Isoisoljazija: Wie aus einer Internet-Challenge eine neue Kunstrichtung wurde

Olga Pawolga; Jana Galigusowa/IZOizolyacia
Während des ersten Lockdowns im April 2020 entstand eine in Russland sehr beliebte Facebook-Challenge, bei der weltberühmte Kunstwerke mit Alltagsgegenständen nachgestellt wurden. Inzwischen existiert dazu ein Bildband, Google nahm die preisgekrönte Aktion in seinen Jahresrückblick auf.

In der Selbstisolation von Langeweile getrieben, nahmen die Russen an zahlreichen Online-Challenges teil, aber nur eine von ihnen hat die Pandemie überdauert und ist zu einem eigenständigen kulturellen Phänomen geworden, das weltweit an Popularität gewinnt.

Bei Isoisoljazija (auf Russisch ist „iso“ die Abkürzung für „schöne Künste“, zugleich sind es die ersten drei Buchstaben des russischen Wortes für „Isolation“) geht es darum, weltberühmte Kunstwerke mit Alltagsgegenständen nachzubilden. Die wichtigste Regel ist, auf Photoshop zu verzichten.

Einige Benutzer nahmen das sehr ernst und versuchten, Bilder nachzustellen und dem Original dabei so nahe wie möglich zu kommen.

Andere nahmen die Herausforderung mit Humor und nahmen es mit der Ähnlichkeit nicht ganz so genau. Dieser Ansatz war bei den Benutzern besonders beliebt.

Die Facebook-Gruppe Isoisoljazija wurde am 30. März 2020 gegründet. Am 2. April gab es bereits Dutzende von Gemälde-Parodien. Am 17. April erreichte die Zahl der Abonnenten 500.000.

„Unsere Gruppe ist das Ergebnis einer erstaunlichen Kombination der Umstände in der Pandemie.  Unsere Facebook-Aktion, die als Spaß unter Freunden begann, verwandelte sich in eine Gruppe mit über einer halben Million Mitgliedern“, zeigen sich die Moderatoren von Isoisoljazija gegenüber „Russia Beyond“ begeistert.

Auch Ausländer traten Isoisoljazija bei. Auf aktive Werbung verzichteten die Moderatoren. Zwölf Personen meldeten sich freiwillig, um das Projekt zu betreuen. Bis heute arbeiten zwölf Moderatoren weltweit für Isoisoljazija.

„Unser Ziel war es, alle Zeitzonen abzudecken, deshalb haben wir Moderatoren, die unter anderem in den USA und sogar in Neuseeland leben", sagt die Gruppe.

Die Anzahl und Vielfalt der Gemälde, die interpretiert wurden, wuchs exponentiell, obwohl man sich meist für sehr bekannte Gemälde und Skulpturen entschied.

Eines der beliebtesten Werke, die nachgestellt wurden, war das Gemälde „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ des niederländischen Künstlers Jan Vermeer. Es wurde als Titel für einen Bildband verwendet, der 2021 vom AST-Verlag herausgegeben wurde und einige der besten nachgestellten Werke präsentiert.

Viele der Teilnehmer nahmen die Aufgabe, Kunstwerke nachzubilden, sehr ernst. Die „Russia Beyond“-Redakteurin Maria Grigorian beispielsweise hat ihre ganze Familie bei der Gestaltung ihrer Meisterwerke einbezogen, obwohl sie zugegebenermaßen die Halskette ihrer Mutter ruinieren musste. Sie beschrieb, wie sie dabei vorging und interviewte einige der anderen Teilnehmer. Mehr über ihre persönlichen Erfahrungen beim Nachstellen von Gemälden finden Sie hier.

Und Lisa Juchnewa aus St. Petersburg hat sich ein ganzes Jahr lang jeden Tag komplett neu erfunden! „Es wurde ein interessantes künstlerisches Tagebuch eines Jahres in meinem Leben", schreibt sie auf Facebook. Sie fügt hinzu, dass sie keinen einzigen Tag mit Selbstisolierung verbracht, in zwei Jobs gearbeitet und es zudem noch geschafft hat, zu reisen. Für sie ist die Galerie der nachgebildeten Porträts schlicht und einfach eine Hommage an die Kunst. 

Isoisoljazija blieb auch außerhalb von Facebook nicht unbemerkt. Die Gruppe erhielt den Runet-Preis und belegte den ersten Platz in der Kategorie „Gemeinsam gegen Covid-19“ bei den Moscow Urban Forum Community Awards 2020. Darüber hinaus landete die Gruppe in Googles „Year in Search“ (wenn auch nur mit einem einzigen Foto) und wurde auch in der legendären Sendung „Namedni“ vorgestellt, die von dem Journalisten Leonid Parfjonow präsentiert wurde.

Isoisoljazija hat ein gemeinsames Projekt mit dem Staatlichen Puschkin-Museum der Schönen Künste in Moskau durchgeführt. Das Gewinnerbild wurde an der Fassade des Museums gezeigt.

Bei aller Anerkennung, die sie von großen Institutionen erhalten haben, sagen die Moderatoren der Community, dass das Wichtigste für sie ist, dass die Gruppe Hunderte und Tausende von Menschen auf der ganzen Welt in dieser schweren Zeit gestützt hat.

Die Gruppe wächst weiter und jeden Tag kommen neue Werke hinzu, eines genialer als das andere.

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