Meine teure Familie: Wie viel investiert der Durchschnittsrusse in seine Kinder?

Eine Familie zu ernähren, ist nicht leicht – und nicht billig. Auch in Russland nicht. Wie viel kostet ein Kind hier? Russia Beyond hat sich umgehört und durchgerechnet.

Wie viel Geld Eltern in Russland tatsächlich monatlich für ihre Kinder ausgeben, hängt natürlich immer von vielen Faktoren ab: Vom Einkommen und dem Wohnort, dem Alter der Kinder und deren Hobbies, und manchmal spielt auch ganz banal das Wetter eine wichtige Rolle.

Neugeborenes und neue Ausgaben

Viele Eltern entdecken noch vor, aber spätestens direkt nach der Geburt ihres Kindes ein babygroßes Loch in ihrem Portemonnaie: Kinderwagen, Kindersachen, Hygiene- und Kosmetikartikel speziell für Babys usw. Die Preise variieren je nach Marke und Packungsumfang – und der Belastungsfähigkeit des Bankkontos der Eltern.

Ein Kinderwagen kostet circa ab 10.000 Rubel (umgerechnet etwa 150 Euro). Viele junge Mütter aber kaufen gebrauchte Wagen. An einigen Sozialstationen können Mütter auch kostenfreie Kleidung, Hygieneartikel, Windeln und Thermometer für ihr Baby bekommen.

Jeder Russe – und das gilt auch für jedes russische Kind – besitzt automatisch eine obligatorische Krankenversicherung. Grundsätzlich werden ernsthafte Erkrankungen und Verletzungen also kostenfrei versorgt. Da sich Kinder jedoch besonders häufig kleine Schrammen und Erkältungen zuziehen, wachsen die Ausgaben der russischen Eltern für ihre Sprösslinge dennoch – etwa um die 1000 Rubel (15 Euro) im Monat. Viele schließen jedoch auch zusätzliche private Versicherungen ab, um sich und ihr Kind besser abzusichern.

Kindergarten und Schule

Ab drei Jahren können Eltern ihr Kind in den Kindergarten geben. Da man jedoch oft in langen Wartelisten auf einen Platz warten muss, melden sich viele Eltern schon ein Jahr und länger im Voraus an, um dann einen Platz zu haben, wenn das Kind drei Jahre alt ist.

Die Betreuungsgebühren in russischen Kindertagesstätten variieren je nach Region und Viertel, Konzept und Ausstattung. Tatjana Russakowa aus dem Moskauer Umland sagt, sie zahle für ihren kleinen Sohn 3000 Rubel (50 Euro) im Monat. Maria Sagrjadskaja, Mutter zweier kleiner Töchter, sagt, sie zahle im Moskauer Stadtgebiet in einem staatlichen Kindergarten nur 2400 Rubel (40 Euro), müsse jedoch bestimmte Arbeitsgemeinschaften und erste Unterrichtseinheiten zusätzlich bezahlen: Malen zum Beispiel koste 1500 Rubel (20 Euro). Außerdem zahle sie noch 9000 Rubel (150 Euro) „Spenden“ jährlich an den Kindergarten selbst. Bei Tatjana im Umland sind das nur 4000 Rubel (70 Euro).

Wenn die Eltern nicht mehr auf einen staatlichen Platz warten können oder wollen, oder sie ihr Kind früher schon in eine KiTa geben wollen, stehen ihnen in Russland auch private Kindergärten mit völlig unterschiedlicher Ausrichtung zur Verfügung. Hier liegen die Durchschnittspreise im Monat jedoch deutlich höher: in Moskau bei 25.000 Rubel (400 Euro) und höher.

Alternativ können die Eltern natürlich eine Babysitterin engagieren. Eine solche kostet in Moskau meist etwa 300 Rubel (4 Euro) pro Stunde, in den Regionen teilweise auch nur 150 Rubel (2 Euro) pro Stunde. Laut einer aktuellen Studie des Meinungsforschungsinstituts ROMIR vom März 2018 leistet sich jedoch nur ein Prozent der russischen Familien regelmäßig eine Nanny. in den meisten Familien ersetzen Oma oder Opa den Kindergarten, wenn nötig.

Die russische Verfassung garantiert jedem ihrer jungen Bürger eine kostenfreie Schulbildung. Die meisten Kinder besuchen darum auch staatliche Allgemeinbildende Schulen, die direkt die Klassen eins bis elf umfassen. Nur 0,7 Prozent der russischen Schüler besuchen Privatschulen, ebenso viele etwa werden zuhause unterrichtet – dann müssen die Schüler nur regelmäßig Prüfungen an staatlichen Einrichtungen über ihre Lernfortschritte ablegen.

