Gut gelandet: Wie Kosmonauten zurück auf die Erde kommen

Der russische Kosmonaut Alexander Skworzow nur wenige Minuten nach der Landung seiner Sojus-MS-13-Kapsel in Kasachstan am 6. Februar 2020

Der russische Kosmonaut Alexander Skworzow nur wenige Minuten nach der Landung seiner Sojus-MS-13-Kapsel in Kasachstan am 6. Februar 2020

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Die Vorbereitungen beginnen einen Monat vor dem Wiedereintritt in die Erdumlaufbahn. Die Landung nimmt im Schnitt dreieinhalb Stunden in Anspruch.

Übung und letzte Vorbereitungen 

Die Landung des Raumfahrzeugs „Sojus“ findet in Kasachstan statt. Bodenteams bereiten sich einen Monat im Voraus auf eine erfolgreiche Landung vor. Dabei wird der beste Platz dafür bestimmt. Er muss flach sein und darf keine Hindernisse haben. Spezialisten berechnen dann die optimale Flugbahn für den Wiedereintritt und senden die Daten an die Besatzung an Bord der Internationalen Raumstation (ISS).

Vor Ort gibt es fünf bis sieben Tage vor dem Wiedereintritt einen Probelauf. Die Übung dauert drei bis vier Stunden, wobei die Kosmonauten und die Bodencrew alle möglichen Szenarien einschließlich Notfällen durchspielen. 

Die Raumfahrer überprüfen ihr Fahrzeug und laden die Fracht, die zur Erde zurückgebracht werden soll. Am Tag der Rückkehr verabschiedet sich die Besatzung der Sojus von ihren Kollegen an Bord der ISS, schließt die Luke, die das Wohnmodul vom Rest der Station trennt (die eigene Checks durchläuft), legt die Raumanzüge an und begibt sich in ein Dockingmodul, wo die Kosmonauten auf den Heimflug warten. 

Ablegen von der ISS und Wiedereintritt in die Erdatmosphäre 

Wenn an Bord des Raumfahrzeugs alles fertig ist, gibt die Bodenkontrolle die Erlaubnis, von der ISS abzudocken. Der Flugkommandant gibt dann den Befehl, die Haken zu lösen, mit denen dieSojus sich an der ISS festhält. Dies dauert drei bis vier Minuten. 

Sobald das Abkoppeln abgeschlossen ist, gibt die Bodensteuerung die erforderlichen Koordinaten in den Flugcomputer ein, sodass dieser automatisch zur Erde zurückkehren kann. Die Flugbesatzung bestätigt die Koordinaten. Wenn ein ausreichender Abstand zur Station erreicht ist, schaltet die Sojus-Besatzung ihre Festbrennstoffmotoren ein.

Roskosmos bestätigt, dass eine erfolgreiche Rückkehr zur Erde sehr vom reibungslosen Ablauf dieses ersten Schritts abhängt. Dank der Bremsmotoren kann das Raumschiff seine Flugbahn anpassen, die Sinkgeschwindigkeit ändern und wieder in die Erdatmosphäre gelangen. Diese wirkt ihrerseits als „natürliche Bremse“ und verringert die Geschwindigkeit der Sojus weiter, bis der Fallschirm für eine reibungslose Landung geöffnet werden kann. Von dem Moment an, in dem die Triebwerke aktiviert werden, bis zum Wiedereintritt, befindet sich das Raumschiff in der manuellen Steuerung, wobei die Kosmonauten die erforderlichen Anpassungen vornehmen.

Etwa 30 Minuten vor der Landung, bevor die oberen Schichten der Erdatmosphäre erreicht werden, teilt sich das Raumschiff in drei Teile: Orbitalmodul, Landemodul und Servicemodul.   Das Landemodul steigt dann zur Erde ab, während die beiden anderen Module verglühen. Einige Kosmonauten betrachten den Wiedereintritt als die herausforderndste Phase.

Kosmonaut Alexander Samokutjajew erinnert sich: „Die G-Kraft steigt enorm, es fällt schwer zu atmen oder zu sprechen. Reibung in der Landekapsel führt zum Temperaturanstieg.“ Samokutjajew hat zwei erfolgreiche Raumflüge hinter sich: 2011 und 2014.

