„Dem Bürger Minin und dem Fürsten Poscharski, das dankerfüllte Russland, 1818“. Diese Inschrift steht auf dem berühmten Denkmal für Minin und Poscharski. Die beiden Anführer des Aufstandes von 1612 gründeten die Allrussische Freiwilligenarmee, die Moskau schließlich von den polnischen Besatzern befreite. Wenn man die hier abgebildete Aufnahme aus den frühen 1900er-Jahren aufmerksam betrachtet, bemerkt man, dass das Denkmal nicht an seinem heutigen Platz vor der Basilius-Kathedrale stand. Damals befand es sich noch genau vor dem GUM-Kaufhaus und erst 1931 wurde es in Richtung der Kathedrale verschoben, um mehr Platz für sowjetische Militär- und Sportparaden zu schaffen.
Um die Jahrhundertwende erinnerte der Rote Platz viel weniger an einen Marktplatz, der er früher einst war, und mehr an ein Ort, an dem öffentliche Veranstaltungen abgehalten wurden und der zu Spaziergängen am Nachmittag einlud. Im Jahr 1892 ließen die Behörden eine Straßenbeleuchtung installieren, die auf diesem Bild aus dem frühen 20. Jahrhundert zu sehen ist.
Ebenfalls interessant ist, dass neben den Pferdekutschen auch eine Straßenbahnlinie über den Platz führte. 1909 eröffnet, löste sie natürlich eine große öffentliche Diskussion aus, bis man die Schienen 1930 wieder entfernen ließ.
Auch im Ersten Weltkrieg spielte der Rote Platz eine Rolle: 1914 wurde hier sogar Feuerwehrausrüstung der Öffentlichkeit vorgestellt.
Nach der Oktoberrevolution wurde der Platz zum Ort für öffentliche Feiern. Die erste Veranstaltung dieser Art war der Internationale Arbeitertag 1918. Im darauffolgenden Jahr sah der Rote Platz die erste Militärparade der Roten Armee, während der der Regierungschef des neuen Landes Wladimir Lenin von der Ladefläche eines Lastwagens aus eine Rede hielt.
In den kommenden Jahren wurden Militärparaden zum wichtigsten Teil der Feierlichkeiten zur Oktoberrevolution am 7. November. 1923 wurde die Parade dabei zum ersten Mal aus der Luft gefilmt.
Seit 1945 ist der Rote Platz auch Schauplatz der jährlichen Feierlichkeiten zum Tag des Sieges, der am 9. Mai gefeiert wird. 1990 fand die letzte Siegesparade in der Geschichte der Sowjetunion statt. 1995 wurde die Tradition auch im neuen Russland wieder aufgenommen.
Die Paraden und Feierlichkeiten am 1. Mai (Tag der Arbeit) und 9. Mai (Tag des Sieges) gehören schon seit Jahren zum russischen Ritus. Sowohl in der Sowjetunion als auch im heutigen Russland werden sie live übertragen.
Der Rote Platz und die Kremlmauer wurden zudem zum Ort, an dem sowjetische Oberhäupter bestattet wurden. Abgesehen von Lenin, der hier seit 1924 "ruht", wurden bis zum Jahr 1984 mehr als 400 Leute, darunter auch Militärs und Kosmonauten, auf der Nekropole an der Kremlmauer begraben.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde der Platz ein lebhafterer Ort, an den die Menschen nicht nur zu offiziellen Anlässen kamen. 1994 besuchte die Königin von England, Elisabeth II., das Land und markierte damit den Bruch Russlands mit seiner kommunistischen Vergangenheit: Auf dem Bild ist sie mit dem ersten russischen Präsidenten Boris Jelzin auf dem Roten Platz zu sehen. Viele Konzerte westlicher Musiker fanden hier statt: Paul McCartney trat am 24. Mai 2003 auf. Diese wie auch andere unvergessliche Momente in der Geschichte des Roten Platzes machen Moskaus Hauptplatz zu einem der beliebtesten Orte unter Russen selbst und den Touristen, die jedes Jahr in die Stadt reisen.