Max Kostenko: Schöpfer der "Phantastischen Tierwesen" aus einer russischen Kleinstadt

Max Kostenko
Max Kostenko lebt in Podolsk, einer Kleinstadt in der Provinz, und zeichnet dort für Hollywood. Es scheint, dass nicht einmal seine Freunde davon wissen. Russia Beyond erzählt er, wie es dazu kam.

Letzten Monat hat die Fortsetzung von „Phantastische Tierwesen“ die Kinokassen in den USA und Russland gut gefüllt. Dasselbe passierte bereits vor zwei Jahren mit dem ersten Teil der Geschichte über magische Kreaturen aus der Welt von Harry Potter. Beide Male war es der russische Illustrator Max Kostenko aus einer Kleinstadt 40 Kilometer von Moskau entfernt, der die Tierwesen geschaffen hat.

Max hat keine Zeichenausbildung. In der 11. Klasse hat er sich für ein Grafikstudium an der Universität beworben, wurde aber wegen schwacher Leistungen abgelehnt. Er belegte dann einen Kurs in Recht an einer „zweifelhaften Einrichtung“ in der Nähe von Podolsk. „Nebenbei habe ich als Packer in Fabriken und auf Baustellen gearbeitet“, erzählte er der Zeitschrift The Village

Der Wunsch, nicht mehr in der Fabrik arbeiten zu müssen, sondern etwas Kreatives statt körperlicher Arbeit zu machen, veranlasste ihn, Photoshop zu lernen.

Inzwischen sind mehr als zwölf Jahre vergangen und heute arbeitet er als freier Mitarbeiter unter anderem für DreamWorks. Neben Werbung für Volkswagen und Mercedes finden sich in seinem Portfolio auch Arbeiten wie "Kong: Skull Island“ und „Monster Trucks“. Russia Beyond hat Max Kostenko gefragt, wie es ist, in einer kleinen russischen Stadt für Hollywood zu arbeiten.  

Arbeiten für Hollywood 

Nachdem er der Fabrik den Rücken gekehrt hatte, arbeitete Kostenko zunächst für ein Designstudio und entwarf Websites. Doch schnell merkte er, dass ihn das nicht erfüllte. Er begann mit Illustrationen und veröffentlichte diese auf Webseiten wie „Revision“. Zunächst machte er dies nicht für Geld, doch schnell kamen die ersten Kundenanfragen. Als er genug Aufträge für vier bis sechs Wochen hatte, kündigte er im Designstudio.

„Einige Monate später meldete sich ein Vermittler aus Frankreich bei mir. Ich erfuhr, dass es ein Netzwerk von Zeichenagenturen gibt. Diese vermitteln auf Kommissionsbasis Kontakte zu Auftraggebern auf westlichen Märkten. Später hatte ich auch Vermittler in Großbritannien und dann auch in den USA“, erzählt Max.

Eines Tages suchte ein Londoner Studio für Spezialeffekte einen Typ wie Kostenko. Er wurde dem Studio empfohlen und begann für es zu arbeiten. Üblicherweise bekommt er einen schriftlichen Auftrag mit einer Frist. Kostenko sagt: „Mein Englisch ist nicht so gut. Ich habe kein Problem mit E-Mails, aber ich fühle mich bei Telefonaten nicht wohl.“

Festanstellung oder Freiberufler

Max hat früher öfter daran gedacht, vor Ort für Pixar, Disney oder DreamWorks zu arbeiten. Nach fünf Jahren im Bereich Illustration sieht er das jedoch anders. „Freiberufler können sich die Sahnestücke eines Projekts aussuchen. Als Angestellter muss man jede Aufgabe übernehmen und es kann passieren, dass man damit endet, Hintergründe zu zeichnen oder Schwerter. Das ist nicht immer so interessant. Geht es aber darum, eine Hauptfigur zu entwerfen, wenden sich die Auftraggeber an Spezialisten, die nichts anderes tun. Dann kommen sie zu mir“, erklärt Max.

Verdienst

Die Bearbeitungszeit für ein Kinoprojekt liegt zwischen zwei Wochen bis sechs Monaten. „Im Durchschnitt verdient ein Illustrationskünstler im Westen 500 bis 1 000 US-Dollar pro Tag. Es gibt auch Sätze von 1 500 bis 2 000 US-Dollar, aber das verdienen nur die Topleute“, so Kostenko. Für „Phantastische Tierwesen“ hat er rund drei Monate gebraucht.   

Über das Leben in Podolsk und die „Phantastischen Tierwesen"

Max wird oft gefragt, was ihn in Podolsk, einer Stadt mit rund 200 000 Einwohnern und nur einem Kino ohne IMAX, hält, wo er sich doch leisten könnte, überall zu leben. „Ich war etwas verwundert, dass jeder glaubt, nur weil man Erfolg hat, müsse man umziehen. Aktuell habe ich keinen Grund wegzuziehen. Ich habe mein ganzes Leben in Podolsk verbracht und habe meine Freunde und Familie hier. Ich wohne neben einem Wald, die Luft ist gut. All das passt zu mir“, sagt der Zeichenkünstler.

„Den Film ‚Phantastische Tierwesen‘ habe ich zum ersten Mal in einem Moskauer Kino gesehen. Ich habe keine besonderen Emotionen gehabt. Für mich war es nur ein Produkt. Ich habe nicht vor Freude geschrien oder geweint, als ich meine Figuren auf der Leinwand sah. Um ehrlich zu sein, ich bin kein Fan von ‘Phantastische Tierwesen‘ und Popcorn-Kino-Unterhaltung. Hayao Miyazaki ist mir viel näher."

Wie werden die Charaktere kreiert?

„Auf Inspiration zu warten ist nicht Teil meines Arbeitsprozesses. Es ist kein Gebiet, in dem man sich davon abhängig machen kann. Ich setze mich an meinen Schreibtisch und fange einfach an zu zeichnen", sagt Max.

Er sagt, der Prozess ähnle dem Zusammenbau von Lego. Alle seine Charaktere sind Kombinationen aus sehr einfachen Formen, die oft nichts miteinander zu tun haben. Zum Schluss kommt etwas Komplexes und Originelles heraus. Das Studio fasst die Zeichnungen zusammen und bearbeitet sie weiter und animiert sie. „Am Ende gibt es Figuren, die zu 60 Prozent mein Entwurf sind, andere nur noch zu 20 Prozent. Um ehrlich zu sein, bin ich sehr kritisch gegenüber meinen Entwürfen. Ich mag sie beim Erstellen, aber danach finde ich kleine Fehler und fange an zu zweifeln.“  

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