Nur Worte der alten russischen Sprache zu verwenden ist so ungesund, wie nur mit Verwandten zu schlafen. Importierte Worte sind wie frisches Blut - die Sprache wird reicher mit ihnen.“
Herr Sorjan und sein Vater
Aber ein einfaches „Sorry“ ist nicht die einzige Option, es gibt noch eine exotischere: „Sorjan.“ Sie können dies besonders von jüngeren Leuten hören. Es ist auch abgeleitet von „Sorry“, aber enthält noch ein Suffix, das an armenische Familiennamen erinnert.
Diese Version ist natürlich äußerst informell und viele Russen können es nicht ertragen.
Linguist Michejew zuckt nur mit den Schultern:
„Die Menschen sagen 'Sojyan', um sich über etwas lustig, eine Situation weniger offiziell zu machen. Der Sprecher äußerst sich ironisch über seine eigenen Worte und will als lebendiger Mensch wahrgenommen zu werden, nicht als Roboter.“
Manche Leute gehen sogar über „Sorjan“ hinaus und fügen ein weiteres Suffix hinzu, damit es wie ein russischer Vatersname klingt: „Sorjanitsch“. Aber keine Angst, Sie müssen dieses „linguistische Monster ‚Sorjan Sorjanitsch‘“ ja nicht selbst verwenden. Es sei denn, Sie wollen und tun es bewusst. Also… - Sorjan Sorjanitsch!