Überlebenstipps: Wanderung entlang der Gipfel des Uralgebirges

@oleg_chegodaev
Der Ural teilt Russland in einen europäischen und einen asiatischen Teil. Der Abenteurer Oleg Tschegodajew lief entlang des Gebirgskamms von Süden nach Norden und gibt Überlebenstipps.

Oleg Tschegodajew ist ein Abenteurer. Er sieht sich selbst als Botschafter des Uralgebirges.  Um diesem selbstgewählten Titel gerecht zu werden, hat er gerade eine großartige Expedition beendet. Er wanderte als erster Mensch 3.183 km entlang des gesamten Uralgebirgskamms.

Die historische Expedition begann am 1. Mai 2021 an einem Ort in der Nähe von Orenburg. Das imaginäre Ziel war der Berg Konstantinow Kamen, der nur 45 Kilometer von der Bajdaratabucht in der Karasee im russischen Norden entfernt liegt. 

Für Tschegodajew war es genau der richtige Zeitpunkt für diese Expedition. „Jetzt oder nie!“, sagte er sich. 

„Die mentale Einstellung ist bei solch einer Expedition sehr wichtig. Mit 20 oder 25 Jahren wäre ich mental nicht stark genug gewesen. Andererseits erfordert ein solches Vorhaben auch eine sehr gute physische Konstitution und Ausdauer“, so Tschegodajew. 

Ihm ist bewusst, dass dennoch nicht jeder eine solche Herausforderung bewältigen kann. Uns verrät er, was ihm geholfen hat, durchzuhalten. 

Bei einer solchen Ein-Mann-Expedition lauern vor allem drei große Gefahren: Zecken, wilde Tiere und Menschen. 

Gegen Zecken kann man sich relativ leicht schützen, wenn man bestimmte Vorsichtsmaßnahmen beachtet. „Zecken sind ein Risikofaktor, besonders wenn man allein unterwegs ist. Es ist sehr unangenehm, eine Zecke auf dem Rücken oder am Gesäß zu haben, wo sie ohne fremde Hilfe nicht entfernt werden kann. Ich war in einem Gebiet mit vielen Zecken unterwegs, dennoch fühlte ich mich gut geschützt. Man sollte die Hosenbeine in die Socken stecken und das T-Shirt in die Hose. Weiße Kleidung macht es leichter, Zecken zu erkennen. Verwenden Sie außerdem geeignete Mittel, um Zecken abzuwehren. Achten Sie auf Ihren Körper. Wenn es irgendwo juckt, prüfen Sie, ob dort eine Zecke sitzt. Empfehlenswert ist auch eine Impfung gegen die durch Zecken übertragene Enzephalitis“, erklärt der Abenteurer.  

Bären stellen eine größere Gefahr für einen unvorbereiteten Wanderer dar. „Ich habe auf meinem Weg sieben Bären gesehen. Eine dieser Begegnungen war unerwartet und der Bär kam mir ziemlich nahe. Während ich die anderen Bären schon von weitem sah und ihnen entweder ausweichen oder sie leicht verjagen konnte, da die Bären im Uralgebirge menschenscheu sind, sah ich diesen einen erst, als er nur noch drei Meter von mir entfernt war. Ich lief gegen den Wind, und dieser trug meinen Geruch und das Geräusch meiner Schritte weg [von dem Tier]. Die goldene Regel in von Bären bewohnten Gebieten lautet, die Tiere zu warnen, wenn man sich ihnen nähert: gelegentlich die Stimme erheben, beim Gehen mit Gegenständen Geräusche machen. Aber es war Abend und ich war zu müde dafür, trotz der vielen Fußabdrücke auf dem Boden. Plötzlich sah ich drei oder vier Meter von mir entfernt den Rücken eines Bären. Er war dabei, etwas aus dem Boden zu graben. Ich blieb stehen und ging rückwärts, um den Abstand zwischen uns zu vergrößern. Während ich rückwärts lief, trat ich auf einen Ast, der unter meinem Fuß knackte. Der Bär drehte sich um und sah mich. Sofort hob ich meine Hände, um größer zu erscheinen, und begann zu brüllen. Der Bär erschrak, drehte sich um und verschwand im Wald", schildert Tschegodajew.  

Es scheint überraschend, dass Tschegodajew neben Zecken und Bären auch Menschen als Gefahr betrachtet. „Dieses Jahr wurde eine Touristin im Mittleren Ural ermordet. Sie war mit einem Raftingboot auf einem Fluss unterwegs und wurde das Opfer eines Raubmörders, der es auf ihre Kreditkarten abgesehen hatte. Es stellte sich heraus, dass er in einem Zelt in der Wildnis lebte. Die Touristin war ein Zufallsopfer.“  

Andere weithin gefürchtete Tiere - wie Vielfraße und Wölfe - sind für den Menschen relativ harmlos. „In den allermeisten Fällen stellen diese Tiere keine Gefahr für erwachsene Menschen dar. Wir sind größer als ihre durchschnittliche Beute und sie neigen dazu, den Menschen zu meiden. Auf all meinen Wanderungen habe ich etwa 30 Bären und nur zweimal Wölfe gesehen. Zecken töten mehr Menschen als Wölfe", ist Tschegodajew überzeugt. 

Die Natur kann auf solch einer Expedition ebenfalls zum Gegner werden. Tschegodajew erinnert sich vor allem an Gewitter. „Während meiner Wanderungen wurden 600 bis 700 Kilometer des Nordurals von nächtlichen Gewittern heimgesucht. Jeden Abend zogen Wolken auf und es begann zu gewittern. In der Regel verbringe ich die Nächte auf verschiedenen Gipfeln. Zu diesem Zeitpunkt der Expedition wurde dies zu einem Risikofaktor, da oft Blitze in die Gipfel einschlagen. Ich habe bei Gewitter versucht, abzusteigen, aber das war nicht immer möglich. Manchmal schlug der Blitz sehr nahe an meinem Zelt ein. Das ist sehr unangenehmen, aber man kann nicht viel dagegen machen“, berichtet er.  

Jedem, der eine ähnliche Expedition vorhat, rät Tschegodajew, die Versorgung mit Proviant entlang der Strecke im Voraus zu planen, da es für eine einzelne Person unmöglich ist, eine ausreichende Menge an Lebensmitteln für drei oder mehr Monate mit sich zu führen, und die Logistik in einigen weit entfernten Gebieten ein Problem darstellen kann. 

„Meine Route war 3.000 Kilometer lang. Ich habe sechs Paar Schuhe abgenutzt. Für eine dreimonatige Reise braucht man etwa 80 oder vielleicht sogar 100 Kilo Lebensmittel. Meine Route war in mehrere Etappen unterteilt, und [die Leute draußen] sorgten für Lieferungen an Kontrollpunkten. So kam ich recht schnell vorwärts“, erzählt Tschegodajew. 

Trotz aller Gefahren erreichte Tschegodajew das Ziel unversehrt. Zurzeit hält er Vorträge über seine Reise, bearbeitet das Foto- und Videomaterial und schmiedet bereits Pläne für neue große Outdoor-Abenteuer.

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