4 Russische Kunstmäzene, die die Weltkultur beeinflussten

Dmitri Melnikow; Henri Matisse/Hermitage
Die russische Kunstszene ist ohne die Unterstützung dieser wohlhabenden und unglaublich großzügigen Unternehmer aus der Zarenzeit nicht vorstellbar. Darüber hinaus verdanken auch einige westliche Künstler ihre Unsterblichkeit diesen Männern.
  1. Pawel Tretjakow (1832-1898)

Ilja Repin. Porträt von Pavel Tretjakow.

An Pawel Tretjakow erinnert für immer der Name des berühmten Museums, das er 1881 mit seinem eigenen Geld errichten ließ: die Tretjakow-Galerie in Moskau. Die Kunstsammlung, die er der Stadt vermachte, umfasste ursprünglich über 1.000 Gemälde. Tretjakow gründete sie, als er Anfang 20 war.

In der Familie Tretjakow gab es eine unternehmerische Ader: Pawel stammte aus einer Kaufmannsdynastie. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder Sergej (der auch ein Sammler und Philanthrop war) gründete er ein erfolgreiches Unternehmen. Zuerst eröffneten sie ein Geschäft für russische und ausländische Stoffe, dann bauten sie Baumwollspinnereien.

Wassili Perow. Osterprozession in einem Dorf, 1861.

Tretjakow kaufte Werke der bedeutendsten russischen Künstler seiner Zeit: Alexei Sawrasow, Iwan Aiwasowski, Wassili Perow, Ilja Repin und andere. Besonders angetan war er von Gemälden, die Szenen aus der russischen Geschichte und dem Alltagsleben darstellten.

Die Tretjakows unterstützten aktiv die Peredwischniki (die Wanderer), Künstler, die versuchten, sich von den Beschränkungen der Kunstakademie zu lösen. Pawels jüngerer Bruder Sergej trug ebenfalls eine große Sammlung zusammen, die Gemälde von Wassili Wereschtschagin, Alexander Iwanow, Iwan Kramskoi, Archip Kuindschi, Wassili Polenow und anderen umfasste. Sie alle sind heute der Stolz der Tretjakow-Galerie.

>>> Mäzen und Menschenfreund: Wer war Pawel Tretjakow, der Gründer der berühmten Moskauer Kunstgalerie? 

  1. Sergej Schtschukin (1854-1936)

Dmitri Melnikow. Porträt von Sergei Schtschukin.

Nach seinem Studium in Deutschland übernahm Sergej Schtschukin, der aus einer altgläubigen Moskauer Kaufmannsfamilie stammte, die Leitung des väterlichen Textilgeschäfts.

Sergei hatte mehrere Brüder und alle sammelten Kunstwerke: einige bevorzugten russische Antiquitäten, andere konzentrierten sich auf westeuropäische Kunst. Kunstsammeln war um die Jahrhundertwende ein modisches Hobby unter wohlhabenden Kaufleuten.

Sergei besuchte häufig Europa, vor allem Paris, wo er den Impressionismus kennenlernte und begann, Gemälde von Paul Cézanne und Henri Matisse zu kaufen, die zu dieser Zeit noch nicht berühmt waren. Er gab sogar Gemälde von ihnen für seine Villa in Auftrag. Sergei brachte Claude Monets „Felsen auf der Belle-Ile“ mit nach Hause, das erste Monet-Gemälde in Russland. Später entwickelte Schtschukin ein Interesse am Postimpressionismus und begann, Werke von Paul Gauguin, Van Gogh und dem jungen Picasso zu kaufen. Deren Kunstrichtung wurde von der Öffentlichkeit noch nicht verstanden oder akzeptiert, aber dem russischen Sammler gefielen sie. Heute sagen Experten, dass er ein „exzellentes Auge“ für neue Kunst hatte. In einem Brief an Matisse versuchte Schtschukin, den Künstler zu ermutigen: „Die Öffentlichkeit ist gegen Sie, aber die Zukunft gehört Ihnen.“

Edgar Degas. Tänzerinnen in blau, 1897.

