Russische Reiseführer: Das erwartet Sie in Ihrem Urlaub

Reise
GEORGI MANAJEW
Die meisten Besucher finden normalerweise vor allem in russischen Museen oder Stadtzentren einen Reiseführer, der Ihnen etwas zu Russland erzählen kann. Wir stellen Ihnen die gängigsten Typen vor, damit Sie wissen, was Sie bei einer Führung erwartet.

1 Museumsmitarbeiter

Lieblingsspruch: „Schauen Sie mal, wie schön das ist! Einfach wunderbar!“

Kleidung: Ein wenig ungewöhnlich, wie zum Beispiel ein Wollpullover über einem Abendkleid der siebziger Jahre, obwohl die Temperatur draußen 25 Grad Celsius beträgt.

Russland ist voller Museen –  tatsächlich gibt es im Land etwa 1 000 von ihnen. Die Museumsmitarbeiter haben oft eine Teilzeitstelle und sind auch nach der Pensionierung freiberuflich tätig, weil ihre russische Rente meist nicht ausreicht, um die Rechnungen zu bezahlen.

Sie sind normalerweise sehr gutmütige Menschen, dennoch beschränkt sich ihr Wissen oftmals auf das, was sie in ihrer Jugend während der Sowjetzeit gelernt haben – ein Manko, das sie durch begeisterte Ausrufe, wie schön und alt alles ist, zu kompensieren versuchen. Auch ihr Englisch stammt noch aus der Sowjetzeit und klingt etwas eigenartig.

2 Historikerin

Lieblingsspruch: „Ich weiß es nicht genau, aber ich schlage es für Sie nach.“

Kleidung: So unauffällig, dass man die Person in der Stadt leicht verlieren könnte, es sei denn, sie hat einen hellen Regenschirm dabei.

Für die Historikerin ist Fleiß das A und O ihrer Arbeit. Sie bereitet sich schon Tage und Nächte vorher auf eine Führung vor und weiß meist doppelt so viel, wie es für die Führung notwendig wäre. Sie kann zudem sehr schüchtern sein und mit einer leisen Stimme sprechen, so dass Sie oftmals näher an sie herantreten müssen, um sie hören zu können.

Des Weiteren gibt sie ihr Bestes, um all Ihre Fragen zu beantworten, die manchmal jedoch ein wenig Hintergrundrecherche erfordern. Sie wird Ihnen in ein oder zwei Tagen also gerne einen langen Aufsatz zum Thema per E-Mail zukommen lassen, wenn Sie Ihre Frage schon längst vergessen haben.

3 Arroganter Einheimischer

Lieblingsspruch: „Sie sind nicht von hier, oder?“

Kleidung: Eine Weste mit vielen Taschen, Sandalen mit Socken sowie ein Megafon für die schwache, verrauchte Stimme.

Diese Person mittleren Alters weiß eine Menge über seine oder ihre Heimatstadt, hat wahrscheinlich einen Abschluss in Geschichte und kann Ihnen etwas zu jedem Gebäude und Denkmal der Stadt erzählen.

Diese Tugenden werden jedoch oft von einer arroganten Haltung und der Einstellung begleitet, dass jede Frage dumm sei, weil die Antwort darauf allgemein bekannt wäre. Wie können Sie es also wagen, nicht alles über die russische Geschichte zu wissen!

Wie Sie sich also denken können, ist diese Art von Führung sehr informativ, aber auch etwas langatmig.  

4 Volles Paket

Lieblingsspruch: „Um es kurz zu fassen...“ (eine 30-minütige Erklärung folgt)

Kleidung: Zeitgenössische, neue Markenkleidung, eine schicke Sonnenbrille und Armbanduhr, ein sorgfältig gestutzter Bart.

Dank dem steigenden Tourismus in Russland bieten vor allem in Moskau viele gutaussehende junge Intellektuelle Führungen an. Es existieren sogar schon einige lokale „Stars“ in der Branche.

Sie bereiten sich gründlich und aufmerksam auf ihren Job vor, ihre Touren sind kurz und informativ und sie können Ihnen zu fast jedem geschlossenen oder privaten historischen Gebäude Zugang verschaffen. Auch ihr Englisch ist tadellos... der einzige Nachteil ist wahrscheinlich der hohe Preis für diese Führungen.

5 Betrunkener Historiker

Lieblingsspruch: „Das ist mir gerade entfallen, aber hier ist eine andere Geschichte...“

Kleidung: Etwas chaotisch, aber mit einem Hauch von Stil – ein violetter Seidenschal über einem T-Shirt aus den Sechzigern zum Beispiel.

Für diesen Reiseführer ist die Führung an sich bereits eine Belohnung. Er hatte schon lange aufgrund seiner schlechten Angewohnheiten und mangelnder Pünktlichkeit keine reguläre Arbeit mehr, doch die Möglichkeit, sein historisches Wissen mit jemandem zu teilen, bereitet ihm immer Freude. Er kennt fast jede Straße der Stadt, fast jede Bar, sodass sich ein guter Teil der Führung um seine wilde Jugend in der Sowjetzeit drehen wird.

Was die historischen Fakten betrifft, herrscht ein totales Durcheinander in seinem Kopf – auch wenn er an sich viel weiß, vermischen sich in seinen Gedanken einzelne Fakten mit Gerüchten und Legenden der Stadt. Diese Führung könnte also etwas chaotisch, aber mit Sicherheit spannend werden! Fangen Sie jedoch bloß nicht an, mit diesem Reiseführer Alkohol zu trinken, denn Sie werden verlieren.

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