Wahre Freundschaft: Wie eine deutsche Schäferhündin zu einem sowjetischen Hachiko wurde

Eine Szene Standbild aus dem Film „Ein Hund namens Palma”.

Eine Szene Standbild aus dem Film „Ein Hund namens Palma”.

Komsomolskaya Pravda/Global Look Press
Der berühmte japanische Hund Hachiko wartete auf einem Bahnhof fast 10 Jahre lang auf sein Herrchen nach dessen Tod. Eine ähnliche Geschichte gab es auch in der UdSSR.

Der berühmte japanische Hund Hachiko wartete auf einem Bahnhof fast 10 Jahre lang auf sein Herrchen nach dessen Tod. Eine ähnliche Geschichte gab es auch in der UdSSR.

Wir schreiben das Jahr 1974. Auf dem Moskauer Flughafen Wnukowo steigen Passagiere in eine Il-18-Maschine, die nach Norilsk (im hohen Norden des Landes) fliegt. Einer der Passagiere streitet sich lange und heftig mit einer Flugbegleiterin auf dem Rollfeld, während seine deutsche Schäferhündin unruhig an der Leine um ihn herumläuft.

Es scheint, dass das Gespräch nicht ganz so verläuft, wie der Passagier es sich erhofft hat. Schließlich entfernt er sich sehr verärgert von der Flugbegleiterin, beugt sich zu seiner Hündin hinüber und nimmt ihr das Halsband ab. Die Hündin glaubt, sie werde zum Spazierengehen freigelassen, und beginnt freudig die Startbahn entlangzulaufen.

Sie bemerkt nicht, wie ihr Herrchen das Flugzeug besteigt. Das Flugzeug startet. Als sie endlich begreift, was vor sich geht, rennt die erstaunte Hündin hinter der beschleunigenden IL-18 her und verfolgt sie lange mit den Augen, bis das Flugzeug schließlich aus dem Blickfeld verschwindet. So begann eine Geschichte, die die Herzen von Millionen Sowjetbürgern berührte.

Ein verlassener Freund

Wie sich später herausstellte, hatte der Besitzer der Hündin keine tierärztliche Bescheinigung für sein Tier, so dass er es einfach auf dem Flughafen aussetzte. Zwei Jahre lang wurde Wnukowo das Zuhause des Tieres.

Nachdem sie sich auf dem Flugzeugparkplatz niedergelassen hatte, kam die Hündin jeden Tag zur Startbahn. Sie eilte zu jeder ankommenden Il-18 in der Hoffnung, dass sie die Person, die sie am meisten mochte, zurückbringen würde.

Bald erregte das Tier die Aufmerksamkeit der Piloten und des Flughafenpersonals. Zunächst versuchten sie, die Hündin zu fangen, aber ohne Erfolg. Die zurückhaltende Schäferhündin war für niemanden ein Ärgernis, und entgegen allen Vorschriften nahmen die Mitarbeiter des Flughafens Wnukowo sie in ihre Obhut.

Sie fütterten die Hündin, aber sie weigerte sich, sich jemandem zu nähern. Sie versuchten, den Namen des Tieres herauszufinden, und probierten verschiedene Möglichkeiten aus. Die Hündin begann, auf Alma zu reagieren, und so beschlossen sie schließlich, sie Palma zu nennen.

Das Tier verbrachte jeden Tag, ohne Unterlass und unabhängig vom Wetter, auf der Landebahn, um die Il-18-Flugzeuge zu verfolgen. 

Wjatscheslaw Walentei.

Schließlich wandte sich einer der Piloten, Wjatscheslaw Walentei, mit der Geschichte der treuen  Schäferhündin an die Zeitung „Komsomolskaja Prawda“. „Ohne Walentei hätte niemand je von Palma gehört“, erinnert sich der Journalist und Fotograf Juri Rost. 

Rost fuhr nach Wnukowo, um die ungewöhnliche Hündin zu treffen. „Jetzt füttern wir sie alle“, sagte ihm ein Flughafenmitarbeiter. – „Aber sie frisst niemandem aus der Hand und lässt niemanden an sich heran. Mit Ausnahme von Wolodin, dem Techniker. Sie scheinen sich angefreundet zu haben, aber sie will auch nicht zu ihm gehen. Sie hat wohl Angst, das Flugzeug zu verpassen.  

Ein neues Zuhause

Bald darauf veröffentlichte die „Komsomolskaja Prawda“ einen Artikel über Palma mit dem Titel „Zwei Jahre des Wartens“, der einen Appell an den Besitzer enthielt, der die Hündin ausgesetzt hatte: „Vielleicht wird dieser Artikel von der Person gelesen, die damals mit der Il-18 weggeflogen ist. Diese Person hat wahrscheinlich die Hündin, die sie leider zurücklassen musste, vergessen. Dieser Mensch sollte sich dringend von der Arbeit freistellen lassen, das Geld auftreiben und nach Moskau fliegen.“ 

Die Geschichte von Palma berührte das ganze Land. Die Zeitung wurde mit Tausenden von Briefen von Menschen überschwemmt, die einen so anhänglichen und treuen Hund adoptieren wollten.

Auch der Besitzer der Hündin, der sie verlassen hatte, als er aus beruflichen Gründen in den hohen Norden flog, wurde gefunden. In einem Brief an die Zeitung versuchte er sich zu rechtfertigen, indem er sagte, dass sich die Probleme aufgetürmt hätten, er gebunden sei und das Tier vergessen habe. 

Der Mann äußerte jedoch nicht den Wunsch oder die Absicht, zurückzukehren. Er gab auch nicht den ursprünglichen Namen der Hündin preis, weshalb sie weiterhin Palma genannt wurde.

Die Suche nach einem neuen Besitzer für das Tier begann. Schließlich wurde eine Einwohnerin von Kiew ausgewählt. Vera Kotljarewskaja, eine außerordentliche Professorin an einem pädagogischen Institut, ist die Ururenkelin des berühmten ukrainischen Dichters Iwan Kotljarewski. Sie ging die Aufgabe, das Vertrauen der sensiblen Hündin zu gewinnen, sehr gewissenhaft und geduldig an. 

Nachdem sie einen Monat Urlaub genommen hatte, ließ sich Vera in Wnukowo nieder. Sie besuchte das Tier jeden Tag und schaffte es bald, dass sie zutraulicher wurde. 

Schließlich gelang es Kotljarewskaja, Palma einige Schlaftabletten zu geben. Am nächsten Tag wachte die Hündin zu ihrer großen Überraschung in einer fremden Wohnung in der Hauptstadt der sowjetischen Ukraine auf.

Vera Kotljarewskaja mit Palma.

Palma zeigte keinerlei Aggression oder Panik. „Eine sehr ausgeglichene Hündin mit einem stabilen Charakter, die an Menschen und das Leben zu Hause gewöhnt ist. Sie näherte sie sich meiner schlafenden Tochter, leckte ihr die Wange und nahm vorsichtig ihr Ohr zwischen die Zähne, notierte Kotljarewskaja in ihrem Tagebuch. 

Allerdings versuchte das Tier immer wieder wegzulaufen, weshalb der Balkon und die Fenster stets geschlossen gehalten werden mussten. 

Erst ein halbes Jahr später lebte sich Palma ein und akzeptierte schließlich ihr neues Zuhause und ihr neues Frauchen, dem sie ihre ganze Liebe und Hingabe schenkte.

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