Wie der Adelige Baron von Ungern die Mongolei befreite

Baron Roman von Ungern-Sternberg in Mongolia

Baron Roman von Ungern-Sternberg in Mongolia

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Roman von Ungern-Sternberg (1886-1921) lebte ein außergewöhnliches Leben. Als Aristokrat mit deutschen Wurzeln machte er sich den Buddhismus zu Eigen und befreite die Mongolei von der chinesischen Besatzung. Gleichzeitig versuchte er, die Machtergreifung der Bolschewiki zu verhindern und ein eurasisches Reich zu schaffen.

Baron Roman von Ungern-Sternberg in Mongolia / Archive PhotoBaron Roman von Ungern-Sternberg in Mongolia / Archive Photo

„Es gab in Europa viele Menschen, die im Osten nach spiritueller Unterstützung suchten, sowohl vor als auch nach Baron von Ungern”, schrieb der russische Autor Leonid Jusewitsch in seiner Biografie des Mannes. „Er aber war der einzige, der es schaffte, diese Unterstützung in militärische Macht zu wandeln.“

Und es stimmt tatsächlich: Ungern war ein russischer Adeliger mit deutschen Wurzeln, der seine letzten Tage damit verbrachte, in Sibirien und der Mongolei für die Wiederauferstehung des Russischen Reiches zu kämpfen – unterstützt von seinen asiatischen Reitern.

Äußerst tapfer und nahe des Wahnsinns

Die adelige Familie von Ungern-Sternberg diente Russland seit den 1870er-Jahren, obwohl sie eigentlich aus Deutschland stammte. Roman Ungern, der jüngste Nachkomme der Familie, war absolut überzeugt, dass es für Russland keinen anderen Weg gebe, als auf ewig unter der zaristischen Führung der Romanows zu bleiben.

Gleichzeitig aber galt Ungern selbst als aufmüpfig. So wurde er zum Beispiel in seiner Jugend aufgrund von Prügeleien und Trinkgelagen beinahe der Schule verwiesen. Diese Mätzchen aber waren mit einem tiefen Patriotismus verbunden.

Im Ersten Weltkrieg kämpfte Ungern auf Seiten Russlands gegen Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich. Dabei wurde er fünfmal verwundet und erhielt dafür den Russischen Orden des Heiligen Georg, das Symbol für militärische Heldentaten. Dennoch handelte er auch in dieser Zeit unberechenbar: Wegen einer Attacke gegen einen anderen Offizier saß er zwei Monate in Haft. Nach der Februarrevolution 1917 zog es ihn dann in den Fernen Osten.

Roman von Ungern-Sternberg als Kind / Archive PhotoRoman von Ungern-Sternberg als Kind / Archive Photo

Ein Buddhist mit Schwert

Die Entscheidung, in Richtung Osten zu ziehen, traf er nicht spontan. Ungern war fasziniert von der asiatischen Kultur und hatte die Region zuvor bereits mehrfach besucht. Er interessierte sich dabei vor allem für den tibetischen Buddhismus und das Leben der Mongolen, Burjaten und anderer asiatischer Völker an den Grenzen zu Russland. Diese Menschen brachten im Gegenzug auch Ungern großen Respekt entgegen, vor allem wegen seiner herausragenden Reitkünste. Dieser gegenseitige Respekt sollte Ungern von unbeschreiblichem Nutzen während dessen zukünftigen militärischen Eskapaden in der Mongolei sein.

Er konvertierte schließlich zum Buddhismus, hielt aber nichts von der Vorgabe der Gewaltlosigkeit. Nachdem Wladimir Lenin und die Bolschewiki 1917 die Macht übernommen hatten, schwor Ungern den Romanows Loyalität und kämpfte im Bürgerkrieg mit weiteren Kommandeuren der Weißen Armee in Sibirien gegen Truppen der Roten Armee.

Im Ersten Weltkrieg / Archive PhotoIm Ersten Weltkrieg / Archive Photo

Der mongolische Feldzug

1921 wurde die bevorstehende Niederlage der Weißen offensichtlich und die Rote Armee rückte immer zügiger in Richtung Osten. Ungern entschied sich, Russland zu verlassen. Dabei wählte er allerdings einen anderen Weg als viele andere Kommandeure der Weißen Armee. Anstatt nach Europa zu fliehen, wandelte er die Asiatische Reitereinheit, die hauptsächlich aus lokalen Freiwilligen bestand, in eine Guerillatruppe um und überquerte mit ihr die russisch-mongolische Grenze.

Zu jener Zeit war die Mongolei von chinesischen Truppen besetzt. Der spirituelle Führer der Mongolen, Bogd Khan, lebte unter Hausarrest in der Hauptstadt Urga, dem heutigen Ulaanbaatar. Die chinesische Garnison in der Stadt bestand aus 7 000 Mann und übertraf die Truppenstärke Ungerns um das Fünffache. Dennoch gelang es dem Baron, die chinesischen Besatzer zu besiegen und die Stadt zu befreien. Kurze Zeit darauf waren die feindlichen Soldaten aus der gesamten Mongolei vertrieben.

Der letzte russische Khan

Die Mongolen verherrlichten Ungern. Bogd Khan kehrte an die Spitze des Landes zurück und verlieh ihm den Titel des Khan, der höchsten Auszeichnung für einen militärischen Führer. Der Baron genoss hohes Ansehen im Land und die Mongolen nannten in den „Gott des Krieges“ aufgrund seines Sieges über die Besatzer.

Die Mongolen / Archive PhotoDie Mongolen / Archive Photo

Allerdings war Ungern ein autokratischer Führer und befahl den Tod Hunderter Menschen. Laut dem russischen Historiker Sergei Kusmin starben zwischen Februar und August 1921 rund 850 Menschen auf Befehl des Barons. Der gewalttätige und brutale Ungern schreckte auch nicht davor zurück, seine eigenen Leute zum Tode zu verurteilen – oft für harmlose Verstöße.

In jedem Fall aber war der Baron nie damit zufrieden, nur die Mongolei zu kontrollieren. Laut dem Historiker Stanislaw Khatuntsew wollte er „einen Feldzug gegen den Westen, der Quelle aller Revolutionen“ beginnen und dafür „die Kraft Asiens nutzen, um die „asiatische“ Kultur und ihren Glauben nach ganz Eurasien zu bringen und dabei die gefallenen Monarchien wieder aufzubauen“.

Das tödliche Ende

Der Feldzug aber sollte scheitern. Im Mai 1921 marschierte Ungern mit 4 000 Mann in das sowjetische Russland ein. Er hatte darauf spekuliert, dass die Menschen Sibiriens unzufrieden mit den Bolschewiki seien und sich seinem Kampf anschließen würden. Dies aber geschah nicht – und die Armee des Barons wurde besiegt. Letztlich wurde er von seinen eigenen Männern verraten und der Roten Armee übergeben.

Ungern wurde im gleichen Jahr in Nowonikolajewsk, dem heutigen Nowosibirsk, 2 800 Kilometer östlich von Moskau, hingerichtet. Offizielle Quellen sagen aus, dass er während der Verhöre und auch noch kurz vor seinem Tod vollkommen ruhig gewesen sei – wie es sich für einen wahren Buddhisten (der besonderen Sorte) gehört.

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