Sieben ganz persönliche Eindrücke ausländischer Berühmtheiten von Sowjet-Moskau

TASS
Champagner vom Fass, ungeschminkte Frauen und Märsche durch die Straßen: das und noch viel mehr hat einige bekannte ausländische Besucher des sowjetischen Moskau beeindruckt und überrascht.

Zu Sowjetzeiten bekamen nur wenige Ausländer das wahre Moskau zu sehen. Das tatsächliche alltägliche Leben der Moskowiter blieb den Gästen verborgen, die nur an die Vorzeigeplätze geführt wurden, in den besten Hotels wohnten, die gewöhnliche Sowjetbürger gar nicht betreten durften, und die natürlich die ganze Zeit unter heimlicher Aufsicht und Beobachtung standen.

Einige haben es nie geschafft, hinter diese sorgsam aufgebauten Kulissen sozialistischer Propaganda zu schauen. Wem dies gelungen war, der hat nie vergessen, was er zu sehen bekam. Lesen Sie hier, was Berühmtheiten nach ihrem Besuch in der Sowjethauptstadt geschrieben haben. 

1. „Alles wird direkt auf der Straße verkauft, auch wenn es 25 °C unter Null ist!“ - Walter Benjamin

Der deutsche Philosoph verbrachte von Dezember 1926 bis Januar 1927 einige Monate als Tourist in Moskau. Was ihn am meisten überraschte, war der Straßenhandel im Winter. „Alles - Schuhcreme, illustrierte Bücher, Schreibwaren, Gebäck, sogar Handtücher - wird direkt auf der Straße verkauft, als wäre es kein Winter in Moskau mit Temperaturen von 25 °C unter Null, sondern ein heißer neapolitanischer Sommer."

2. „Es ist völlig geschmacklos“ - Pamela Travers

Die Schöpferin von Mary Poppins besuchte Moskau in den 1930er Jahren als Teil einer Reisegruppe. Und hat eine Sehenswürdigkeit der Stadt überhaupt nicht verstanden. „Wer war dieser Basilius, der Narr im Namen des Herrn? Eine zu seinen Ehren errichtete Kathedrale thront über dem Roten Platz. Ich kann es nicht einmal als Beispiel für schlechten Geschmack bezeichnen, meiner Meinung nach ist es ein Beispiel für überhaupt keinen Geschmack! Es ist ein verschachtelter architektonischer Albtraum!“  

3. „Schwarzer Kamerad – nehmen Sie meinen Platz“ - Langston Hughes

Der Vater der Jazzpoesie kam Anfang der 1930er Jahre nach Moskau. Er war eingeladen worden, einen Film zu drehen. Hughes freute sich über die Einladung, und seine Freude ließ bei der Ankunft nicht nach.

Im Gegensatz zu Pamela Travers sah (eng) er die Sowjetbürger ganz anders: „Die Leute waren sehr um Höflichkeit bemüht. In einem überfüllten Bus würden neun von zehn Russen sagen: ‚Negotschanski towarischtsch [schwarzer Kamerad], nehmen Sie meinen Platz!‘“ 

4. „Die Frauen haben sehr wenig oder gar kein Make-up verwendet.“ - John Steinbeck und Robert Capa

Der amerikanische Nobelpreisträger John Steinbeck kam in Begleitung von Robert Capa, einem renommierten Fotojournalisten, nach Moskau. Ihr Ziel war es, über das Leben in der Sowjetunion zu berichten.

1947 schrieben sie: „Die Frauen verwendeten sehr wenig oder gar kein Make-up und die Kleidung war praktisch, aber nicht sehr schick. Eine große Anzahl der Männer auf den Straßen war in Uniform, aber sie waren nicht in der Armee. Sie wurden demobilisiert und ihre Uniformen waren die einzigen Kleider, die sie hatten. Die Uniformen waren ohne Abzeichen und ohne Schulterklappen.“

5. „Moskau - das größte Dorf der Welt“ - Gabriel Garcia Marquez

Als aufstrebender Journalist kam der lateinamerikanische Schriftsteller 1957 zu den Weltfestspielen der Jugend und der Studenten. Er hatte sich als Mitglied einer Folkloregruppe ausgegeben.  „Moskau, das größte Dorf der Welt, liegt außerhalb der normalen menschlichen Proportionen. Ohne Grün wird man erschöpft und erdrückt“, schrieb er später. 

„Hier gibt es keine gewöhnlichen Straßen. Es gibt ein System von Alleen, die im geografischen, politischen und sentimentalen Zentrum der Stadt zusammenlaufen – auf dem Roten Platz.“ 

Er bemerkte auch, dass Moskau eine klassenlose Gesellschaft sei: „Die Aufhebung der Klassen ist eine beeindruckende Realität. Alle sind gleich. Jeder trägt alte und schlecht sitzende Kleidung und abgetragene Schuhe.“

6. „Champagner wird vom Fass verkauft und an der Theke getrunken“ - Mihajlo Mihajlov

Der jugoslawische Gelehrte und Essayist verbrachte im Sommer 1964 fünf Wochen in Moskau und wurde im folgenden Jahr von Titos Regierung wegen „Verleumdung einer befreundeten Macht“, nämlich der UdSSR, verhaftet.

„Die U-Bahn ist nach Lenin benannt, die Hauptbibliothek ist nach Lenin benannt, und sogar der Moskauer Zirkus schmückt sich mit einem Lenin-Orden! Es ist überraschend, dass es bei den Leuten nicht so ankommt, dass das, was zu oft wiederholt wird, jede Bedeutung verliert…“, schrieb er.

Mihajlov besuchte die „freundschaftliche Macht“ nicht zu ihrer schlimmsten Zeit, sondern in der Tauwetterperiode und das war auf Schritt und Tritt zu spüren.

„Die U-Bahn ist unbeschreiblich. Züge kommen jede Minute oder zumindest alle anderthalb Minuten und funktionieren reibungslos. An jeder Ecke gibt es einen Informationsschalter. Für zwei Kopeken können Sie herausfinden, welcher Bus, Oberleitungsbus oder welche U-Bahn-Linie Sie zu Ihrem gewünschten Ziel bringen kann. Champagner wird vom Fass verkauft und an der Theke getrunken. “

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7. „Alle Parteimitglieder marschieren auf der Straße“ - David Bowie

Die britische Glam-Rock-Legende traf am 30. April 1973 am Vorabend eines großen Feiertags, dem 1. Mai, in Moskau ein. Für ihn präsentierte sich Moskau im Festkleid: „Wir haben diese Nacht im Intourist Hotel verbracht und am nächsten Tag hatten wir das Glück, die beeindruckende Parade zum Maifeiertag in den Straßen der Stadt zu sehen.“

„Alle Parteimitglieder marschieren mit roten Fahnen auf den Straßen und singen patriotische Lieder - es ist wirklich eine Schau! Es ist sehr beeindruckend zu sehen, wie viele Menschen gemeinsam marschieren, in Harmonie und mit einem Ziel“, schrieb er an seinen PR-Manager Cherry Vanilla.

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