Der russische Schriftsteller Wenedikt Jerofejew hat einmal in seinem satirischen Prosagedicht „Die Reise nach Petuschki“ aus dem Jahr 1970 folgendes Getränk beschrieben: „Ich präsentiere Ihnen den Cocktail ‘Mistgebräu‘, ein Getränk, das alle anderen überschattet.“ Es bestand aus 100 Millilitern Bier und ein paar anderen Zutaten wie Shampoo, Antischuppenmittel, dem medizinischen BF-Kleber und Insektiziden.
„Nach nur zwei Kelchgläsern dieses Cocktails war die Person in einem derart beflügelten Zustand, dass es für eine halbe Stunde möglich war, zu ihr zu gehen, eineinhalb Meter von ihr entfernt stehenzubleiben und in ihr fettes Gesicht zu spucken, ohne dass sie etwas dagegen sagt“, schrieb Jerofejew.
In Anbetracht des ironischen Stils des Gedichts bleibt es unklar, ob der Autor selbst jemals einen Tropfen davon probiert hat. Das Rezept an sich ist dem Anschein nach allerdings nicht weit von der Realität entfernt. Seine Zutaten waren den sowjetischen Alkoholikern auf jeden Fall ein Begriff.
Gegenmaßnahmen des Staates
Für gewöhnlich tranken Sowjetbürger nichts dergleichen. Sie griffen zu Bier, kaukasischen oder Krim-Weinen und natürlich zu Wodka. Diejenigen, die Leim oder Eau de Cologne den Vorzug gaben, waren meist Außenseiter, die sich keinen normalen Alkohol leisten konnten.
Die allgemeine Situation rund um Alkoholismus war in der Sowjetunion jedoch dramatisch: Bis zum Jahr 1984 erreichte der Alkoholkonsum laut Doktor Alexander Nemzow, einem Experten für alkoholbedingte Sterberaten, jährlich pro Kopf 14 Liter reinen Alkohols. „Angesichts der Tatsache, dass die meisten Trinker männlich waren, bedeutet dies, dass ein Mann etwa 180 Flaschen Wodka im Jahr oder etwa eine Flasche alle zwei Tage konsumierte.“
Die Behörden schlugen Alarm, als die Sterblichkeitsrate des Landes zunahm. Im Jahr 1985 startete das damalige sowjetische Staatsoberhaupt Michail Gorbatschow eine Anti-Alkohol-Kampagne. Der Staat reduzierte die Produktion, erhöhte die Preise und propagierte überall allgemeine Nüchternheit. Zum Großteil schien die Kampagne zu funktionieren: Die Sterberate sank. Doch ein Alkoholiker findet immer einen Weg, um an Schnaps zu kommen.
Allerlei Gift
Russische Internetnutzer erzählen einander immer noch Geschichten von unsagbaren Substanzen, die die sowjetischen Alkoholiker einst konsumierten. „Sie tranken Brennspiritus, Eau de Cologne, verschiedene Lotionen. Als ob das nicht genug wäre, wurde jeder zu einem Chemieexperten und schaffte es irgendwie aus Autobremsflüssigkeit, dem BF-Kleber, einer Politur, Zahnpulver und anderen Mitteln Alkohol herzustellen“, schrieb Wladimir Bukowskij, ein Dissident, der aus der Sowjetunion in die USA floh, in seinen Memoiren „Wind vor dem Eisgang“.
Rein technisch war die Alkoholherstellung aus solchen Substanzen schwierig. Beispielsweise wurde bei dem Versuch, den Alkohol aus Bremsflüssigkeit herauszuziehen, diese einfach eingefroren. Im Winter nahmen sich die Hersteller einen hohlen Metallpfosten, ließen ihn für eine Nacht in der Kälte und gossen dann die Bremsflüssigkeit hinein - im Glauben, dass alle Zusatzstoffe am Inneren des Metallpfostens festfrieren und nur noch der Alkohol übrig bleiben würde. Ein exaktes wissenschaftliches Vorgehen war das freilich nicht.
Wenn sie mit dem BF-Kleber hantiert haben, mussten die „Chemieexperten“ die Alkoholflüssigkeit von der klebenden Substanz, dem Harz, trennen. Dazu gossen sie den BF-Kleber, der im Volksmund auch als „Boris Fjodorowitsch“ bekannt war, in eine Schüssel, steckten einen Bohrer mit einem Holzstab hinein und schalteten diesen Mechanismus langsam ein. Die Idee dahinter war, dass das dichtere Harz am Holzstab kleben bleiben und die Alkoholflüssikeit in der Schüssel zurückbleiben würde. Lecker!
Unausweichliche Folgen
Es ist keine Überraschung, dass diese Schnapsnasen ernsthaft ihre Gesundheit gefährdeten. Eine Teil- oder völlige Erblindung, die durch das Trinken von industriell gereinigtem Alkohol verursacht wurde, war zu der Zeit nicht ungewöhnlich, ganz zu schweigen von Krankheiten wie Pankreatitis. Denken Sie also daran, es geht immer um das richtige Maß. Vor allem beim Trinken.