Unter welchen Krankheiten litten die russischen Zaren (Teil 1)

Die russischen Zaren wurden krank durch ihre Umgebung und ihre eigene Ignoranz.

Die mysteriöse Krankheit der ersten Romanows 

Vier der im 17. Jahrhundert regierenden Romanow-Zaren litten an Krankheiten, deren Symptome sich ähnelten. Das Gehen fiel ihnen schwer und war schmerzhaft. 

Bei Michail Fjodorowitsch (1596-1645) traten die Krankheitssymptome kurz nach seinem 30. Lebensjahr auf. Die deutschen Ärzte Wendelinus Sybelist und Johann Bülow kümmerten sich um die Gesundheit des Zaren. Im Jahr 1645, auf dem Weg zur Morgenandacht, klagte der Zar, seine Innereien würden „zerreißen“. In der Nacht darauf starb er im Alter von 49 Jahren. 

Seine Ärzte diagnostizierten „Bauchwassersucht“, Aszites. Dabei sammelt sich Flüssigkeit im Bauchraum an. Häufig liegt eine Leberzirrhose als Grunderkrankung vor. Der Krankheitsverlauf ist langwierig und oft schwer. Typisch sind geschwollene Beine. Eine Aszites kann auch eine Peritonitis, eine lebensbedrohliche Bauchfellentzündung, auslösen, was sich in heftigen Schmerzen äußert. Blutdruckanstieg und Fieber infolge von Entzündungen sind weitere Komplikationen. Michail Fjodorowitsch hatte über solche Symptome geklagt. 

Alexei Michailowitsch Romanow

Sein Sohn Alexei Michailowitsch litt sein ganzes Leben lang unter Bluthochdruck und Fettleibigkeit. Regelmäßig wurde er zur Ader gelassen, wodurch sich sein Zustand etwas besserte. Auch er litt unter Ödeme und klagte über Magenprobleme. Er starb ganz plötzlich im Jahr 1676.

Der nächste Herrscher, Fjodor Alexejewitsch (1661-1682), konnte an der Beerdigung seines Vaters nur teilnehmen, weil er „auf einer Senfte getragen“ wurde. Auch er hatte von Kindheit an Probleme mit den Beinen. Mit 14 Jahren waren diese immer so stark geschwollen, dass er kaum laufen konnte. 

Einige Historiker und Forscher vermuten als Ursache dieser Ödeme Skorbut, den massiven Mangel an Vitamin C. Doch ist schlechte Ernährung wahrscheinlich, da die Zaren doch stets am reich gedeckten Tisch saßen? Sehr oft wurde Kohl serviert, der mehr Vitamin C enthält als Zitronen, die den Zaren jedoch neben Orangen ebenfalls regelmäßig aufgetischt wurden. 

Tod des Zaren Fjodor Alexejewitsch

Fjodor Alexejewitsch starb im Alter von 21 Jahren, mutmaßlich an Skorbut. Sein jüngerer Bruder Iwan Alexejewitsch (1666-1696), der als Iwan V. gemeinsam mit seinem Bruder Peter I. regierte, litt ebenfalls an Ödemen in den Beinen. Er starb mit 29 Jahren.  

Welche Krankheit steckte dahinter?  

Eines ist bemerkenswert: alle Romanows, die diese Symptome zeigten, lebten im Moskauer Kreml. Alexei Michailowitschs Sohn Peter I., bekannt als Peter der Große, wollte nicht in einer „Klosterzelle“ leben. Er hasste den Kreml und residierte daher im Palast von Preobraschenskoje und in Lefortowo. Schließlich tauschte er Moskau gegen Sankt Petersburg. 

Eine Theorie besagt, dass die Beschwerden der Mitglieder der Zarenfamilie von der bleihaltigen Innenverkleidung der Rohre der sanitären Installationen im Kreml herrührten. In Preobraschenskoje gab es kein fließendes Wasser. 