Schtschukin brachte alle gekauften Gemälde in seiner Villa unter und öffnete sie für Besucher. So wurde sein Haus zu einem der ersten privaten Museen für moderne westliche Kunst. Nach der Revolution von 1917 musste Schtschukin das Land verlassen, seine Sammlung wurde von den Bolschewiken verstaatlicht und schließlich auf zwei große Museen aufgeteilt - die Eremitage in St. Petersburg und das Puschkin-Museum in Moskau.

  1. Sawwa Mamontow (1841-1918)

Michail Wrubel. Porträt von Sawwa Mamontow.

Mamontow erbte von seinem Vater eine Eisenbahngesellschaft und wurde mit dem Bau von Eisenbahnen in Russland beauftragt. Seine Eltern ermöglichten Sawwa eine ausgezeichnete Ausbildung. Er sprach mehrere Sprachen und war von klein auf vernarrt in Theater, Kunst und Literatur.

1870 kaufte Sawwa das Gut Abramzewo in der Nähe von Moskau. Ihn reizte vor allem die Geschichte des Ortes. Das Gut gehörte früher dem russischen Schriftsteller Sergei Aksakow, der dort von Nikolai Gogol und Iwan Turgenjew besucht worden war.

Walentin Serow. Mädchen mit Pfirsichen, 1887.

In Abramzewo schuf Sawwa das, was man heute einen kulturellen Cluster mit Kunstwerkstätten nennen würde - den Abramzewo-Kunstkreis. Die Künstler Wassili Polenow, Wiktor Wasnezow, Valentin Serow, Isaak Lewitan und viele andere waren dort zu Gast. Es waren damals junge Künstler, die in Abramzewo künstlerisch „reiften“, unzählige Skizzen anfertigten und ihr Können verfeinerten. Viele berühmte Werke entstanden dort.

Ilja Repin. Brücke in Abramzewo, 1879.

Das Mädchen in Serows berühmtem Gemälde „Mädchen mit Pfirsichen“ zeigt übrigens Sawwa Mamontows Nichte.

Viele dieser Gemälde und Skulpturen sind noch im Abramzewo-Museum ausgestellt, aber die überwiegende Zahl der Meisterwerke kam in die Tretjakow-Galerie, das Russische Museum und das  Bachruschin-Theatermuseum.

  1. Iwan Morosow (1871-1921)

Walentin Serow. Porträt von Iwan Morosow.

Als Erbe einer der reichsten Kaufmannsdynastien studierte Morosow in der Schweiz und versuchte sich sogar selbst in der Malerei. Allerdings war er nicht dazu bestimmt, Künstler zu werden: Sein Vater starb, und Iwan musste nach Hause zurückkehren, um die Baumwollspinnereien der Familie zu verwalten. Morosow war ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann und verdiente während des Ersten Weltkriegs viel Geld mit der Lieferung von Stoffen für Militäruniformen.

Russland verdankt Morosow seine große Sammlung moderner französischer Kunst. Er war ein eifriger Sammler und gab riesige Geldsummen für Kunst aus. Zusammen mit Schtschukin verpasste Morosow keine einzige große Ausstellung in Europa. So sammelte er mehr als 250 Werke von Claude Monet, Henri Matisse, Pierre-Auguste Renoir, Vincent Van Gogh und Pablo Picasso. Morosow war auch ein Bewunderer der russischen Landschaftsmalerei und der Avantgarde-Kunst.

Claude Monet. Boulevard des Capucines, 1873.

Morosow schmückte seine Moskauer Villa mit zahlreichen Gemälden. Im Gegensatz zu Schtschukin ermöglichte er der Öffentlichkeit keinen Blick darauf. Nach der Revolution von 1917 wurde auch seine Sammlung verstaatlicht und seine Villa in ein Museum umgewandelt, wobei Morosow selbst zum stellvertretenden Kurator der Sammlung ernannt wurde.

Nach seinem Tod verkauften die Bolschewiki einen Teil der Morosow-Sammlung in den Westen, darunter Meisterwerke von Paul Cézanne und Vincent Van Gogh. Der Großteil der Sammlung wurde jedoch auf Museen in Moskau und St. Petersburg verteilt.

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