Russisches Internet: Warum sind die Anbieter so günstig?

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ARSENIJ KALASCHNIKOFF
Wussten Sie, dass Russland einige der weltweit niedrigsten Internetpreise hat? Der durchschnittliche monatliche Preis für eine Breitbandverbindung beträgt etwa 8,60 Euro. Benutzer in Nordamerika und Europa zahlen oft den dreifachen Betrag oder mehr.

Während die Preise in Moskau definitiv nicht die niedrigsten der Welt sind und die Kosten für ein Abendessen in einem trendigen Restaurant doppelt so hoch sind wie in Mexiko-Stadt, sind die Kosten für Internet in der russischen Hauptstadt überraschend erschwinglich (eng). Die Qualität ist auch in regionalen Ballungsgebieten wie Tscheljabinsk, einer Stadt im Ural, sowie in den meisten sibirischen Städten ausgezeichnet.

Vielleicht sind russische Hacker gerade deshalb so gut. Immerhin haben sie stets eine sehr schnelle und günstige Internetverbindung. Hier ist eine Liste der wichtigsten Faktoren, die den Preis von Internetanbietern in Russland beeinflussen.

  1. Sie können schlichtweg nicht mehr bezahlen

Laut einigen Studien (eng) werden die Kosten für Internetdienste vom Einkommensniveau der verschiedenen Länder beeinflusst. Je wohlhabender das Land, desto höher der Preis.

Es ist also nicht überraschend, dass die Vereinigten Staaten, die Schweiz, Australien und andere Länder mit hohen Lebensstandards auch die höchsten Kosten für ihre Internetdienste haben. Warum? Weil die Anbieter denken, dass die Kunden es sich leisten können. Sie bezahlen also für die „Ehre“, in solch einem wohlhabenden Land zu leben.

Obwohl es den Reichen in Russland gut geht, hat die generelle Bevölkerung des Landes zu kämpfen und will – und muss – daher nicht viel bezahlen.

  1. Bildung treibt die Entwicklung voran

Ein weiterer Faktor, der den Preis der Internetdienste beeinflusst, ist die Anzahl der internetfähigen Geräte, die im Land verwendet werden: Laptops, PCs und Mobiltelefone. Das Problem ist, dass die Bevölkerung wissen muss, wie diese Dinge zu benutzen sind. Das bedeutet, dass sie grundlegende Fähigkeiten und eine gewisse Bildung benötigen.

In ärmeren Ländern wie Mexiko oder Pakistan können viele Menschen noch immer kaum lesen oder schreiben, geschweige denn stundenlang bei Google nach „Wie man amerikanische Wahlen hackt“ suchen. Seit der Sowjetzeit ist Bildung in Russland für Kinder jedoch obligatorisch. Sie müssten also sehr hart suchen, um einen Analphabeten im Land zu finden.

Infolgedessen ist die Anzahl der internetfähigen Geräte in Russland fast die gleiche wie in Industrieländern. Die hohe Nachfrage nach Internetdiensten hat die Entwicklung von Anbietern daher vorangetrieben.

MINT-Bereiche, also Bereiche aus Wissenschaft und Technik, sind in Russland seit vielen Jahrzehnten sehr stark vertreten und gefragt. Als sich Anfang der 1990er Jahre das Internet im Land zu entwickeln begann, sahen viele technisch versierte Leute dies als Chance und gründeten ihre eigenen Unternehmen.

  1. Wettbewerb führt zu niedrigeren Preisen

Die geringe Nachfrage in ärmeren und weniger gebildeten Ländern hat die Entwicklung der Internetanbieter zurückgehalten, sodass die Menschen dort weniger Auswahl haben als in Russland. Das macht einen funktionierenden Wettbewerb jedoch aus: Je mehr Unternehmen auf dem Markt sind, desto niedriger ist der Preis.

Heute hat Russland Tausende von Internetanbietern. Neben den führenden Unternehmen wie Rostelecom, Beeline, MTS und MegaFon gibt es in jeder Region viele kleine lokale Anbieter. Allein in Moskau gibt es mehr als 50 verschiedene Internetanbieter.

Natürlich haben auch viele Gebiete in Russland keine gute Internetverbindung: Versuchen Sie doch mal, ein Glasfaserkabel durch die Tundra zu verlegen. Daher liegt die durchschnittliche Internetgeschwindigkeit in Russland laut Statistiken mit 11,8 MBit/s weit hinter dem Weltmarktführer Südkorea mit 28,6 MBit/s. Die Infrastruktur in russischen Städten ist jedoch noch ziemlich neu und entwickelt sich daher dank der großen Nachfrage schnell.

In den letzten Jahren hat das Internet jedoch einige Schwierigkeiten erlebt. LinkedIn wurde blockiert, da es nicht bereit war, der russischen Regierungsvorschrift zu folgen und seine Benutzerdaten in lokalen Rechenzentren zu speichern. Außerdem führten die Versuche des Staates, die verschlüsselte Nachrichten-App Telegram zu blockieren, zu Millionen blockierter IP-Adressen.

Große Internetanbieter versuchen außerdem ständig, ihren Marktanteil zu vergrößern. Dafür ist es jedoch ein bisschen zu spät. Angesichts der großen Nachfrage auf dem Markt gibt es kaum Platz für eine Monopolstellung und die Hacker haben damit ausnahmsweise nichts zu tun.

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