Könnte es sein, dass die Zaren jedes Mal Blei mit ihrem Trinkwasser aufgenommen und daher diese Symptome entwickelt haben? Oder war es vielleicht eine Erbkrankheit, die die Nieren betraf? Es sei daran erinnert, dass Peter I. an einer Blasenerkrankung starb. Wie dem auch sei, nur eine Obduktion und Analyse der Überreste der ersten Romanows, insbesondere von Fjodor und Iwan Alexejewitsch, könnte Licht ins Dunkle bringen. 

Blasen- und Nierenleiden 

Blasensteine verursachten den Tod von Peter dem Großen (1672-1725), der für seine Liebe zum Essen und einen Hang zum Alkohol bekannt war. Schon 1721 litt er unter Blasenproblemen. 1724 hatte er eine schwere Blasenentzündung. Anfang 1725 verstarb er daran, nachdem er über die Weihnachtsfeiertage auch kräftig Alkohol konsumiert hatte. 

Peter I. auf dem Sterbebett

Anna Ioannowna (1693-1740) führte ein geregeltes Leben und trank keinen Alkohol. Eines Tages im Jahr 1740 klagte sie jedoch über starke Schmerzen im unteren Rücken und begann dann, Blut zu husten. Am 5. Oktober verlor sie beim Abendessen im Palast das Bewusstsein und starb drei Wochen später. Eine Autopsie ergab, dass die Todesursache Nierensteine und Harnverhalt war. 

Alexander III., der 1896 im Alter von nur 49 Jahren starb, litt in den letzten Jahren seines Lebens ebenfalls an Nephritis (entzündliche Nierenerkrankung). Er weigerte sich jedoch, den Ratschlägen der Ärzte zu folgen. So arbeitete er jede Nacht bis zum Umfallen, als wollte er noch so viel wie möglich erledigen. 

Er hatte ohnehin Schlafstörungen und litt zudem unter Appetitlosigkeit. Dennoch versuchte er, den gewohnten Lebensstil beizubehalten. Er ging weiter auf die Jagd, auch am 7. September 1894 in Beloweschskaja Puschtscha, wo er sich erkältete. Der Arzt empfahl ihm ein warmes Bad von 28 °C. Doch dem Kaiser war das zu warm, so dass er das kalte Wasser aufdrehte und so eine Weile in der Wanne liegenblieb. Dann fiel er in Ohnmacht und blutete im Hals. Nachdem sich der Kaiser wieder etwas besser fühlte, machte sich die kaiserliche Familie am 18. September 1894 auf den Weg nach Liwadija auf die Krim.

Alexander III. neben einem toten Bison in Beloweschskaja Puschtscha im Jahr 1894

Aber dem Zaren ging es nicht wirklich besser. Seine Beine waren geschwollen, er litt unter Atemnot, Schlaflosigkeit und Erschöpfung. Der einst robuste Herrscher verwandelte sich vor aller Augen in einen Schatten seines früheren Ichs. Der berühmte Arzt Nikolai Weljaminow versuchte, den Kaiser zu behandeln, doch dieser widersetzte sich weiter jedem ärztlichen Rat. „Sein Kopf war winzig, nur faustgroß und sein Nacken schwach. Dieser große Mann schien kein Kreuz mehr zu haben. Er hatte sehr viel Gewicht verloren. Sein Mantel hing an ihm herab wie an einem Kleiderbügel. Von seinen einstmals breiten Schultern, der Herkulesbrust und dem kräftigen Oberkörper war nichts mehr übrig… Es war offensichtlich… Dies war ein vom Tod gezeichneter Mann“, schrieb Weljaminow. 

Der Kaiser starb am 20. Oktober in Liwadija. Noch am Tag vor seinem Tod fand er die Kraft, sich anzuziehen, an seinen Schreibtisch zu gehen, einen Vorschlag des Verteidigungsministeriums zu lesen und zu unterschreiben.

>>> Unter welchen Krankheiten litten die russischen Zaren (Teil 2)

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