Angeln ist eine der beliebtesten Aktivitäten in Russland. Und nach der Volkstradition „flüchten“ die Männer vor ihren Frauen, um zu fischen (auch heute noch). Das Beobachten des Wasser und gelassen darauf zu warten, dass ein Fisch anbeißt – das ist die wahre Meditation der Russen (sehr beliebt ist auch das Winter-Eisangeln, so dass die echten Angler keine Angst vor Frost und schlechtem Wetter haben).
Assoziiert mit der Fischerei ist eine große Anzahl von Sprichwörtern: „Ein Fischer erkennt einen Fischer von Weitem“, „Nicht jeder ist ein Fischer, der schon einmal einen Fisch gefangen hat“, „Einen Schwätzer erkennt man am Wort, einen Fischer am Fang“.
Einen seltenen Fisch zu fangen, vor allem einen großen, gilt als großes Glück, und so handeln viele Märchen von einem Fischer, der einen Zauberfisch fängt, der Wünsche erfüllt. Der Fischer kann – je nach Märchen – unglücklich, arm oder faul sein.
Der magische Hecht
Es gibt zwei berühmte Zauberfische in russischen Märchen. Einer von ihnen ist der Hecht. In dem Märchen Der Zauberfisch hatte der faule Narr Jemelja das Glück, den magischen Hecht mit bloßen Händen in einem Eisloch zu fangen. Er beschließt jedoch, ihn am Leben zu lassen, und zum Dank gewährt ihm der Hecht ein magisches Geschenk. Mit dem Zauberspruch Beim Willen des Hechtes, auf meinen Wunsch lässt Jemelja alle seine Wünsche in Erfüllung gehen. Meistens nutzt er seine magischen Kräfte jedoch für die Hausarbeit – Holz hacken, Wasser tragen und auf seinem eigenen Herd fahren. Schließlich entdeckt der Zar Jemeljas Geheimnis und lädt ihn in seinen Palast ein – und verheiratet sogar seine Tochter mit dem Narren. Diese Geschichte ist eine der beliebtesten in der russischen Folklore. Sie erzählt vom unglaublichen Glück und Erfolg eines Mannes, der sich nicht strebsam und zunächst in einer äußerst miserablen Lage war.
Das Goldfischlein
Der andere berühmte sprechende Fisch ist der Goldfisch aus Alexander Puschkins Das Märchen vom Fischer und dem Fischlein, das auf einer volkstümlichen Geschichte beruht. Hier fängt ein armer alter Mann versehentlich einen magischen Fisch, der darum bittet, verschont zu werden, wenn er die Wünsche des Alten erfüllt. Der alte Mann will nichts von dem Fisch wissen und wirft ihn einfach zurück ins Meer, aber seine mürrische Frau schimpft ihn, weil er eine solche Chance verpasst hat – und sagt ihm, er solle den Fisch um ein neues Haus bitten. Dann wächst der Appetit der alten Frau, sie bittet darum, eine Adelige zu werden, und dann die Königin... Aber am Ende wird der Fisch wütend und nimmt der alten Frau alles weg und sie ist wieder dort, wo sie am Anfang war – „an einem zerbrochenen Trog“. Dieses Zitat ist zu einem Sprichwort geworden – und zu einer Moral für diejenigen, die zu viel wollen und magische Kräfte missbrauchen.