In literarischen Kreisen wusste jeder von Dostojewskis Promiskuität. Der Schriftsteller selbst beklagte sich über seine Sexsucht und seine Unfähigkeit, sie unter Kontrolle zu bringen. Ein Brief an seinen Bruder aus dem Jahr 1845 liefert erschöpfende Beweise: „Die Minuschkas, Klaruschkas, Mariannas usw. sind hübscher denn je, aber sie verlangen Unsummen.“ In „Notizen aus dem Untergrund“ lässt Dostojewski seinen Protagonisten für sich sprechen: „Und so frönte ich heimlich, ängstlich, in der Einsamkeit, nachts, dem schmutzigen Laster, mit einem Gefühl der Scham, das mich nie verließ."
Aber er war hoffnungslos schlecht darin, Frauen aus der respektablen Gesellschaft kennenzulernen. Er wurde schüchtern und manchmal fiel er sogar in Ohnmacht, wenn eine schöne Frau ihn ansprach. Käuflicher Sex fiel ihm leichter. Das hat womöglich mit den sexuellen Vorlieben des Schriftstellers zu tun. Er bevorzugte eine dominante Rolle und fügte seinen Gespielinnen gerne Schmerzen zu. Später änderte sich die Situation etwas. Er heiratete … sogar zweimal.
Urteil: Wahr
Der Literaturkritiker Nikolaj Strachow, der als Freund Dostojewskis galt, beklagte sich in einem Brief an Leo Tolstoi vom 23. November 1883, dass er keine gute Rezension über Dostojewski schreiben könne, weil er zu viele geschmacklose Details über ihn wisse. „Er fühlt sich zu Unaussprechlichem hingezogen und prahlt damit. Wiskowatow fing an, mir eine Geschichte zu erzählen, wie Dostojewski ihm gegenüber damit angab, dass er ein kleines Mädchen in einem Badehaus verführt hatte, das ihre Gouvernante zu ihm gebracht hatte", schrieb der Kritiker.
Tolstoi ging darauf nicht ein. Nach Dostojewskis Tod begann seine Witwe vehement, die Geschichte vom vermeintlichen Kindesmissbrauch zu dementieren und wies darauf hin, dass die Episode in den Entwürfen des Schriftstellers für den Roman „Die Teufel“ („Die Besessenen“) vorkam - mit anderen Worten, sie war Fiktion. Das Gerücht hielt sich jedoch lange Zeit.
Später stellte sich heraus, dass Strachow ein Motiv hatte, dem Ruf des Schriftstellers zu schaden. Nach Dostojewskis Tod im Jahr 1881 wurde Strachow eingeladen, sein Archiv zu sortieren, und er stieß auf einige wenig schmeichelhafte Kommentare über sich selbst in Dostojewskis Notizbuch. Dostojewski beschrieb ihn als einen Mann ohne jegliche Prinzipien. Laut der Dostojewski-Forscherin Liya Rozenblyum erkannte Strachow, dass eines Tages das Notizbuch sowie Tolstois Korrespondenz veröffentlicht werden würde. So entstand sein Plan zur langfristigen Rache - und Strachow lag richtig: Tolstois Briefwechsel wurde in den 1910er Jahren veröffentlicht, während die Veröffentlichung von Dostojewskis Notizbuch erst in den 1970er Jahren stattfand. 60 Jahre lang konnte niemand Strachow der Lüge überführen.
Urteil: Unwahr
Dostojewski schrieb häufig über die Juden. Aber seine Vorurteile gegen die Juden drückte er gelegentlich in sehr unverblümten Worten aus. Daher galt er als Antisemit. Fairerweise muss man sagen, dass Dostojewski nicht nur gegen Juden, sondern auch gegen Polen, die Franzosen, die Deutschen und andere Nationalitäten Groll hegte, da er nur das „gottesfürchtige russische Volk“ akzeptierte.
Er legte seine Position in einem Stück mit dem Titel „Die Judenfrage“ dar: Er war nicht in der Lage, die Probleme des jüdischen Volkes zu würdigen, während viele Menschen im Land sich in einer vergleichbaren oder schlechteren Lage befanden. Insbesondere hatte er die Klagen der Juden im Kopf, dass sie keine Freizügigkeit haben. Ihre Aufenthaltsmöglichkeiten im Russischen Reich waren auf bestimmte Gebiete begrenzt. Zugleich waren aber mehr als 23 Millionen Russen Leibeigene. Er ärgerte sich über jüdische Unternehmer, die sich der Presse bemächtigten und antirussische Propaganda verbreiteten und war nicht weniger bissig gegenüber russischen Liberalen, die sich abfällig über ihr eigenes Land äußerten.
Er beendete den Artikel mit dem Wunsch nach der „vollen Ausdehnung der Rechte des jüdischen Volkes“, aber unter der Bedingung, dass „diese Rechte ohne Nachteil für die einheimische Bevölkerung angenommen und ausgeübt werden“.
In der Korrespondenz mit dem russischen Journalisten Arkadi Kovner schrieb er: „Ich kann Ihnen sagen, dass ich keineswegs ein Feind der Juden bin und es nie gewesen bin! Aber die bloße Tatsache ihrer 40 Jahrhunderte alten Existenz, wie Sie es ausdrücken, zeigt, dass es sich um ein Volk handelt, das eine außerordentlich starke Lebenskraft besitzt, die sich im Laufe seiner gesamten Geschichte nur in verschiedenen Formen des Staates im Staate manifestieren konnte."
Urteil: Unwahr
Dostojewskis erste Frau - Maria.
Public domainZeitgenossen beschrieben seine erste Frau Maria als schlanke, „ziemlich hübsche" Blondine, wobei sie ihr „leidenschaftliches, erregbares, lebhaftes und beeinflussbares Wesen“ gesondert erwähnten. Sie heirateten, als der Schriftsteller 34 Jahre alt war, und die Ehe dauerte formell acht Jahre. In der Praxis blieben sie jedoch nicht lange zusammen. Jeder von ihnen hatte außereheliche Beziehungen.
Es stimmt, dass Dostojewski seine erste Auslandsreise 1862 ohne seine Frau antrat, die zu diesem Zeitpunkt bereits an Tuberkulose erkrankt war. Aber in den 1860er Jahren (sie starb 1864) versuchte er die ganze Zeit, das Leiden seiner Frau zu lindern, begleitete sie von einer Stadt zur anderen, um verschiedene Ärzte aufzusuchen, stellte Pflegepersonal für sie ein und war in ihren letzten Minuten bei ihr.
Urteil: Unwahr
Die Armut trieb den Schriftsteller zu extremen Maßnahmen. Um sich einen Vorschuss zu sichern, schloss er 1866 einen Vertrag mit dem Verleger Fjodor Stellovsky. Der Vertrag verpflichtete ihn, bis zum 1. November des Jahres einen neuen Roman für Stellovsky zu schreiben. Sollte der Schriftsteller die Frist nicht einhalten, würden alle Rechte an den von ihm in den folgenden neun Jahren geschriebenen Werken an Stellovsky übergehen.
Dostojewski kam schlecht voran. Er stellte eine Stenografin ein, der er den Roman diktierte. Es war die 20-jährige Anna Snitkina (seine spätere zweite Frau). Die beiden arbeiteten gemeinsam an dem 400-Seiten-Roman „Der Spieler“, ein Thema, dass den Schriftsteller damals besonders beschäftigte. Und sie schrieben ihn in nur 26 Tagen und beendeten ihn drei Tage vor der Deadline.
Urteil: Wahr
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