„Eines Morgens am 1. Januar änderte sich mein Blick auf die Stadt, in der ich seit 30 Jahren lebe – von da an konnte ich nicht mehr nur vor dem Fernseher sitzen“, sagt Anton, ein Fotograf. Es war das erste Mal, dass er mit der Tradition gebrochen hatte, Neujahr mit Freunden und der Familie zu feiern, denn er wurde beauftragt, die Neujahrsnacht und den Morgen danach zu fotografieren.
„An diesem Tag ist die Stadt sich selbst nicht ähnlich: Die Straßen sind leegefegt, es ist grabesstill und die Menschen scheinen wie ausgetauscht zu sein. Man muss einfach nur am Mittag spazieren gehen. Inzwischen nehme ich normalerweise meine Kamera und gehe auf die Straße, um nach interessanten Motiven zu suchen“, fügt er hinzu.
Eine Gelegenheit, auf Arbeit zu feiern
Die Sanitäter haben zum Neujahrsfest wahrscheinlich am meisten zu tun: Es gibt während der Feiertage aufgrund des Festes eine Vielzahl von Lebensmittelvergiftungen und alkoholbedingten Verletzungen.
Dmitrij, der als Sanitäter beim Rettungsdienst ist, sagt, dass die harte Arbeit der Rettungskräfte in diesen Tagen manchmal auch eine lustige Seite habe. „Am 1. Januar leistete ich eine 24-Stunden-Schicht. Ich hatte einen Eimer für Wischwasser mitgebracht“, erzählt Dmitrij. Irgendwann habe er entdeckt, dass er weg war und dachte, er sei verrückt geworden. Wer braucht schon einen leeren Eimer?
Es stellte sich heraus, dass der Krankenwagenfahrer ihn ausgeborgt hatte – seine Freunde arbeiteten bei einem örtlichen Sekthersteller, also nahm er den Eimer, füllte ihn mit Champagner und brachte ihn zurück zur Station. „Er hat keinen Tropfen verschüttet“, lacht Dmitrij. „Um rechtzeitig zum Neujahrstag zurück zu sein, schaltete er sogar das Martinshorn ein! Das war so viel Champagner, dass wir den Rest für den Morgen danach in einigen den leeren Konservengläser im Kühlschrank aufbewahrt haben.“
Schöne Orte erleben, frei von Menschenmassen
Der 1. Januar ist einer der wenigen Tage, an denen man Moskau so erleben kann, wie es sein sollte. „Es scheint, dass es im Jahr nur noch wenige Tage gibt, an denen man durch die historischen Viertel der Stadt spazieren gehen kann, ohne dass diese mit Autos und Pendlern vollgestopft sind“, sagt Artjom, ein Historiker. „Das Coolste daran ist, dass einige Orte in Moskau ohne Autos und Menschen genauso aussehen wie vor ein oder zwei Jahrhunderten. Spazieren Sie im Viertel Samoskworetschje, dem Kaufmannsviertel des 19. Jahrhunderts; oder in Krutizy, wo Sie sich wie in einem historischen Film über das 17. Jahrhundert fühlen. All diese Orte dienen als atemberaubender Hintergrund für fantastische Fotos mit historischem Flair – Sie müssen nur rechtzeitig vor Sonnenuntergang herkommen.“
Eine gute Gelegenheit, etwas dazu zu verdienen
Zu den Menschen, die an diesem Tag arbeiten, gehören Studenten – sie haben viel Zeit und wollen sich etwas Geld dazu verdienen. Dan, ein Journalist, sagt: „Ich habe mehrere Jahre lang am 1. Januar gearbeitet. Als Student im zweiten Studienjahr jobbte ich in einem Wohnheim. Alle waren betrunken und hatten ihren Spaß, aber wir mussten dafür sorgen, dass die Dinge nicht aus dem Ruder laufen. Später arbeitete ich für einen Discount-Aggregator und erteilte auch am 1. Januar Aufträge. Das größte Problem war, aufzustehen und es rechtzeitig ins Büro zu schaffen. Aber dort warteten die Kollegen schon mit „Whiskey-Rettungsspritzen“. Das Beste aber war der Feiertagszuschlag für diesen Tag!“
Maxim arbeitet in der Ziolkowski-Buchhandlung und sagt, wie überrascht er und seine Kollegen gewesen seien, als sie bemerkten, dass am 1. Januar so viele Menschen Bücher kaufen wollen!
„Wir sind die einzige Buchhandlung in Moskau, die an diesem Tag geöffnet hat. Die Schicht beginnt um 15.00 Uhr, und bereits um 15.10 Uhr sind die ersten Kunden da. Bis zum Abend haben wir ständig etwas zu tun! Am ersten Tag des Jahres 2019 werden wir zum fünften Mal in Folge am 1. Januar geöffnet haben!“, sagt Maxim.