Die Gebrüder Starostin - Nikolai, Alexander, Andrei und Pjotr, waren berühmte Fußballer in der UdSSR. Sie spielten in der sowjetischen Nationalmannschaft und für Spartak Moskau. Bei Turnieren erzielten sie immer große Erfolge. Bei den Anhängern von Spartak Moskau genießen sie noch heute hohes Ansehen. In Moskau ist sogar eine Straße nach dem ältesten Bruder, Nikolai Starostin, benannt. Leider rettete die landesweite Bewunderung sie nicht vor dem repressiven stalinistischen Apparat. Nach der Konfrontation der Spieler mit lächerlichen Anschuldigungen, wurden alle vier verhaftet…
Wandbild Porträt von Nikolai Starostin auf der nach ihm benannten Straße im Osten Moskaus.
mos.ruIm Jahr 1934 wurde Nikolai Starostin gebeten, einen Sportverein zu organisieren. Nach dem Vorbild der Vereine, die von Ministerien und anderen staatlichen Stellen gegründet worden waren, entstand Spartak Moskau. Der Verein bildete sich aus den Sportvereinen der Unternehmen der Erzeugergenossenschaft, einer Nichtregierungsorganisation, wozu eine große Zahl kleiner Produktionsbetriebe der Leicht- und Lebensmittelindustrie gehörten.
Fußballmannschaft der Genossenschaft der Produzenten in 1934. Andrei Starostin - 4. v.l, Nikolai - 5. v.l, Alexander 7. v.l, Pjotr - 3. v.r)
Ogonjok-MagazinSpartak Moskau war ein Verein der einfachen Sowjetbürger. Er wurde nicht von Vertretern der Armee oder anderer staatlicher Organisationen geführt. Daher wurde Spartak auch als „Volksmannschaft“ bezeichnet.
Die vier Brüder wurden Spartak-Spieler, und Nikolai wurde zum Manager der Mannschaft. Dank des Talents der Fußballer bewies die Mannschaft von Beginn an Klasse und holte sich häufig den Sieg bei Wettbewerben.
Zu dieser Zeit nahm die UdSSR nicht an den normalen olympischen Spielen oder anderen Meisterschaften teil, da sie diese als „bürgerlich“ und „schädlich“ ansah. Die sowjetischen Sportler nahmen jedoch an internationalen Wettbewerben der Arbeiterorganisationen teil. Im Jahr 1937 gewann Spartak das Fußballturnier bei der III. Arbeiter-Sommerolympiade in Antwerpen, Belgien.
Auch in der UdSSR gewann Spartak immer wieder gegen Fußballklubs, die mit staatlichen Institutionen verbunden waren. Dazu gehörte Dynamo, die Mannschaft des Ministeriums für innere Angelegenheiten (NKWD). Gerüchten zufolge war die NKWD-Führung verärgert darüber, dass die „Volksmannschaft“ der eigenen Mannschaft überlegen war.
Im Jahr 1937 erließ der NKWD einen Erlass gegen „ehemalige Kulaken (reiche Bauern), Kriminelle und andere antisowjetische Elemente", was den Beginn von Stalins Großem Terror markierte. Jeder konnte als „antisowjetisches Element“ gebrandmarkt werden.
Nikolai Starostin in 1938.
W.Krasinskaja/SputnikDie Meisterfußballer von Spartak reisten oft in nicht-kommunistische Länder. Der NKWD betrachtete jeden Kontakt zwischen Sowjetbürgern und Ausländern als verdächtig. Im Jahr 1937 warfen mehrere sowjetische Zeitungen den Spartak-Spielern vor, „das Geld des Volkes“, freiwillige Mitgliedsbeiträge zum Verein, für solche Reisen zu verschwenden.
Den Spielern wurde auch vorgeworfen, dass sie von diesen Geldern ihre Gehälter finanzierten. Das war verboten - in der UdSSR gab es keinen bezahlten Profisport und Amateure erhielten keine finanzielle Zuwendung.
Während des Großen Terrors selbst blieben die Brüder von einer Verhaftung verschont. Es wurde angenommen, dass die Gründer von Spartak Beschützer im NKWD hatten. Später änderte sich jedoch die Führung des Ministeriums, und 1942 wurden Nikolai, Pjotr und Andrei Starostin verhaftet. In der Nacht durchsuchte das NKWD die Wohnungen aller drei ohne Vorwarnung. Sechs Monate später wurde auch der vierte Bruder, Alexander, nach seiner Rückkehr von der Front des zweiten Weltkrieges verhaftet.
