Opritschniki (Nikolaj Newrew,1888)
GemeinfreiMit der Zeit wuchs ihre Zahl auf fast sechstausend an. Wie in einer Fernsehserie oder einem Fantasy-Film waren sie in klösterlichem Gehorsam vereint und dienten gemeinsam in einem Kloster in der befestigten Residenz des Zaren, das vor der Außenwelt verschlossen war. Mit dem Beitritt zu diesem „Orden“ verzichteten viele von ihnen auf ihre Familien.
„Opritsch“ bedeutet „außer“. Und bis zur Zeit Iwans des Schrecklichen wurde mit dem Wort der Rest des Vermögens, der der Witwe eines verstorbenen Fürsten als persönliches Eigentum zukam, bezeichnet. Der gesamte Besitz des Fürsten ging auf seine Söhne über, „außer“ dem Anteil, der der Witwe überlassen wurde. Dieser wurde Opritschnina genannt.
Opritschnik (Wjatscheslaw Schwartz, 19. Jahrhundert)
SputnikAndrej Kurbskij, ein Feind Iwans des Schrecklichen, nannte die Opritschniki „Kromeschniki“. Er spielte damit auf das Inferno (russisch „ad kromeschnyj“) an, d.h. die Hölle, die sie schufen. „Es ist bekannt, dass der Begriff „Kromeschniki“ in der russischen Umgangssprache für die Gesamtheit der unreinen Geister und der Kreaturen der Unterwelt steht“, schreiben die Historiker Igor Kurukin und Andrej Bulytschew in ihrer Studie über das Alltagsleben der Opritschniki. So etwa sollten die Opritschniki nach der Vorstellung ihres Schöpfers Zar Iwan mit Vergeltung in Verbindung gebracht werden...
Mithilfe der Opritschnina kämpfte Iwan der Schreckliche gegen die damalige „Oligarchie“. Die Großgrundbesitzer, insbesondere die adligen Fürsten der Rurikowitsch-Dynastie, kontrollierten die Einkünfte und die Bevölkerung riesiger Territorien. Sie wehrten sich gegen die Einführung von Steuern durch den Zaren und die Entsendung von Beamten aus dem Zentrum und wollten die Dinge buchstäblich in Eigenregie regelt - wie in Zeiten der Fürstenherrschaft.
Iwan der Schreckliche und Maljuta Skuratow (G. Sedow)
GemeinfreiNach mehr als 15 Jahren des Kampfes zwischen dem Zaren und den Eliten traf der Zar die radikalste Entscheidung: Er teilte das Gebiet seines Reiches in zwei ungleiche Teile auf - die Opritschnina und die Semschtschina. In die Opritschnina nahm er nur jene Ländereien und Adligen auf, die ihm persönlich die Treue geschworen hatten. Alle anderen schickte er in die Semschtschina.
Das Problem für den Zaren war, dass der Adel nicht gut für Feldzüge taugte. Es waren die Fürsten und Bojaren, die die Truppen mit Landbesitz (pomestnoje woisko), die Armee des russischen Staates, bildeten. Diese Schwachstelle wurde im Feldzug von Kasan sehr deutlich. Der namhafteste Historiker des Adels Alexander Simin bestätigt: „Die adligen Kriegsherren stritten ständig darüber, wer adliger sei und wer wem unterstellt werden sollte. Und sie stritten sich, anstatt Kasan einzunehmen! Der Zar konnte diese Streitigkeiten nur mit Mühe schlichten. Es handelte sich um kleinliche Konflikte, weil es dabei um Sitze im lokalen Machtgefüge ging. Und dann hatte er davon genug - es war unmöglich, eine solche Armee vernünftig zu befehligen!“
Die Alexandrow-Sloboda. Eine Radierung aus dem 17. Jahrhundert
GemeinfreiDer Zar gründete eine Armee von Opritschniki und versammelte in ihr den Adel: Fürsten, Adlige und „Bojarenkinder“ (Kleinadelige). Aber nicht aus Moskau, sondern aus den alten Städten - Susdal, Wjasma, Moschaisk und anderen. Iwan befahl den Soldaten, persönlich vor ihm zu erscheinen, und verhörte sie selbst über ihre Verwandten, ihren Dienst und ihre Verbindungen. Es war ein Kreuzverhör - andere Personen aus denselben Gebieten mussten die Aussagen der ersten bestätigen. Es wurden sogar Schlüsselwächter, Bäcker, Metzger, Stallknechte und alle Bediensteten für den Dienst in den Residenzen, Festungen und Städten der Opritschnina befragt. Niemand aus der Semschtschina durfte darunter sein.