Trotz allem stöhnen Eltern dennoch oft unter den vielen Ausgaben, die mit der Schuldbildung des Kindes einhergehen: Laut einer Statistik des Russischen Öffentlichen Forschungszentrum für das Jahr 2017 gibt eine russische Familie durchschnittlich 12.745 Rubel (200 Euro) dafür aus, das Kind nur auf die Schule vorzubereiten. Davon geben sie etwa die Hälfte für Kleidung und Schuhe aus, jeweils 1700 Rubel (25 Euro) für Taschen und Schreibsachen, 1200 Rubel (18 Euro) für Lehrbücher, 1000 Rubel (15 Rubel) für Schulgeld und 600 Rubel (9,50 Euro) für Lehrergeschenke wie Blumen zum Schulanfang am 1. September aus. Außerdem zahlen viele russische Familien auch sogenanntes „Gardinengeld“ in Höhe von mehreren Tausend Rubel im Jahr, fakultativ-obligatorische Spenden für die Ausstattung der Schule.

Singen, Eislaufen, Schach oder Französisch? Willkommen im Club der Zahlenden!

In Russland ist es sehr populär, die Kinder auch in deren Freizeit noch zu verschieden Vereinen, Nachhilfelehrern, Themenclubs und ähnlichen zu schicken. Zu Sowjetzeiten waren diese Dinge staatlich organisiert und kostenfrei für die Eltern. Heute müssen diese dafür oft durchaus tief in die Tasche greifen.

Tatjana legt monatlich 6000 Rubel (100 Euro) für die Taekwando- und Fußball-Trainings ihres Sohnes hin. Ihre elfjährige Tochter macht Biathlon, was um die 50.000 Rubel (850 Euro) im Jahr für neue Ausstattung und bis zu 100.000 Rubel (1500 Euro, ein gutes Moskauer Monatsgehalt) für die Teilnahme an Wettkämpfen kostet.

Spielzeug, Kleidung und Unterhaltung

Laut dem russischen staatlichen Statistikamt Rosstat leben in Russland 18 Prozent der Kinder in Familien mit geringem Einkommen. 48 Prozent der Kinder können nicht an Schulfahrten teilnehmen; 31 Prozent besitzen keine Sportgeräte (Fahrrad, Roller, Skates), weil es sich die Eltern nicht leisten können. Aber! Neun von zehn Kindern haben viele Bücher zuhause.

Tatjana gibt im Monat etwa 2000 Rubel (30 Euro) für Spielzeug für den Sohn aus, während die Tochter schon mit Smartphone und Notebook “spielt”. Beides gehörte mal den Eltern. Taschengeld bekommen die Kinder keines. Urlaub macht die Familie meistens auf der familieneigenen Datscha.

Maria wiederum sagt, dass sie kaum Geld für Spielzeug ausgebe. Dafür gehe sie ab und an mit ihren Kindern ins Theater. Tickets im Jugendtheater kosten etwa 500 Rubel pro Person (8 Euro). Der Eintritt für Erlebnis- und Vergnügungsparks liegt ebenfalls in diesem Bereich.

Kinderkleidung ist im Vergleich dazu aber wirklich kostenintensiv: Kinder wachsen schnell, die Sachen werden schnell zu klein. Und dann muss ein russisches Kind auch noch für alle Wetterverhältnisse von -30 Grad Frost bis 40 Grad Hitze ausgerüstet werden.

Tatjana gibt im Jahr bis zu 20.000 Rubel (300 Euro) für Kleidung aus, Maria sogar 30.000 Rubel (500 Euro) für jedes ihrer zwei Mädchen im Jahr. Viele Mütter kaufen Kleidung natürlich auch in Second-Hand-Läden oder bekommen sie bei Tauschbörsen.

Und das Essen?

Besonders kleine Kinder brauchen spezielle Nahrung. Maria kostet das im Monat etwa 3000 Rubel (50 Euro), Tatjana sogar 5000 Rubel (80 Euro) im Monat.

Finanzielles "Unter-die-Arme-Greifen" von staatlicher Seite

Bekommen die Eltern in Russland staatliche Unterstützung? Ja, aber die beschränkt sich vor allem auf die Elternzeit. Die Mütter können die ersten drei Lebensjahre des Kindes zuhause bleiben, viele aber kehren schon früher ins Arbeitsleben zurück (siehe Kindergärten!). Auch die Väter können die Elternzeit nehmen, bislang tun das jedoch nur zwei Prozent der russischen Papas.

Für die Zeit der Schwangerschaft erhält die werdende Mutter einen Pauschalbetrag, gestaffelt nach verschiedenen Einkommensstufen, von 34.000 Rubel (500 Euro) bis zu 290.000 Rubel (5000 Euro). Wenn das Kind dann da ist, zahlt der Staat die ersten eineinhalb Jahre einen Pauschalbetrag, der wiederum vom Einkommen der Mutter abhängt – von 3000 Rubel (50 Euro)  bis 24.000 Rubel (400 Euro).

Nach der Geburt des zweiten Kindes erhält die Mutter ein sogenanntes „Mutterschaftskapital“ in Höhe von 450.000 Rubel (7500 Euro), das für eine Immobilie oder die spätere Ausbildung nur (!) des Kindes eingesetzt werden darf. Eine Mutter von drei Kindern erhält dann zahlreiche Ermäßigungen im Stadtverkehr und öffentlichen Einrichtungen. Russische Banken bieten zahlreiche spezielle Elternkredite an.

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