Diese sechs ungewöhnlichen Fragen sollten Petersburger Reiseleiter beantworten können

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Seit dem 1. Oktober erleichtert ein elektronisches Visum (gilt nur für Staatsangehörige von 53 Ländern) Touristen und Geschäftsleuten die Reise nach St. Petersburg. Die Behörden rechnen mit einem Besucheransturm. Auf die Petersburger Touristenführer kommt viel Arbeit zu. Doch diese sind gut vorbereitet. Sie kennen auch (fast) alle Antworten auf ungewöhnliche Fragen der ausländischen Gäste.

1 Gefrieren im Winter Flüsse und Kanäle? Kann man Schlittschuhlaufen? 

Zwischen dem 25. November und 5. Dezember beginnen üblicherweise die Newa und andere Gewässer in St. Petersburg zuzufrieren. In den letzten Jahren setzte dieser Prozess aufgrund der globalen Erwärmung erst eine Woche später ein, so auch im vergangenen Jahr. 

Im 18. und 19. Jahrhundert wurden die zugefrorenen Flüsse als Eisbahn, für Pferderennen und zum Rodeln genutzt. Ab 1895 fuhren im Winter sogar Straßenbahnlinien auf der Newa. In 15 Betriebsjahren ist nicht eine Bahn ins Eis eingebrochen. 

Bis zum Februar kann man die St. Petersburger beobachten, wie sie über das Eis spazieren, das zwischen 0,3 und 0,4 Metern dick ist. Schlittschuhläufer sieht man dagegen selten, denn dazu müsste erst der Schnee beiseite geräumt werden. Ab Mitte März, wenn das Tauwetter einsetzt und das Eis brüchig wird, ist das Betreten der Eisfläche verboten. Es drohen bei Verstößen hohe Geldbußen.  

2 Wie heißt dieser Baum, welche Blume ist das und was für ein Vogel? 

Zur Überraschung der Petersburger Reiseleiter interessieren sich viele Touristen manchmal mehr für Flora und Fauna der Stadt als für die Architektur und Geschichte. Viele der Touristenführer wissen oft selbst gar nicht viel darüber und müssen nachfragen oder in botanischen Lexika nachschlagen. 

„Wir sind so an die Natur in unserer Umgebung gewöhnt, dass wir sie gar nicht mehr richtig wahrnehmen, sagt Alexei Kotkin, der sich auf ökologische Ausflüge in St. Petersburg und der Region Leningrad spezialisiert hat.

„Die Europäer, insbesondere Skandinavier, haben mehr Interesse an der Natur. Wir wissen dagegen gar nicht zu schätzen, was wir vor der Haustüre haben. Dabei ist es sehr interessant. Manche Russen wissen oft gar nicht, dass Igel keine Äpfel fressen und Flüsse mehr zu bieten haben als frischen Fisch.

Es wäre wohl sinnvoll, alle Petersburger Reiseleiter an einem Naturkundekurs teilnehmen zu lassen. 

3 Gibt es in St. Petersburg einen lokalen Dialekt?

Nein, manche Einwohner könnten sogar beleidigt sein, wenn sie das Wort „Dialekt“ hören, weil sie ihre Art zu sprechen für die russische Norm halten. 

Doch es ist durchaus möglich einen Petersburger an der Ausdrucksweise zu erkennen. Im Rest von Russland nennt man den Eingang und das Treppenhaus von Wohngebäuden üblicherweise „podjesd“, was schlicht „Eingang“ bedeutet. In St. Petersburg sagt man dagegen „paradnaja“, das als „zeremonieller Eingang“ übersetzt werden kann. Der Bordstein heißt „porebrik“ statt „bordjur und statt „schaurma“ sagt man „schawerma“ (zu Deutsch „Schawarma“, eine Variante des Döners) usw. 

Rund 50 Begriffe sind typisch für die russische Hauptstadt des Nordens. In Buchhandlungen können Sie Postkarten kaufen, die Ihnen „Petersburgerisch“ auf humorvolle Weise beibringen.

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4 Welche lokalen Spezialitäten empfehlen Sie?   

Die naheliegendste Wahl ist Stint (auf Russisch „korjuschka“), ein kleiner Fisch, der im Frühjahr im Finnischen Meerbusen gefangen wird. Diese ehemals saisonale Delikatesse ist inzwischen das ganze Jahr über zu bekommen. 

Auch „Pyschka“, ein in Fett ausgebackener Kringel mit Zuckerglasur, vergleichbar einem Donut, ist eine lokale Spezialität.

Naschkatzen könnte auch ein „Kartoschka essen, ein Schoko-Törtchen, das aussieht wie eine Kartoffel, daher auch der Name. Oder genießen Sie ein Stück „Sewer“ (zu Deutsch „Nord“), einen Kuchen mit Schokoladencreme.

Steht Ihnen der Sinn mehr nach Herzhaftem, sollten Sie nicht verpassen, die traditionelle Suppe „Rassolnik nach Leningrader Art“ oder „Kotelett Metropol“ zum Mittag- oder Abendessen zu bestellen!

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5 Warum tragen sowohl Peter I. als auch Katharina II. den Beinamen „der/die Große“? Waren sie miteinander verwandt? 

Im Jahr 1721 wurde aus Peter I., bis dahin Zar und Großfürst von Russland, der Kaiser von Russland. 

Den Beinamen „der Große“ erhielt er aus unterschiedlichen Gründen: wegen seiner Reformen, der Gründung der russischen Marine und der Stadt St. Petersburg, seiner westlich geprägten Modernisierungspolitik, der Förderung der Wirtschaft und der militärischen Expansion und nicht zuletzt, weil er auch tatsächlich sehr groß gewesen sein soll. 

Noch heute werden seine Bestrebungen, Russland zu europäisieren, teils heftig diskutiert. Unstreitig ist, dass er den Lauf der russischen Geschichte für immer verändert hat.

Mit seiner zweiten Frau Katharina I. hatte er elf Kinder. Mit Ausnahme von zwei Töchtern, Elisabeth und Anna, starben sie alle im Kindesalter. 

In den Adern von Katharina II. floss kein Tropfen russischen Blutes. Sie war eine deutsche Prinzessin und hieß ursprünglich Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst. Sie heiratete Peter III., einen Enkel von Peter dem Großen. 

Ihren Ehemann stürzte sie vom Thron und herrschte 34 Jahre über das Russische Reich. Sie führte einen regen Briefwechsel mit französischen Philosophen, war eine Förderin der Künste und setzte sich für Bildung ein. Während ihrer Regierungszeit wurden kirchliche Ländereien säkularisiert, Adelige und Stadtbewohner mit weitreichenden Rechten ausgestattet und die Grenzen des Imperiums wurden sowohl nach Süden als auch nach Westen ausgedehnt.

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6 Warum sind die Wasserablaufrohre so groß? Warum fließt das Wasser direkt auf die Straße? 

Die Größe der Wasserablaufrohre basiert auf Bauvorschriften aus dem Jahr 1976. „Ihr Durchmesser wird durch die Dachfläche bestimmt“, erklärt Anton Schirnow. Er ist Stadtführer beim Projekt „Petersburg mit den Augen eines Ingenieurs“. 

Ist ein Gebäude höher als sechs Stockwerke, müssen die Rohre innenliegend verbaut sein. Bei Gebäuden bis zu fünf Stockwerken sind Außenrohre zulässig. Da das historische Zentrum der Stadt aus Bauwerken des späten 19. und frühen 20. Jahrhundert besteht, liegen die Rohre aus Sowjetzeiten außen und ziehen oft die Aufmerksamkeit von Ausländern auf sich.

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