Das Ergebnis - die Armee der Opritschniki war immer „ohne Sitze“ und nur dem Zaren persönlich unterstellt. Die Moskauer Woiwoden und Fürsten konnten sie nicht befehligen.
Alexandrowskaja Sloboda
Sergey Bobylev/TASSWovon lebte die Armee der Opritschniki? Der Zar nahm den großen Fürsten und Bojaren einfach die besten Ländereien weg und vertrieb sie und ihre Familien. Ihnen wurde in anderen Gebieten des Landes Grundeigentum übertragen. Abgaben waren in der Opritschnina verboten. Nur was ein Opritschnik tragen konnten, wurde beschlagnahmt. Es war ein Terror zur Vernichtung der Moskauer Elite.
Wer in die Oprichnina aufgenommen wurde, schwor Treue: „Ich schwöre auch, mit der Semschtschina weder zu essen noch zu trinken und nichts mit ihnen gemein zu haben“, bezeugten Johann Taube und Elert Kruse aus Livland, die in Moskau dienten. Der Opritschnik Heinrich Staden fügt hinzu: „Nach dem Eid durften die Opritschniki nicht mit Angehörigen der Semschtschina sprechen und auch keine Ehen mit ihnen schließen. Und wenn ein Opritschnik einen Vater und eine Mutter in der Semschtschina hatte, durfte er sie nicht besuchen. Die Einhaltung dieser Verbote wurde von den Opritschniki selbst streng durchgesetzt. Wie Staden schrieb, töteten andere Opritschniki, wenn sie einen Opritschnik dabei erwischten, wie er mit einem Angehörigen der Semschtschina sprach, beide auf der Stelle.
Taube und Kruse schreiben: „Wenn der Opritschnik und ein Angehöriger der Semschtschina zusammentreffen sollten, packt der Opritschnik den Feind am Hals, führt ihn vor Gericht, obwohl er ihn noch nie gesehen oder gesprochen hat, beschwert sich, dass er ihn und die Opritschnina im Allgemeinen geschändet hat; und obwohl der Großherzog weiß, dass dies nicht geschehen ist, wird der Kläger zum treuen Mann erklärt, und er erhält das gesamte Vermögen des Angeklagten, und letzterer wird geschlagen, durch alle Straßen getrieben und dann enthauptet oder lebenslang eingekerkert.“
Iwan der Schreckliche
Klavdiy Lebedev„Die Opritschniki (oder Auserwählten) müssen beim Reiten ein bekanntes und auffälliges Erkennungszeichen tragen, nämlich einen Hundekopf am Pferdehals und einen Besen an der Peitsche. Dies bedeutet, dass sie zuerst wie Hunde beißen und dann alles Überflüssige aus dem Land fegen. Die Infanteristen müssen alle einfache Bettler- oder Mönchskutten über einem Schafspelz, aber Unterkleider aus goldbesticktem Stoff über einem Zobel- oder Gänsefell tragen“, schreiben Taube und Kruse. Man beachte, dass auch die Pferde der Opritschniki wild waren - nicht jedes Pferd hätte angesichts eines abgetrennten Hundekopf an seinem Hals Ruhe bewahrt.
„Alle Brüder ... müssen lange schwarze Mönchsstäbe mit scharfen Spitzen tragen, mit denen sie einen Bauern niederschlagen können, und auch lange Messer unter ihren Oberkleidern, eine Elle lang, noch länger, damit man, wenn man jemanden töten will, nicht nach Henkern und Schwertern schickt, sondern alles für Folter und Hinrichtung zur Hand hat“, berichten sie.
