Was versteckt sich hinter den russischen Autokennzeichen?

Evgeniy Biyatov/Sputnik
Wie in allen Ländern besteht in Russland eine Registrierungspflicht für Fahrzeuge. Nicht in allen Ländern aber verstecken sich verschlüsselte Nachrichten in den Autokennzeichen, die mit ein bisschen Hintergrundwissen entziffert werden können.

Die meisten russischen Autokennzeichen bestehen aus drei Buchstaben, drei Zahlen und einem regionalen Code aus nochmals je zwei bis drei Zahlen. Es sind lediglich jene zwölf Buchstaben aus dem russischen Alphabet erlaubt, die mit den Buchstaben des lateinischen Alphabets identisch sind, damit bei Verkehrsverstößen russischer Fahrer die Nummernschilder auch für Polizisten im Ausland lesbar sind.

Trotzdem gibt es genügend Möglichkeiten, um aus diesen Kombinationen „schöne“ Autonummernschilder zu machen. Russen mögen sie besonders gerne, weil sie glauben, dass „schöne“ Nummernschilder etwas über den „Charme des Fahrers“ aussagen. Manchmal kosten diese Autokennzeichen nahezu ein Vermögen und dienen als Mittel, den eigenen Wohlstand und die eigene Macht zu demonstrieren.

Geld für Anerkennung

2013 wurde aufgrund der vielen in Moskau registrierten Fahrzeuge der neue Regional-Code “777” eingeführt. Zuvor gab es in Moskau bereits die Codes “77,” “97,” “177” und “197”. In einer offiziellen Pressemitteilung teilte die Moskauer Polizei mit, dass eine neue Reihe der „schönen“ Nummernschilder, wie beispielsweise „A100AA“ und „A005AA“,  „Autos, die normalen Moskauer Bürgern gehören“, zugewiesen wurden.

Moskauer Journalisten bemerkten jedoch, dass diese Kennzeichen schon bald auf Porsche Cayennes, BMWs und anderen Luxusautos zu sehen waren – ein Hinweis darauf, dass diese Nummernschilder immer noch käuflich erworben werden können. Ein paar Tage nach ihrer offiziellen Vorstellung tauchte im Internet schließlich eine Werbeanzeige auf, in der „schöne“ Nummernschilder zum Verkauf angeboten wurden. Das Nummernschild „A001AA777“ zum Beispiel konnte für 900 000 Rubel, umgerechnet 23 000 Euro, erstanden werden und war innerhalb von 24 Stunden ausverkauft.

Manche Autofahrer glauben immer noch, dass bestimmte Autokennzeichen einen vor einer Verkehrskontrolle der Polizei oder einem Strafzettel für zu schnelles Fahren bewahren können. Das stimmt jedoch nur zum Teil. Wahrscheinlich denken manche Polizeibeamte außerhalb von Moskau tatsächlich zwei Mal darüber nach, bevor sie ein Auto anhalten, das ein Nummernschild aus drei gleichen Buchstaben besitzt. Schließlich könnte es sich dabei um das Fahrzeug eines hochrangingen Beamten handeln. In Moskau oder Sankt Petersburg selbst jedoch ziehen Nummernschilder dieser Art nur noch mehr Aufmerksamkeit und damit verstärkte Polizeikontrollen nach sich. Für Verkehrskameras sind alle Autokennzeichen, ob „schön“ oder nicht, ohnehin gleich: Einen Strafzettel für Verkehrsdelikte gibt es in jeden Fall.

Magische Abkürzungen

Dennoch gibt es tatsächlich zwei Arten von Autokennzeichen, die Regierungsfahrzeugen zugeordnet sind. „AMP“ zum Beispiel ist die frühere inoffizielle Abkürzung für die „Verwaltung der Russischen Miliz“. Unter diesem Kennzeichen fahren die Fahrzeuge des Innen-, Außen- und Verteidigungsministeriums sowie des russischen Geheimdienstes FSB und anderer hochrangiger Gremien. Das zweite Kürzel „EKX“ bildet die inoffizielle Abkürzung für „Ich fahre wie ich möchte“ und ist ausschließlich für Fahrzeuge des FSO, des russischen Föderalen Dienstes für Bewachung, reserviert. Der FSO ist für die Bewachung hoher Regierungsbeamter, wie den Präsidenten, den Premierminister und anderer führenden Mitarbeiter der Bundesministerien, zuständig. Man kann diese Nummernschilder deshalb weder im Internet noch auf dem Schwarzmarkt kaufen.

>>> Der Föderale Dienst für Bewachung: Mehr als Personenschutz

Es gibt für russische Nummernschilder durchaus kreative Ideen. Das Autokennzeichen „M444AO“ steht für Mao Zedong und die chinesische Nummer des Todes, das Kennzeichen C666ET trägt den Namen des ägyptischen Gottes der Unterwelt Setech sowie die bekannte Zahl des Teufels in sich.

Des Weiteren findet man auch gerne „bedrohliche“ Buchstabenkombinationen unter den Nummernschildern. „BOP“ steht im Russischen beispielsweise für „Dieb“ und wird ebenso wie „AYE“, das Kürzel für „Anonyme Kriminelle Vereinigung“, gerne von Menschen mit einem kriminellen Hintergrund verwendet.

Die Staatsduma hat zwar bereits ein Verbot dieser Kennzeichen beschlossen, um nicht für “kriminelle Kultur“ zu werben, bislang aber schaffte man es nicht, dies auch juristisch durchzusetzen. Ein anderes „gefährliches“ Kennzeichen ist KPA95, das für eine Region in Tschetschenien und die Abkürzung des Namen Kadyrow Ramsan Achmatowitsch steht, des in den 2000er-Jahren an die Macht gekommenen Regierungschefs der Tschetschenischen Republik. In Russland sind Tschetschenen im Allgemeinen dafür bekannt, ein „explosives“ Temperament zu haben. Die Abkürzung „AKM“ steht inoffiziell außerdem für ein „modernisiertes automatisches Kalaschnikow-Gewehr“ und spielt auf den Charakter des jeweiligen Autofahrers an, der so gefährlich wie die Kalaschnikow selbst sein möchte.

Manche Autokennzeichen drücken des Weiteren eine negative Einstellung gegenüber anderen Fahrern aus. Kennzeichen wie „XAM“, zu Deutsch Rüpel, „OPK“ oder auch „CPY“, das auf Deutsch so viel wie „Ich scheide Kot aus“ bedeutet, stehen für sich. Und auch Autofahrer, die gerne schnell unterwegs sind, drücken das mit Kennzeichen wie „YXY“, „juchu“, oder mit der sprachlichen Imitation des Motorgeräusches „PPP“, „rrr“, aus.

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!