Liebe in der Corona-Zeit: Drei russische Geschichten

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Ein Date im Wald, ein Spaziergang im Park unter den wachsamen Blicken der Polizei, eine Teezeit mit Masken und Handschuhen ... Dinge, die diese Russen aus Liebe machten.

Peter Kosjubenko, 31, Energiespezialist, Murmansk

Ich langweilte mich zu Tode, surfte bei Tinder und wischte ohne großes Interesse durch all diese Bilder der Mädchen. Dann sah ich sie: haselnussbraune Augen, dunkles lockiges Haar. Ich war sofort Feuer und Flamme. Das Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit, weil wir sofort zueinander passten. Und aus irgendeinem Grund dachte ich, dass sie diejenige sein muss.

Mit einem einfachen „Hallo, wie geht es Dir?“ begannen wir unser Gespräch, das mit einer Diskussion über Quarantäne und anderen Gegebenheiten unseres Lebens endete. Die Chemie zwischen uns stimmte von Anfang an. Es ist schwer zu beschreiben. Nach drei Tagen wurde mir klar, dass ich sie wirklich persönlich treffen wollte. Also fragte ich sie danach.

Es gab nicht viele Orte, an denen man sich treffen konnte - alle Cafés sind immer noch geschlossen, auch andere Unterhaltungsangebote. Es schneite auch, aber sie ergriff die Initiative und lud mich zu sich nach Hause ein. Aber unter der Bedingung, dass ich die Richtlinien zur sozialen Distanzierung und andere Vorsichtsmaßnahmen einhielte. Es gab also nicht viel zu tun, ich zog meine Maske und Handschuhe an, kaufte Blumen und ging zu ihr.

Gemäß Vorschrift saß sie anderthalb Meter von mir entfernt. Wie Idioten saßen wir in einer kleinen Küche, an gegenüberliegenden Seiten und hoben unsere Masken, um am Kaffee zu nippen, aber wir redeten über alles Mögliche. Und ich fühlte mich rundum wohl bei ihr, sogar die Pandemie war mir egal. Als ob alle Sorgen des Lebens in den Hintergrund getreten wären.

Wir hatten im Laufe der Woche fünf Verabredungen, unterhielten uns tagelang, schauten Filme und spielten Brettspiele, und mir war nie langweilig. Nach über einer Woche konnte ich es nicht mehr aushalten und schlug vor, dass wir anfangen, uns nun richtig als Paar zu treffen. Sie stimmte glücklich zu.

Wir lernen uns immer noch kennen, aber ich hoffe das Beste!

Julia Gribkowa, 33, PR, B2B Projektmanagerin, Moskau

Wir haben Ende März den Geburtstag eines Freundes gefeiert. Es war ein fröhlicher Abend, trotz des Verstoßes gegen die Richtlinien zur Selbstisolation. Natürlich wusste zu dieser Zeit niemand, wie sich die Dinge entwickeln würden. Ich bin dennoch vor Freude mit Aussicht auf eine Hausparty ausgeflippt.

Da habe ich ihn getroffen - klug, gutaussehend, das ganze Paket, es hat sofort geklickt. Es funkte. Wir tauschten die Nummern aus und begannen ziemlich bald danach, über Zoom und andere Online-Plattformen zu chatten. Eine Woche später beschlossen wir, uns zu verabreden.

Die Parks waren zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossen. Also kam er einfach in meine Gegend, um sich hier mit mir zu treffen. Man musste noch keine Masken oder Handschuhe tragen, aber wir erhielten doch einige strenge Blicke von vorbeikommenden Polizisten, die uns leicht nach unseren Ausweisen hätten fragen können. Aber zum Glück geschah dies nicht.

Nach dem Spaziergang beschlossen wir, zu mir zurück zu gehen, da wir beide hungrig waren. Wir bestellten Burger über eine App.

Im Moment treffen wir uns entweder hier oder bei ihm. Wir lesen beide viel und diskutieren über Literatur. Es stellte sich heraus, dass er ein begeisterter Leser und intelligenter Mann ist. Wir haben neulich über [den Sozialpsychologen] Erich Fromm gesprochen.

Es war überhaupt kein einfaches Jahr für mich - eine Scheidung, ein Wechsel der Arbeit und ein Umzug. Als die Regeln der Selbstisolation in Kraft traten, stellte ich mir scherzhaft die Frage: „Wie schwer es sein würde, während der Ausgangssperre einen Ehemann zu finden?“

Wie sich herausstellt, endet das Leben nicht während der Isolation. Und Wunder - wie das Sprichwort sagt - geschehen immer wieder.

Niemand weiß, was uns an der nächsten Ecke erwartet. Standesämter sind im Moment geschlossen, und ein Verlobungsring ist schwer zu bekommen. Mal sehen, wie sich die Dinge entwickeln und was am Ende des Sommers passiert. Andererseits wiederum könnte man jetzt heiraten: niemand würde es bemerken und einen teuren Hochzeitsempfang und Ringe sparen. Unter einem medizinischen Handschuh kann man sowieso nichts sehen.

Olga Maksimowa, 30, Netzwerk-Marketingspezialistin, Murmansk

Er schrieb mir zuerst, nachdem er mich auf der Freundesliste seines Freundes gefunden hatte - eine typische Anfrage über soziale Netzwerke. Normalerweise mache ich diese Dinge nicht online. Vor allem, weil ich ein Kind habe, das meine ganze Zeit in Anspruch nimmt. Aber ich fühlte mich zu dieser Zeit wirklich niedergeschlagen, wahrscheinlich aufgrund der Pandemie, also antwortete ich. Ein Wort gab das nächste, stundenlang und wir sprachen über alles und nichts.

Er zog mich an, mit seiner Bescheidenheit, mit seiner glücklichen Art und mit seiner Liebe zum Lesen. Ich hatte sofort das Gefühl, mit einem Seelenverwandten zu sprechen. Keine typische Situation für mich.

Unsere Gespräche dauerten zwei oder drei Wochen, bevor er mich einlud. Anstelle des üblichen Films oder Restaurants beschlossen wir, ein Picknick im Wald, nicht weit von unseren Häusern entfernt, zu machen. Der Schnee war noch nicht ganz geschmolzen, also legten wir das Essen auf einen großen flachen Stein. Wir haben keine Richtlinien zur sozialen Distanzierung beachtet, außer der Benutzung des Händedesinfektionsmittels vor dem Essen. 

Es war ein sonniger Tag und wir verbrachten vier Stunden mit Gesprächen darüber, was wir als Kinder sein wollten, über die Familie und über das Leben allgemein. Wir erkannten nach ein paar Tagen, dass wir nicht mehr getrennt sein wollten. Und so starteten wir in unser gemeinsames Leben. Seltsamerweise reagierte mein Sohn auf die Veränderung gelassen und mein Freund hatte auch nie Bedenken. 

Unsere Beziehung ist erst einen Monat alt. Es ist schwer zu sagen, was daraus werden wird. Aber wir schauen immer noch in die gleiche Richtung und verstehen uns fast ohne Worte. Was nicht bedeutet, dass wir ein perfektes Leben haben – auch bei uns gibt es Missverständnisse und kleine Kämpfe. Aber wir lernen, uns zusammen mit unseren Fehlern zu akzeptieren. Ich hoffe, dass das, was wir haben, die Pandemie überdauert und unsere Beziehung immer stärker wird.

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