Moskau zur Zeit Iwans des Schrecklichen (Apollinarij Wasnezow, 1902)
Die Opritschniki patrouillierten in den Straßen Moskaus und anderer Großstädte in Kompanien von 10-20 Mann. „Jede einzelne Kompanie hatte es auf Bojaren, Staatsmänner, Fürsten und adlige Kaufleute abgesehen. Keiner von ihnen kannte seine Schuld, noch weniger den Zeitpunkt seines Todes und dass er generell verurteilt war. Und alle gingen, ohne etwas zu wissen, zur Arbeit, zu den Gerichten und zur Kanzlei“, beschrieben Taube und Kruse den Terror der Opritschniki.
Natürlich gehörten nicht alle der 1000 oder 6000 Opritschniki dem „Orden“ an. Er bestand nur aus der edelsten Spitze der Opritschnina, die etwa 100 bis 300 Personen umfasste. Sie wohnten mit dem Zaren in der Alexandrowskaja Sloboda und lebten tatsächlich wie Mönche, unter denen Iwan die Rolle des „Klostervorstehers“ übernahm.
Jeden Morgen um 4 Uhr läutete Iwan der Schreckliche zusammen mit dem Küster (Maljuta Skuratow) die Glocken. Sofort versammelte sich der gesamte „Hof“ der Oprotschniki in der Kirche. Diejenigen, die nicht erschienen, wurden mit acht Tagen Buße bestraft, unabhängig von ihrem Adelsstand. Von vier bis sieben Uhr sangen der Zar und seine Brüder in der Kirche, dann gab es eine einstündige Pause, und von acht bis zehn Uhr sangen sie weiter. Es folgte eine Mahlzeit: „Er selbst blieb in der Manier des Abtes stehen, während sie aßen“, schreiben Taube und Kruse. „Jeder Bruder sollte Becher, Geschirr und Schalen an den Tisch bringen, und jedem wurde Essen und Trinken serviert, sehr hochwertig und aus Wein und Honig bestehend, und was er nicht essen und trinken konnte, sollte er in Gefäßen und Schalen mitnehmen und an die Armen verteilen. Meist wurde es nach Hause gebracht. Wenn das Mahl beendet war, ging der Abt selbst an den Tisch. Danach gab es selten einen Tag, an dem er nicht ins Gefängnis ging, wo ständig viele Hunderte von Menschen festgehalten wurden.“
Nach den Tagesgeschäften, die in der Tat oft aus Verhören und Untersuchungen mit Folter bestanden, fand sich der Zar zum Abendmahl ein, das mit einem Gebet verbunden war und bis 9 Uhr dauerte. „Danach ging er in seinem Schlafzimmer zu Bett, wo ihm drei blinde alte Männer zugeteilt waren“, schreiben Taube und Kruse. So endete der Tag des Zaren in der Opritschnina-Festung.
Die Ziele der Oprichnina-Ordnung wurden nicht erreicht. Dem Zaren gelang es nicht, die Macht des Moskauer Adels und der Großgrundbesitzer zu untergraben. Er schaffte es lediglich, dass sich ihm hörige randständige Schergen im Staat ausbreitete, die vor allem die einfache Bevölkerung ausraubten: Laut dem Historiker Stepan Weselowskij kamen auf einen Bojaren oder eine Person vom Zarenhof drei oder vier einfache Grundbesitzer und auf einen Dienstadeligen ein Dutzend einfacher Leute.
Der Glockenturm in Alexandrowskaja Sloboda, der angeblich von Iwan dem Schrecklichen besucht wurde.
Sergey Ashmarin (CC BY-SA 3.0)Im Jahr 1571 griff der Krim-Khan Devlet Giray Moskau an. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Armee der Opritschniki endgültig aufgelöst und war nicht mehr bereit, die Stadt zu verteidigen. Es gab nur noch ein Regiment von Opritschniki, während die Semschtschina fünf aufgestellt hatte. Moskau wurde niedergebrannt.
Iwan beschloss daraufhin, die Opritschnina abzuschaffen, denn es gab ernstere Probleme, die unter anderem durch die Opritschnina verursacht wurden: Polen-Litauen gewann den Livländischen Krieg gegen Moskau, und die Schweden nahmen mehrere Festungen ein und weigerten sich, sie zurückzugeben. Das Zarenreich unter Iwan dem Schrecklichen sah einer wahren Katastrophe entgegen.
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!