Uglitsch: Untrennbar verbunden mit dem tragischen Tod des Zarewitsch Dmitri

William Brumfield
Von allen an der oberen Wolga gelegenen Städten kann wohl kaum eine auf so eine dramatische Geschichte wie Uglitsch, das 200 Kilometer von Moskau entfernt ist, zurückblicken. Hier starb Dmitri, der Sohn Iwan des Schrecklichen, im Mai 1591 im Alter von acht Jahren einen gewaltsamen Tod. Dieses Ereignis hatte ohne Zweifel seinen Anteil daran, dass Russland auf Jahre im Chaos versank.

Es gibt kein exaktes Gründungsdatum für Uglitsch, doch archäologische Funde lassen vermuten, dass es bereits seit der Mitte des 10. Jahrhunderts existiert. Seinen Namen, vom russischen „ugol“, zu Deutsch „Winkel“, hat es seiner Lage in einer Biegung der Wolga zu verdanken.  

Der Ziegelsteinpalast, gemessen an europäischen Standards ein eher bescheidener Bau, wurde im Jahr 1480 für Fürst Andrej, den jüngeren Bruder von Moskaus Großfürsten Iwan III. (der Große) errichtet. Ein großer Teil des Palastes wurde im 18. Jahrhundert zerstört, da die Ziegel zum Bau der benachbarten Verklärungskirche gebraucht wurden. Nur ein Nebengebäude mit der Thronkammer blieb erhalten, wenn auch in einem baufälligen Zustand.

Palast der Fürsten von Uglitsch

In der Nähe dieses Ziegelpalastes fand nun Dmitri, der Sohn des Zaren Iwan des Schrecklichen und dessen siebter (oder achter) Frau Maria Fjodorowna Nagaja den Tod. Noch immer sind die Todesumstände ungeklärt. Verbreitet ist die Version, dass er die tödliche Wunde durch einen epileptischen Anfall während eines Messerwurfspiels erlitt.

Eine andere Version geht davon aus, dass hinter dem Tode Dmitris der listige Boris Godunow (1551-1605) steckte, der de facto in Russland während der Regierungszeit von Zar Fjodor (1557 bis 1598) herrschte, dem letzten Zaren der Rurikiden-Dynastie. Ein Untersuchungsausschuss kam zu dem Ergebnis, dass der Tod ein Unfall gewesen sei, doch mit dem Aufstieg der Romanows wurde erneut Godunow verantwortlich gemacht. Im 19. Jahrhundert äußerten einige Historiker Zweifel an dieser Version.

Die Demetrius-Kirche

Boris‘ formelle Thronbesteigung 1598 gab Anlass zur Hoffnung, dass die Politik dieses energischen und intelligenten Herrschers Russland zum Wohle gereichen würde. Die Gerüchte über eine Mitschuld am Tode des Zarewitsch Dmitri untergruben jedoch seine Autorität, ebenso wie politische Intrigen und einige Naturkatastrophen, die immer wieder zu drohenden Hungersnöten führten. Nach seinem Tod 1605 und der Ermordung seiner Familie folgten die Zeiten der großen Unruhen mit sozialem Chaos und andauernden Kämpfen. Erst mit der Machtübernahme durch Zar Michael aus der Romanow-Dynastie im Jahr 1613 kehrte nach einiger Zeit wieder ein Minimum an Ruhe im Moskowiter Staat ein.

Wegen der traumatischen Erinnerungen an den Tod des Zarewitsches wurden in Uglitsch zahlreiche Kirchen und Kapellen errichtet. Es gab dort einst dreißig Kirchen zusätzlich zu denen in drei Klöstern. Etwa die Hälfte dieser Kirchen wurde während der Sowjetzeit zerstört.

Eine der bedeutendsten Kirchen des Ortes, die Demetrius-Kirche, wurde nach dem toten Zarewitsch benannt. Im Jahr 1606, dem Jahr, in dem Dmitri heiliggesprochen wurde, stand an dieser Stelle eine Kapelle aus Baumstämmen. 1630 wurde eine Holzkirche errichtet. Im Jahr 1606 wurden die sterblichen Überreste Dmitris in die Kathedrale des Erzengels Michael im Moskauer Kreml überführt.

Zum 100. Todestag des Zarensohnes begannen unter der Aufsicht der noch jungen Zaren Peter I. und Iwan V. die Bauarbeiten für eine Backstein-Kirche. Sie waren die Söhne von Zar Alexis und regierten gemeinsam in den erneut unruhigen Zeiten zwischen 1682 und 1696.

Die Demetrius-Kirche mit zwei Fensterreihen wird von fünf Zwiebeltürmen und schmuckreichen Metallkreuzen dominiert. Das imposante Bauwerk mit Blick auf die Wolga erstrahlt in hellroter Farbe mit weißen Zierelementen.

In der Demetrius-Kirche spielt die Frage nach den Todesumständen keine Rolle. Sie ist das wichtigste historische Gebäude der Stadt Uglitsch und ein bedeutender Pilgerort, den jedes Jahr tausende Gläubige und Touristen besuchen.  

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