Die Starostin-Brüder, 1936.
SputnikIn ihren Memoiren berichten die Brüder, dass sie anderthalb Jahre lang von Ermittlern verhört, geschlagen und misshandelt wurden. Damit wollten Sie den Brüdern das Geständnis abpressen, ein Attentat auf Stalin geplant zu haben. Doch es gab nichts zu gestehen.
Schließlich beschlossen die Brüder während einer sogenannten „ochnaja stawka“ (ein Ermittlungsverfahren, bei dem Verdächtige mit anderen an dem Fall Beteiligten konfrontiert werden), kleinere „Verbrechen“ zu „gestehen“, um weiteren Verhören und Folterungen zu entgehen.
Obwohl alle vier Brüder in verschiedene Lager geschickt wurden, hatten sie in gewisser Weise Glück. Sie waren zumindest der Hinrichtung entgangen. Alle mit Ausnahme von Nikolai wurden zur Schwerstarbeit eingeteilt. Pjotr erinnerte sich an den Winter 1944 als eine der schwierigsten Perioden seiner gesamten Zeit im Gefangenenlager. Er erhielt nur 750 Gramm Brot pro Tag. Auf dem Höhepunkt des Krieges wurden den Insassen der Gefangenenlager die Rationen gekürzt, obwohl sie noch härter arbeiten mussten, um den Bedarf an der Front zu decken.
Im Jahr 1948 ereignete sich etwas, was Nikolai Starostin später als eine „wahre Geschichte mit einer unglaublichen Handlung“ beschreiben sollte. Er wurde zum Telefon gerufen und ihm wurde gesagt, dass die Person am anderen Ende der Leitung... Stalin sei. Es stellte sich heraus, dass Stalins Sohn Wassili mit dem berühmten Fußballer sprechen wollte. Er war bekannt dafür, den Sport zu fördern.
Pjotr Starostin im Gefängnis.
Archive photoDank des Einflusses von Wassili Stalin wurde Starostin zur Arbeit in einer Fabrik geschickt, und für jeden Tag, an dem er die Norm erfüllte, wurde seine Strafe um zwei Tage reduziert. Schließlich wurde Nikolai nach zwei Jahren vorzeitig aus dem Straflager entlassen.
Wassili Stalin wollte, dass Nikolai Starostin eine Fußballmannschaft der Luftwaffe trainierte. Er wurde nach Moskau gebracht, wo ihm sogar eine Aufenthaltsgenehmigung ausgestellt wurde, die es ihm ermöglichte, sich in seiner alten Wohnung anzumelden. Doch selbst Stalins allmächtiger Sohn konnte nicht öffentlich gegen das Gesetz verstoßen - ehemalige Lagerinsassen durften nicht in einem Umkreis von 100 Kilometern um Moskau leben. Starostins Aufenthaltsgenehmigung wurde widerrufen. Daraufhin unternahm Wassili einen weiteren Versuch, dem talentierten Trainer den Aufenthalt in Moskau zu ermöglichen und brachte ihn in seiner eigenen Dienstwohnung unter.
Nach dem Tod von Stalin wurden auch die übrigen Starostin-Brüder aus dem Arbeitslager entlassen und rehabilitiert. Pjotr beendete seine Fußballerkarriere und wurde Ingenieur. Das Lagerleben hatte seine Gesundheit schwer geschädigt. Er litt an Tuberkulose und musste sich infolge von Erfrierungen ein Bein amputieren lassen. Pjotr starb 1993 im Alter von 83 Jahren.
Ein Denkmal für die Starostin-Brüder im Stadion des FC Spartak Moskau.
Walerij Scharifulin/TASSDie anderen drei kehrten zu ihrem Lieblingssport zurück und blieben ihm bis an ihr Lebensende treu. Andrei wurde Trainer der UdSSR-Nationalmannschaft und Alexander war Vorsitzender des Fußballverbandes der RSFSR. Beide starben in den 1980er Jahren.
Nikolai kehrte zu Spartak zurück, wurde Präsident der gesamten Spartak-Sportgesellschaft und blieb in dieser Funktion bis 1992.
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