Mit dem Fallschirm hinabgleiten 

Beim Wiedereintritt öffnen sich automatisch zwei Fallschirme an der Kapsel – ein länglicher und der Hauptfallschirm. Sie reduzieren die Geschwindigkeit der Sojus auf 20 km/h, um eine sanfte Landung zu gewährleisten. In einer Höhe von rund 5,5 km aktiviert das Raumschiff seinen Schutzschild, um nicht in der Atmosphäre zu verglühen. Anschließend werden die Kraftstoff- und Sauerstofftanks abgeworfen, um die Explosionsgefahr beim Aufsetzen zu verringern.

In einer Höhe von 450 Metern werden die Kosmonauten angewiesen, nicht mehr zu sprechen, um sich nicht versehentlich die Zunge abzubeißen und sich möglicherweise den Kiefer zu brechen.

Alexander Samokutjaew

Zu dem Zeitpunkt, an dem der Boden bereits deutlich zu sehen ist, sind Hubschrauber damit beschäftigt, den Abstieg der Kapsel bis zu ihrer Landung zu überwachen. In einer Höhe von nur 70 cm über dem Boden zünden die Bremsraketen und reduzieren die Geschwindigkeit auf fünf bis sechs Stundenkilometer. 

Bei der Landung löst der Mannschaftskommandant den Fallschirm von der Kapsel, um nicht vom starken Wind erfasst zu werden, der die Sojus wie eine Stoffpuppe hin- und her schleudern könnte. 

Bis dahin sind auch die Hubschrauber mit Bergungsmannschaften am Landeplatz eingetroffen, die den Kosmonauten aus der Landekapsel helfen. Mediziner machen sich sofort daran, die Besatzung zu untersuchen und messen Puls und Blutdruck.  

Aleksandr Lasutkin, der 1997 184 Tage an Bord der Raumstation „Mir“ verbracht hatte, sagte, der unangenehmste Moment für ihn sei der Aufprall auf den Boden gewesen.

„Unser Mechanismus für eine sanfte Landung ist ausgefallen, und wir haben den Boden sehr hart getroffen. Nach der Landung litt ich unter Schwindel. Schon bei der geringsten Kopfbewegung wurde mir übel. Nach ein oder zwei Tagen war es aber schon vorbei“, erinnert er sich. 

Lasutkin sagt, es sei im eigenen Interesse des Kosmonauten, in der ersten Zeit nach der Landung keine allzu heftigen Bewegungen zu machen. „Du solltest keine Schnürsenkel binden, du wirst einfach zusammenbrechen. Im Weltraum verlieren die Knochen Kalzium und werden schwach und zerbrechlich. Wir hatten einen Fall, in dem sich ein Besatzungsmitglied den Finger gebrochen hat, nachdem es sich versehentlich am Schreibtisch gestoßen hat.“  

Alexander Lazutkin nach der Landung, 1997

Die erste Nacht zurück auf der Erde 

In den folgenden Tagen führen die Ärzte weitere Tests durch und berücksichtigen die Ergebnisse bei der Planung künftiger Flüge. Daher ist es absolut verboten, sich schlecht zu ernähren oder Alkohol zu konsumieren, sagt Serkei Krikalew, der bei sechs ISS-Missionen dabei war und insgesamt 80 Tage im Weltraum verbracht hat. 

Die typischen Weltraumgewohnheiten, sich in der Schwerelosigkeit Gegenstände zuzuwerfen, sind schnell vergessen und man passt sich den Gegebenheiten auf der Erde wieder an. Die erste Nacht auf der Erde fühlt sich allerdings seltsam an. 

„In der ersten Nacht, vielleicht sogar zu zweit, fühlst du dich ziemlich seltsam, wenn du deine Arme und Beine im Bett bewegen musst ... das gab es in der Schwerelosigkeit nicht. Aber du schläfst schneller ein als im Weltraum.“ 

Krikalew fügt hinzu, dass selbst längere Missionen an Bord der ISS und das sehr enge Zusammenleben dort, nicht dazu führt, dass die Beziehungen auf der Erde zerbrechen. Freundschaften, die im Weltraum geschlossen werden, halten ein Leben lang.

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