Ilf und Petrow: Das lustigste Schriftstellerduo der Sowjetunion

 Jewgenij Petrow und Ilja Ilf

Jewgenij Petrow und Ilja Ilf

Getty images; Ilja Ilf/RIPOL classic, 2008
Die beiden Freunde Ilja Ilf und Jewgenij Petrow hätten bestimmt noch viele großartige Werke geschrieben, wenn sie nicht beide jung gestorben wären.

Ilja Ilf und Jewgenij Petrow wurden in Odessa, der Humor-Hauptstadt des Russischen Reiches (heute Ukraine), geboren. Diese südliche Stadt am Schwarzen Meer war und ist wohl mit mehr urbanen Mythen und Legenden verbunden als mit realen denkwürdigen Ereignissen. Schlitzohren und dreiste Zeitgenossen sind der heimliche Stolz der Stadt und um sie ranken sich auch viele erfundene Geschichten. Ein solcher Zeitgenosse war Ostap Bender. Er ist der Protagonist des Hauptwerkes der beiden Schriftsteller Ilf und Petrow.  

So fanden sie zueinander 

Ilf und Petrow trafen sich 1925 in Moskau. Ersterer war 28 und letzterer 23 Jahre alt. Beide arbeiteten für das Magazin „Gudok“ als Redakteure und Verfasser satirischer Sketche.  

Moskau. Ein Foto von Ilja Ilf

Der Jude Ilja Ilf war der Sohn eines bescheidenen Buchhalters und Bankangestellten aus Odessa. Er absolvierte die technische Schule und arbeitete in einem Zeichenbüro, einer Telefonzentrale und einer Fabrik zur Herstellung von Handgranaten.

Er verfasste außerdem Gedichte und machte sich nach und nach einen Namen in der Dichterszene von Odessa. Ab 1917 arbeitete er als Redakteur und Texter. Nachdem er sich für eine literarisch-journalistische Karriere entschieden hatte, zog er 1923 nach Moskau. 

Ilja Ilf

Sein zukünftiger Freund Jewgenij Petrow stammte aus einer Familie, die mehr soziales Ansehen genoss: Sein Vater war Beamter sowie Lehrer an der Militärhochschule.

Petrow begann seine Karriere als Ermittler bei der Kriminalpolizei von Odessa. Er klärte Straftaten auf und verfolgte kriminelle Banden. Petrows richtiger Name war Katajew. Sein älterer Bruder Walentin Katajew wurde ein bekannter sowjetischer Schriftsteller.

Jewgenij Petrow

Ilf und Petrow trafen nicht in ihrer Heimatstadt Odessa, sondern in Moskau aufeinander.  Beide wurden unzertrennlich. Sie schrieben humorvolle Geschichten und Kurzromane.

Der Legende nach begannen sie ihre erste große Arbeit als „Ghostwriter“ für Petrows Bruder Walentin. Er war so begeistert von dem satirischen Roman, dass er großzügig auf seine vermeintliche Urheberschaft verzichtete. 

Zwölf Stühle 

Es handelt sich dabei um den legendären Roman „Zwölf Stühle“. Das Werk wurde 1927 veröffentlicht. Es ist erstaunlich, dass die Zensoren diese subtile Satire gegen die neue sowjetische Ordnung nicht beanstandet haben. Der Roman machte sich unter anderem über die politische Abteilung des NKWD lustig, die für die Umsetzung der Repressionen der Stalinzeit verantwortlich war. 

Ilja Ilf mit dem Buch „Zwölf Stühle“

„Zwölf Stühle“ ist die Geschichte zweier Männer, die sich in der fiktiven Stadt Stargorod treffen. Der frühere Großgrundbesitzer Hippolyt Worobjanninow ist in der Stadt, um nach den Familienjuwelen zu suchen, die seine Schwiegermutter während der Revolution in die Polsterung eines Stuhles eingenäht hat. 

Der Hochstapler Ostap Bender ist rein zufällig in Stargorod. Während er einen neuen hinterlistigen Plan ersinnt, um ohne Anstrengung reich zu werden, trifft er auf Hippolyt. Der eher zurückhaltende Großgrundbesitzer macht nun gemeinsame Sache mit dem unternehmungslustigen Bender. Beide machen sich auf die Jagd nach den Juwelen …  

Der berühmte sowjetische Schauspieler Andrei Mironow als Ostap Bender in Mark Sacharows Film von 1976

Anschließend erwarten das ungleiche Paar unglaubliche Abenteuer bei der Suche nach den Stühlen. Diese wurden nach der Revolution einzeln verkauft und sind über das ganze Land verstreut. Es gelingt den beiden durch List und Tücke an die Stühle zu gelangen, die mittlerweile im Besitz von Anhängern des Zaren, Kleinbürgern oder leidenschaftlichen Bolschewiki sind. 

Sergei Filippow als Hippolyt in Leonid Gaidais Film von 1971

Zusammenarbeit und Roadtrip durch die USA 

Nach dem enormen Erfolg von „Zwölf Stühle“ schrieben Ilf und Petrow 1931 eine Fortsetzung der Abenteuer von Ostap Bender. Das Buch trug den Titel „Das goldene Kalb“. Während ihr erster Roman die Zensur leicht überstanden hatte, wurde der neue Roman als „Pamphlet gegen die Sowjetunion“ eingestuft und erst drei Jahre später gedruckt. Das Buch erwies sich als nicht weniger beliebt, und in der Folge wurden beide Teile mehrmals für die Leinwand adaptiert. Die Filme wurden zu Klassikern des sowjetischen Kinos.

In den Jahren 1935/1936 unternahmen die Autoren eine Tournee durch die USA. Sie durchquerten das ganze Land mit dem Auto in Begleitung eines amerikanischen Ehepaares, zeichneten ihre Reisen auf und brachten anschließend den detaillierten Reisebericht „Einstöckiges Amerika“ heraus, in dem sie ihre Eindrücke teilen: von New York, vom Bau der Golden Gate Bridge in San Francisco, vom Alltag der Amerikaner, von Landschaften und Prärien, von Hollywood ...

Die jungen Schriftsteller machten alles zusammen, außer heiraten, wie sie selbst scherzten.   Sie hatten noch viele Ideen und Pläne, aber Ilf starb 1937 an Tuberkulose. Zwei Jahre später bekam Petrow einen Sohn, den er zu Ehren seines Freundes Ilja nannte.

Nach dem Tod seines Co-Autors befasste sich Jewgenij mit dem Kino und wurde später Herausgeber des Kultmagazins „Ogonjok“. Im Zweiten Weltkrieg schrieb er Berichte und Reportagen über militärische Operationen. Während einer seiner regelmäßigen Arbeitsreisen starb er bei einem Flugzeugabsturz. Bei seinem Tod war er genauso alt wie Ilf, als dieser gestorben war. 

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